Gestern noch hat er über seinen Aufstieg gejubelt. Heute würde sich der 34-Jährige Produktmanager am liebsten verkriechen. Vor Aufregung kann er kaum noch schlafen: Plötzlich soll er Sitzungen leiten, muss er Reden halten und Workshops moderieren. Er hat Lampenfieber, die Angst zu versagen, blockiert ihn.
Andere Führungskräfte haben andere Probleme – besser geht es ihnen dabei nicht: Da ist die Jung-Managerin, die sich von einem Headhunter in die neue Firma hat lotsen lassen und die nach nur drei Monaten fast schon wieder 'rausgemobbt' ist. Da ist der Vertriebs-Profi, der als Vielflieger nicht den Mut hat, seine Flugangst zu thematisieren – und vor jeder Geschäftsreise zu Beruhigungstabletten greift. Oder der abgeschobene 55-Jährige, der seit Ewigkeiten auf ein und derselben Position verharrt – und seine Zukunftsangst immer öfter mit Whiskey betäubt. Die allein erziehende Abteilungsleiterin erleidet regelmäßig einen inneren Zusammenbruch, wenn Konferenzen nach 17 Uhr anberaumt werden – die Tagesstätte für die Tochter schließt um 18 Uhr. Und dem Generaldirektor raubt die Sorge um seine alte Mutter jegliche Energie: Sie müsste ins Heim – doch wer soll ihr das sagen?
All das gehört zum Repertoire ganz alltäglicher Sorgen und Nöte, die in beinahe jeder Firma an der Tagesordnung sind. Und die die Unternehmen Geld kosten – jedenfalls, wenn sie über Wochen, Monate, sogar Jahre schwelen und ungelöst bleiben, bis sie womöglich zur gesundheitsbedrohenden Krise werden.
Stress-Phänomene wie Burn-out, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Bluthochdruck oder Depressionen sind in der Medizin längst als klassische 'Manager-Krankheiten' bekannt. In den vergangenen Jahren hat sich der Stress-Virus sogar noch weiter ausgebreitet, so die Beobachtung von Dr. Ludger Ciré vom Institut für Arbeits- und Sozialhygiene (IAS) mit Hauptsitz in Karlsruhe: 'Immer weniger Personen müssen immer mehr leisten, die Anforderungen an die private, organisatorische und geographische Mobilität steigen', lautet die Einschätzung des Facharztes für Inneres und Arbeitsmedizin…
Extras:
- Info-Kasten: Wann sollte ein Unternehmen externe Hilfe holen?
- Checkliste: Passt das Beraterteam zum Unternehmen?
- Übersicht: Fünf Kontaktdressen für die psychologische Notfallhilfe.