Offenheit lernen

Working Out Loud @ DeutschePost/DHL

Während manche Mauern bauen, Offenheit für naiv halten und Transparenz durch alternative Fakten ad absurdum führen, setzt eine kleine Bewegung, die für das komplette Gegenteil steht, zu einem transatlantischen Siegeszug an: Working Out Loud (WOL). Der Ansatz (ausführlich vorgestellt in managerSeminare 214), der für das Teilen von Wissen und freigiebige gegenseitige Unterstützung steht, findet derzeit bei immer mehr internationalen Konzernen begeisterte Anhänger und interessierte Verantwortliche.

Ein Beitrag von Sylvia Lipkowski

Zum Beispiel bei der Deutschen Post DHL: Dort hatte man am 30. Januar 2017 den WOL-Pionier Die Grundidee des "lauthals Losarbeitens" (so eine mögliche wörtliche Übersetzung von Working Out Loud) ist, dass Mitarbeiter – vorzugsweise über soziale Medien – gezielt Beziehungsnetzwerke aufbauen, in denen sie den Austausch mit Kollegen pflegen, um ihre aktuellen Projekte weiterzuentwickeln. So lernen sie transparenter, kollaborativer und damit effizienter zu arbeiten. In Unternehmen unterstützt die Methode dadurch den abteilungsübergreifende Wissensaustausch und stärkt die Zusammenarbeit.

„Working out loud und die Digitalisierung passen wirklich gut zusammen“, meint Gastgeber Norbert Schäfer, der bei DHL aktuell mitverantwortlich ist für die interne Einführung einer neuen Digital Workplace Plattform. Denn, so erläutert der Team Lead Media Management und Change Communication bei der Deutsche Post DHL: „Working out loud kann den Mitarbeitern die notwendigen Verhaltensänderungen erleichtern und so nach und nach den Kulturwandel ermöglichen, den wir brauchen.“ Konkret könnte WOL zum Beispiel dazu beitragen, dass sich mehr Mitarbeiter auf die Nutzung der internen Unternehmensnetzwerke einlassen.

Schäfer ist mit dieser Hoffnung nicht allein, wie John Stepper, der Working out loud neben seiner Tätigkeit für die Deutsche Bank New York ursprünglich als eine Art Selbstcoaching-Community gegründet hat, bestätigt. Neben der Bosch-Gruppe, die WOL schon lange intern fürs Community Management nutzt, setzten mittlerweile auch Firmen wie Continental, Cisco, Telekom, Siemens und Organisationen wie die Weltbank und die staatliche australische Steuerbehörde auf den Ansatz, berichtet er. „Die meisten Unternehmen kommen mit dem Wunsch, die interne Vernetzung in der Organisation zu stärken“, erklärt der ehemalige Community-Manager, der heute als selbständiger Berater tätig ist.

Wenn dieser Wunsch geäußert wird, wird Working out Loud allerdings meist schon eine ganze Weile im Unternehmen praktiziert, hat Stepper festgestellt. Typischerweise verläuft die „Evolution“ der Methode – wie auch die in Bonn anwesenden Praktiker bestätigten – nämlich in sechs Schritten: 1. Einzelne Mitarbeiter machen erste Experimente mit der Methode 2. Die organische Verbreitung beginnt: Über die zunehmende Vernetzung der Pioniere lernen mehr Kollegen Working out loud kennen und interessieren sich dafür. 3. Offizielle Unterstützung: Nun werden Verantwortliche im Unternehmen aufmerksam und fragen nach, was die Arbeitsweise bringt und wie sich die Mitarbeiter damit fühlen. Eine Veranstaltung zum Thema wird anberaumt, ein erstes Budget wird freigemacht, vielleicht ein Berater angesprochen. 4. Individualisierung: Hier werden die von Stepper entwickelten Leitfäden und Prozessabläufe dem Unternehmen mit seinen speziellen Zielen, Prozessen und Tools angepasst. Bei der Daimler AG beispielsweise wird WOL derzeit in den existierenden Onboarding-Prozess integriert, um neue Mitarbeiter schneller ins Unternehmen einzubinden und so schneller leistungsfähig zu machen. 5. Größeneffekt: Erst jetzt kann sich die Methode im Unternehmen großflächig verbreiten und zum allgemeinen Lern-Vehikel werden.

Damit kann WOL tatsächlich zur Alternative für herkömmliche Kulturwandel-Programme werden, waren sich die anwesenden WOL-Fans einig. „Es wird nichts von oben verordnet, die Methode ist im Gegenteil selbstorganisiert und wird von jedem einzelnen Mitarbeiter persönlich individualisiert“, schwärmt ein Teilnehmer. Denn um die neue Arbeitsweise zu erlernen, setzt sich jeder sein eigenes Ziel und verfolgt dieses, indem er sich vernetzt und tragfähige, bereichernde Beziehungen aufbaut (siehe auch unser Tutorial). Nach dem 12-Wochen-Programm hat er dann nicht nur ganz praktisch ein neues Verhalten trainiert, sondern auch einen persönlich relevanten Erfolg errungen. „Working out loud spricht Hand, Herz und Hirn an“, formuliert Stepper das Erfolgsgeheimnis seiner Methode.

Davon ist auch Sabine Kluge überzeugt, die in Bonn von ihren ganz persönlichen Erfahrung mit Working out loud berichtet. Die Global Program Managerin für Learning and Development bei der Siemens AG hat erlebt, wie sich durch das 12-wöchige WOL-Programm die Sinne schärfen für ein neues Miteinander – und wie sich als Folge davon das soziale Netzwerkverhalten dramatisch verbessern kann. „Für mich ist WOL eine Art Teilchenbeschleuniger für das Enterprise Social Network“, so die HR-Verantwortliche. Und damit ein wichtiger Baustein für den Aufbau entscheidender Kompetenzen für die Digitale Transformation. Denn, so der Konsens unter den Netzwerkern in Bonn: Wer in Zukunft Erfolg haben will, muss lernen, vernetzt zu denken, Silos aufbrechen und sein Wissen teilen, um das eigene zu vermehren. Abschotten gilt nicht mehr.

01.02.2017
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