Hierarchien sind out. Zumindest lässt sich der Eindruck gewinnen, wenn man Unternehmen bei ihren Agilisierungsbemühungen beobachtet. Die formale Hackordnung wird dabei immer wieder in Frage gestellt, weil sie angeblich Innovation verlangsamt, Mitarbeiter demotiviert und Führungspositionen nach den falschen Kriterien besetzt. Doch was wäre die Lösung: eine machtfreie Organisation, in der alle Mitarbeiter gleichgestellt sind und vollkommen selbstbestimmt arbeiten? So einfach ist es – leider – nicht.
Auch die Sozialromantiker unter den Unternehmern und Organisationsentwicklern müssen sich eingestehen:
Formale Hierarchien sind nicht hip, aber oftmals nützlich. Etwa wenn es darum geht, schnell Entscheidungen herbeizuführen, Konflikte zu befrieden und Rollenklarheit zu schaffen. Sie abzuschaffen, birgt Risiken. Selbst wenn es gelingt, machen andere Faktoren den Unterschied: Expertenwissen etwa, Charisma oder gute Beziehungen. Hierarchie ist so gesehen unausweichlich, wenn die formale verschwindet, tritt eine informelle an ihre Stelle.
Informelle Hierarchien aber wollen richtig gestaltet werden. Agile Organisationskonzepte versuchen genau das – in der Hoffnung, damit mehr Dinge in Bewegung zu setzen, die Eigenmotivation der Mitarbeiter besser zu nutzen und jeweils diejenigen in Führung zu bringen, denen andere auch folgen wollen.
Dummerweise sind informelle Hierarchien ein zweischneidiges Schwert und können alle Bemühungen um eine bessere Arbeitsorganisation zunichte machen. Wie Unternehmen die Vorteile informeller Hierarchien nutzen und ihre Nachteile vermeiden können, zeigt der
Titelbeitrag der aktuellen Ausgabe von managerSeminare.
Ein Unternehmen, das auszog, agiler zu werden, ist das Weiterbildungs- und Beratungsunternehmen ibo. Vor drei Jahren begann das Wettenberger Unternehmen damit, sich neu aufzustellen – und scheiterte zunächst. Nach zwei Jahren des Experimentierens erwies sich der gewählte Ansatz Scrum als ungeeignet, um die Prozesse bei ibo optimal zu untersützen. Inzwischen setzen die Berater auf Holacracy und sind damit erfolgreich – auch weil sie durch das gescheiterte Scrum-Experiment viel über sich und ihre Art zu arbeiten gelernt haben. Merke:
Agilisierung gibt es nicht von der Stange. Die richtige Organisationsform muss gesucht, erprobt und angepasst – und notfalls auch wieder abgeschafft – werden. Über die Erfahrungen von ibo lesen Sie in unserem Beitrag „Gescheitert ans Ziel“
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20.10.2017