Mehr als die Summe der Teile

Das Phänomen kennen viele Unternehmen: Sie brauchen frischen Wind und stellen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Alles Topkräfte, die innovativen Unternehmen abgeworben wurden. Doch statt Freude über den Kompetenzzuwachs stellt sich Ernüchterung ein: Der erhoffte Innovationsschub bleibt aus. Die Ideen der Neuen werden nicht umgesetzt, die Art des Arbeitens ändert sich auch nicht. Was ist da passiert?

Ein Beitrag von Nicole Bußmann

In der Regel hat man sich nicht bei der Einstellung der neuen Kollegen geirrt, sondern vielmehr die Rechnung ohne die Organisation gemacht. Davon ist Philipp Simanek, Autor des diesmaligen Titelthemas von managerSeminare, überzeugt. Die Erklärung des Organisationsberaters: Die Leistungsfähigkeit einer Organisation ist nicht die Summe der Leistungsfähigkeiten ihrer Mitglieder. Auch ein Kollektiv intelligenter Menschen kann letztlich dumm sein. Die Mitarbeitenden können vielversprechende Ideen haben, das allein ist aber kein Garant für Innovation. Der Unterschied zwischen Idee und Innovation ist schließlich die Organisation. Wenn engagierte, fähige Menschen zusammenarbeiten, aber die Ergebnisse eines Unternehmens dennoch regelmäßig enttäuschen, liegt nach Meinung von Simanek höchstwahrscheinlich ein Fall von organisationaler Dummheit vor.

Soziale Systeme – Organisationen – nämlich entwickeln ein Eigenleben, und wenn dieses in die Jahre kommt, kann dem System dasselbe passieren, was auch manch alterndem Menschen nicht erspart bleibt: Es verkalkt gewissermaßen. Seine Lebensadern werden starr und unbeweglich, es verschließt sich Neuem, lernt nichts mehr hinzu, schmort im eigenen Saft. Gleichzeitig ist sich so ein System der eigenen Beschränktheit nicht bewusst. Das macht die Sache schwierig, aber nicht hoffnungslos. Denn gegen organisationale Dummheit ist ein Kraut gewachsen. Simanek verrät in der Titelgeschichte seinen Therapieplan.

Das Gleiche, was für die Intelligenz der Organisation gilt, gilt auch für deren Kreativität. Auch die ist nicht die Summe der individuellen kreativen Talente der Mitarbeitenden. Tatsächlich sind diese für organisationale Kreativität nicht einmal der wichtigste Faktor, wie die Forschung gezeigt hat. Viel wichtiger sind kreativitätsfördernde Prozessstrukturen, solche, wie sie etwa die Methode des Design Thinking vorgibt. Wie sich Kreativitätsstrukturen installieren und etablieren lassen, schildern die Innovationsexpertinnen Charlotte Malycha und Louisa Kürten in ihrem „Kreativen Manifest“.

Viel Erkenntnisgewinn wünsche ich bei der Lektüre. Es ist zwar schon die Januarausgabe, trotzdem aber die letzte für dieses herausfordernde Jahr. Wir danken allen Leserinnen und Lesern für ihre Treue. Journalistisch betrachtet war es für uns ein dankbares Jahr, da es viele neue Themen auf die Agenda gespült hat. Wir haben sie gerne für Sie aufbereitet und wünschen Ihnen nun frohe Weihnachten ebenso wie einen guten Rutsch ins Jahr 2021. Und nicht zu vergessen: Bleiben Sie gesund!

18.12.2020
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