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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Tatjana Reichhart, Claudia Pusch aus managerSeminare 316, Juli 2024
Halb in der Hand: Inwieweit wir unsere Resilienz trainieren können
Vergessene Bedürfnisse: Wie die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse und Resilienz zusammenhängen
Vierfach ansetzen: Wie wir den Resilienz-Faktor Selbstregulationsfähigkeit stärken können
Sinnvolle Basis: Wie Sinnempfinden und klare Werte unsere Resilienz fördern
Stärkendes Spotlight: Warum es wichtig ist, das Positive bewusst in den Blick zu nehmen
Intensivieren oder reduzieren: Wie wir unser soziales Umfeld so gestalten, dass es uns (mehr) psychische Kraft gibt
Stärkende Rückblicke: Wie sich die eigene Selbstwirksamkeitserwartung fördern lässt
Stärkende Ausblicke: Wie wir Lösungs- und Zukunftsorientierung trainieren können
Wir leben in einer Zeit voller Herausforderungen und Krisen. Gleichzeitig lösen sich verbindliche Werte und Normen, die Orientierung und Sicherheit vermitteln, immer mehr auf. Der Mensch ist mehr denn je auf sich allein gestellt, was zunehmend zu Überforderung und nicht selten zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führt. Laut aktueller Studien haben psychische Erkrankungen in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland um sieben Prozentpunkte zugenommen. Noch deutlich drastischer ist die Rate der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychiatrischen Diagnosen gestiegen: Im Zeitraum 2012 bis 2022 um 48 Prozent, wie die Daten der gesetzlichen Krankenversicherer zeigen. Den Hauptteil der Fälle machen Belastungsstörungen wie chronische Überforderung oder Erschöpfungssyndrome bis hin zum Burnout aus. An zweiter Stelle stehen Angststörungen und Depression.
Eine zentrale Frage unserer Zeit lautet also: Wie können wir es schaffen, trotz zunehmend widriger Umstände (psychisch) gesund zu bleiben und ein gelingendes Leben zu führen? Die unserer Überzeugung nach beste Antwort in Kurzform: Indem wir unsere Resilienz stärken, also unsere psychische Widerstandskraft. Medizinisch und psychologisch ist Resilienz vereinfacht ausgedrückt definiert als die Fähigkeit, erstens so mit Stressoren und Krisen umzugehen, dass sie sich nicht oder weniger stark auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden auswirken. Zweitens unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden bei Beeinträchtigungen (schnell) wiederherzustellen. Und drittens, aus der Bewältigung von persönlichen Krisen für uns funktionierende Strategien und Kompetenzen abzuleiten, um künftige Krisen und Herausforderungen (noch) besser bewältigen zu können. Also, aus bewältigten Krisen für die Zukunft zu lernen.
Zu ungefähr 50 Prozent wird unsere Resilienz von Faktoren bestimmt, auf die wir keinen Einfluss haben – allen voran von unserer Genetik und unserer frühkindlichen Prägung. Die mutmachende Nachricht: Die anderen rund 50 Prozent lassen sich gut trainieren und aktiv ausbauen. Eine bewiesenermaßen effektive Möglichkeit dazu bietet Coaching. In sogenannten Resilienz-Coachings geht es dabei nicht nur um die direkte Stärkung unserer psychischen Widerstandskraft, sondern auch und vor allem um die Erarbeitung von Verhaltensweisen und Lebensbedingungen, die auf unsere Resilienz einzahlen und sie so mittelbar stärken (siehe dazu Kasten „Resilienzförderliches Verhalten“).
Resilienzförderliches Verhalten, wie es auch in Resilienz-Coachings erarbeitet wird, bedeutet, vereinfacht gesagt, dass wir selbstverantwortlich und selbstfürsorglich darauf achten, unsere Ressourcen und Stressoren auszugleichen. Indem wir …
… kluge Entscheidungen im Leben treffen, die Stress, Widrigkeiten und Krisen möglichst im Vorhinein reduzieren.
… uns in Flexibilität und Agilität üben und passende, angemessene Strategien wählen, um energieschonend die jeweiligen Herausforderungen zu bewältigen. Dazu gilt es, gewohnte Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen und neue Optionen aufzubauen.
… uns und andere nicht nur als Individuen betrachten, sondern begreifen, dass wir in einen kulturellen und sozialen Kontext sowie in Systemen (Familie, Arbeitsplatz, Wohnort und -form, Gesellschaft, Umwelt etc.) eingebettet sind, die förderlich oder schädlich sein können.
… lernen, im Bereich der Möglichkeiten selbstverantwortlich stärkende und schützende Umstände und Verhältnisse (Systeme) zu suchen und zu etablieren bzw. schädigende zu verändern oder zu verlassen. Wir können uns als Menschen nämlich nur dann entfalten und langfristig gesund bleiben, wenn wir uns als stimmig empfinden, sozusagen im „richtigen“ Leben leben. So wie der Pinguin erst im Wasser seine volle Kompetenz entfalten kann, so wie der Vogel fliegen muss, um sich weiterzubewegen, so muss jeder Mensch entsprechend seiner Interessen, Talente und Werte das passende Umfeld finden, in dem er aufblühen kann.
Gleichsam haben wir alle die Möglichkeit, in Eigenregie an unserer Resilienz zu arbeiten – sozusagen im Rahmen von Selbstcoaching. Einen zentralen Ansatzpunkt dafür bilden unsere Ressourcen, also das, woraus wir Kraft ziehen. Fragt man Menschen nach ihren Kraftquellen, nennen die meisten Hobbys, Freunde treffen, Familie, Kochen, gutes Essen, kulturelle Erlebnisse, Urlaube und Ähnliches. Also vor allem Dinge, die auf die psychologischen Grundbedürfnisse der sozialen Verbundenheit oder auch des Lustgewinns einzahlen. Seltener genannt werden eigene Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen, die uns Befriedigung hinsichtlich des Grundbedürfnisses der „Anerkennung“ ermöglichen. Dabei sind sie für unsere Resilienz oft ebenso wichtig. Und fast immer vergessen in der Aufzählung werden jene Dinge, die unsere physiologischen Grundbedürfnisse befriedigen wie ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung oder Bewegung. Zu wenig Schlaf lässt uns beispielsweise dünnhäutiger oder gereizter werden; keine guten Voraussetzungen für Stressresistenz und Resilienz.
Es geht also erst einmal gar nicht um „besondere“ Ressourcen, die wir für unsere psychische Widerstandskraft benötigen, sondern um ganz basale, eben solche, die der Befriedigung unserer (Grund-)Bedürfnisse dienen. Wie stark eine Ressource beziehungsweise Kraftquelle ist, lässt sich über ihren Grenznutzen einschätzen. Konkret: Je besser die Kraftquelle, desto weniger und später erschöpft sie sich. Der Grenznutzen von sozialen Beziehungen etwa liegt sehr hoch, die Gefühle von Zugehörigkeit und Anerkennung können uns immer wieder aufs Neue Kraft geben. Während hingegen der Genuss von Alkohol oder das Surfen im Internet uns zwar kurzfristig Lust bereiten und mithin auch etwas zur Entspannung beitragen können. Allerdings verkehrt sich die Wirkung von beidem dann aber recht schnell ins Gegenteil – körperliche und psychische Unlust stellen sich ein, und auf längere Sicht wird unsere psychische Widerstandskraft gesenkt.
So (vermeintlich) offensichtlich der Zusammenhang zwischen der Berücksichtigung und Befriedigung unserer Bedürfnisse auf der einen Seite und unserer Resilienz auf der anderen Seite auch ist, so wichtig ist es unserer Meinung nach, diesen immer wieder hervorzuheben und ins Bewusstsein zu rufen. Denn tatsächlich haben viele Menschen den Zugang zu ihren Bedürfnissen verloren, weil sie sich zum Beispiel vor allem um die Befriedigung der Bedürfnisse anderer kümmern und ihre eigenen hintenanstellen. Oder weil sie einen Lebensstil entgegen ihrer inneren Uhr führen und daher nicht in einen gesunden Rhythmus von Aktivität und Erholung kommen. Körper und Geist laufen dann sozusagen neben der Spur, sodass körperliche und psychische Bedürfnisse immer weniger gespürt werden. Menschen beschreiben diesen Zustand oft als das Gefühl, fremdbestimmt zu werden oder nicht in der eigenen Mitte zu sein.
Um unsere – mit unseren Bedürfnissen eng verknüpften – unterschiedlichen Kraftquellen im Blick zu halten und sie dadurch gleichsam weiter aufzuladen, ist es beispielsweise hilfreich, ein Ressourcentagebuch zu führen, in dem wir jeden Abend eintragen, was uns heute Kraft gegeben hat. Auch mit einer Ressourcenliste lässt sich unser „Ressourcenfokus“ und damit unsere psychische Widerstandskraft stärken. In dieser werden all jene Dinge festgehalten, die Freude machen und Energie geben, ergänzt durch die eigenen Fähigkeiten und Talente sowie Stärken. Einfache Fragen, die beim Anlegen der Liste Inspiration liefern können:
Neben den „allgemeinen“ Kraftquellen werden in der Wissenschaft sogenannte Resilienz-Faktoren erforscht, die positive Effekte auf die seelische Widerstandskraft haben, und weitere Ansatzpunkte zur Stärkung der Resilienz in Eigenregie bieten. Sechs Resilienz-Faktoren haben sich im Rahmen von Metaanlaysen respektive systematischen Übersichtsarbeiten als besonders evident erwiesen.
In dem von uns entwickelten dynamischem Modell der Selbstregulation (siehe Grafik) haben wir dargestellt, dass unser Denken, unsere Gefühle, unser Verhalten – also unsere Handlungen – und unser Körperverhalten wie in einer Raute zusammenstehen, sich gegenseitig beeinflussen und sich unbewusst synchronisieren. Diese Wechselwirkungen können bewusst zur Regulation von unangenehmen Gefühlen oder stressigen Situationen genutzt werden. Ein Training in Achtsamkeit kann dafür die Basis bilden, weil es uns erleichtert oder eventuell überhaupt erst ermöglicht, mitzubekommen, was wir gerade fühlen, wie wir uns verhalten, oder was wir gerade denken beziehungsweise was in unserem Körper los ist.
An jeder Ecke der Raute kann angesetzt und Einfluss genommen werden. Um das Denken zu regulieren, können Gedanken bewusst auf Positives gelenkt werden. Um das Körperverhalten bzw. die Physiologie anzusteuern, können eine starke, kräftige Körperhaltung (Power Posing), Bauchatmung und Muskelentspannung trainiert werden. Und um an der „Ecke“ des Verhaltens (Tun, Handeln) anzusetzen, kann es helfen, für ganz konkrete Situationen alternative Verhaltensweisen zu etablieren und diese mit einem Transferplan zu verankern. Zum Beispiel: Wenn ich wieder in die und die Stresssituation komme, lenke ich mich mit angenehmen Tätigkeiten ab, treffe Freunde oder treibe Sport. Die Gefühle regulieren sich dann automatisch über den Umweg der Regulation unserer Gedanken, unseres Verhaltens und unseres Körperverhaltens.
Optimismus ist ein Glücksfaktor, der zu einem langen und zufriedenen Leben beiträgt – auch deshalb, weil er unsere Resilienz stärkt. Viele Studien unterstreichen die Wirksamkeit einer zuversichtlichen Lebenshaltung auf unsere psychische Widerstandskraft. Das Gute ist: Man kann lernen, das Glas halb voll, statt halb leer zu sehen. Vier evidenzbasierte Übungen.
Wenn wir uns über unseren Sinn und unsere Werte klar sind, müssen wir uns nicht ständig neu entscheiden, wie wir uns ausrichten wollen. Das spart Energie, gibt uns Halt, Perspektive und innere Stärke. Dieses im wahrsten Sinne der Wörter sinn- und wertvolle Navigationssystem können wir mit Warum- und Wozu-Fragen an uns selbst stärken. Die beiden grundlegendsten: „Warum/wozu lebe ich?“ (Sinn). Und: „Wie will ich leben?“ (Werte).
Dass Optimismus und Zuversicht stark auf Resilienz einzahlen, ist wenig überraschend. Allerdings macht es uns unsere menschliche Natur oft schwer, beides zu bewahren beziehungsweise zu entwickeln. Das hängt vor allem mit dem sogenannten Negativitäts-Bias zusammen. Dieser beschreibt zum einen die menschliche Tendenz, Negatives eher wahrzunehmen und besser in Erinnerung zu behalten als Positives. Zum anderen das Phänomen, dass uns Negatives stärker beeinflusst als Positives. Studien aus der positiven Psychologie geben eine Drei-zu-eins- oder sogar Fünf-zu-eins-Ratio an: Für jedes negative Gefühl, für jede negative Nachricht, für jedes böse Wort benötigen wir drei bis fünf positive, um wieder in eine gute, ausgeglichene Grundstimmung zu kommen. Dieser Doppeleffekt ist für Optimismus und Zuversicht naturgemäß Gift: Denn in negativer Grundstimmung malen wir gerne schwarz – und zwar umso mehr, umso mehr negative Erfahrungen uns im Geiste präsent sind.
Dem Negativitäts-Bias lässt sich etwa mittels eines „Positivitäts-Fokus“ entgegenwirken. Dazu wird in Krisen oder bei Problemen das Spotlight auf die andere Seite der Medaille gerichtet, auf das „Gleichzeitig“, das was „auch noch da“ und eben nicht negativ ist. Das bedeutet nicht, Schwierigkeiten zu negieren. Vielmehr werden die Dinge ganzheitlicher betrachtet. Konkrete Fragen, die dabei helfen:
Auch an „normalen“ nicht krisenhaften Tagen ist es ratsam, gegenüber unseres Negativitäts-Bias aufmerksam zu sein und ihn gegebenenfalls auszubremsen. Beispielsweise indem wir ein mentales Stoppschild setzen, wenn wir uns dabei ertappen, in Gedanken oder Worten vor allem das Negative zu beleuchten, und bewusst „umzufokussieren“ und umzuformulieren. Von „Der ganze Tag war Mist, ich habe meine To-do-Liste nicht abgearbeitet“ könnten wir kommen zu: „Einiges ist mir heute gelungen. Ich habe soundso viele Mails beantwortet und eine wichtige Aufgabe abgeschlossen.“ Die „Umfokussierung“ ist in diesem Fall auch deshalb sinnvoll, weil wir das, was wir nicht geschafft haben, ohnehin im Gedächtnis behalten. Unsere „kleinen Erfolge“ müssen wir dagegen aktiv erinnen, damit sie nicht sofort im mentalen Nirvana verschwinden (für weitere Übungen zur Stärkung von Optimismus und Zuversicht siehe Tutorial).
Ein gutes soziales Umfeld trägt nicht nur maßgeblich zu einem glücklichen und längeren Leben bei, sondern stärkt auch unsere psychische Widerstandskraft. Zu einem solchen gehören idealerweise eine Handvoll enge Freundschaften (auch Familienmitglieder zählen dazu). Solche vertrauensvollen, tragfähigen Beziehungen bilden sich durch gemeinsame Zeit, gemeinsame Interessen und Selbstoffenbarung. Und natürlich gehören zum sozialen Netz auch losere Freund- und Bekanntschaften. Nicht alle unsere Beziehungen schenken uns allerdings Energie, manche ziehen unterm Strich mehr Kraft, als dass sie geben. Dabei bedeutet Beziehungen zu gestalten, immer sowohl zu geben als auch zu nehmen. Mit Blick auf unser (geistiges) Wohlbefinden und unsere Resilienz ist es daher sinnvoll, unser soziales Umfeld genauer zu betrachten – und zwar durchaus buchstäblich, indem wir es visualisieren. Dazu können wir etwa alle unsere sozialen Kontakte auf ein Blatt Papier schreiben und mit unterschiedlich großen Plus- und Minuszeichen versehen: Wer gibt mir viel Energie? Wem gebe ich viel Energie? Wer raubt mir Energie? Für welche Kontakte bringe ich viel Zeit auf und wie steht das im Verhältnis zur Energie, die ich daraus ziehe? … So sehen wir auf einen Blick, bei welchen sozialen Kontakten es lohnt, sie zu intensivieren, und welche wir möglichst reduzieren oder auch ganz abbrechen sollten.
Springer 2023, 49,99 Euro.
Ob Coach, Trainerin, Führungskraft, Therapeutin oder Mitglied von Learning & Development … Das Buch richtet sich an alle, die Menschen dabei unterstützen (wollen), ihre psychische Widerstandsfähigkeit auszubauen und besser durch Krisen und Herausforderungen zu navigieren. Im Mittelpunkt stehen jene sechs Resilienz-Faktoren, die sich in der Forschung als besonders evident erwiesen haben. Diese werden zum einen wissenschaftlich ausgeleuchtet. Zum anderen werden jeweils Techniken und Impulse geliefert, um die einzelnen Faktoren gezielt zu stärken.
Nicht die äußeren Krisen sind es, die uns lahmlegen und Angst machen, sondern die Art, wie unser Inneres auf sie reagiert. Denn unter Belastung fallen wir unbewusst auf Lösungsmuster zurück, die wir in der frühen Kindheit erworben haben – und die sich heute als hinderlich erweisen. Um Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen, hilft es, diesen nachzuspüren.
Selbstwirksamkeitserwartung ist neben „soziale Kontakte“ jener Resilienz-Faktor, dessen Bedeutung am besten belegt ist. Verstanden wird darunter die Überzeugung, Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung lässt uns in Krisen aktiv werden, während eine niedrige uns dazu verleitet, in eine Opferhaltung zu verfallen und passiv zu bleiben. Ein guter Weg, um die eigene Selbstwirksamkeitserwartung kontinuierlich zu stärken: Jeden Abend notieren, was gut gelaufen ist und wie man selbst dazu beigetragen hat. Ein anderer: sich „ältere“ Erfolge immer wieder einmal ins Gedächtnis rufen. Etwa mithilfe folgender Fragen:
Um die Selbstwirksamkeit in aktuellen schwierigen Situationen zu stärken, hilft es, einen gezielten Rückblick auf bereits bewältigte Herausforderungen in der Vergangenheit zu werfen:
Solange wir uns auf „das Problem“, „die stressige Situation, „die Krise“ konzentrieren und über diese grübeln, haben wir kaum kognitive und emotionale Reserven, um eine sinnvolle Lösung zu entwickeln. Wenn es uns jedoch gelingt, uns mental in einen Lösungsmodus zu schalten, erhalten wir Zugang zu einem Möglichkeitsraum, in dem sich Chancen darbieten. Die Basis dafür bildet die Fähigkeit der Akzeptanz. Das nicht Veränderbare zu akzeptieren – statt damit zu hadern oder es gar zu leugnen – ermöglicht es uns überhaupt erst, uns aus der Vergangenheit zu lösen und lösungs- und zukunftsorientiert zu denken und zu handeln. So ist eine Kernfähigkeit der Zukunfts- und Lösungsorientierung, zu erkennen, was wir beeinflussen und was wir nicht beeinflussen können.
Um die Zukunfts- und Lösungsorientierung zu stärken, ist es grundlegend förderlich, innezuhalten, sich selbst und die Umgebung achtsam wahrzunehmen, die Perspektive zu wechseln, bewusst auf die eigenen Kraftressourcen zurückzugreifen, selbstbestimmt zu handeln und sich selbst – also das eigene Denken, Fühlen, Handeln und Körperverhalten – zu regulieren.
Eine Möglichkeit, um gezielt besagten Möglichkeitsraum zu öffnen, ist eine kleine mentale Zeitreise. Dazu stellen wir uns vor, dass das aktuelle Problem längst hinter uns liegt. Vielleicht sind fünf, zehn oder auch 20 Jahre vergangen. Dann blicken wir von diesem Punkt aus auf unsere aktuelle Situation zurück: Wie geht es mir, wenn ich auf diese Vergangenheit blicke? Wofür hat es sich gelohnt, durch die Herausforderung zu gehen? Und daran anknüpfend: Wie ist es mir gelungen, von dieser vergangenen Situation zu meiner heutigen zu kommen, in der das Problem keine Rolle mehr spielt? Was würde ich als mein älteres Ich vor diesem Hintergrund meinem jetzigen Ich raten?
Die sechs genannten Resilienz-Faktoren überlappen sich und bedingen sich gegenseitig. Beim Faktor Lösungs- und Zukunftsorientierung spielen etwa Optimismus und Zuversicht sowie Selbstwirksamkeitserwartung eine große Rolle. Während es beispielsweise beim Faktor Selbstregulation eine starke Überlappung zum Resilienz-Faktor Optimismus gibt und ebenso, wie gerade dargestellt, zum Faktor „Lösungs- und Zukunftsorientierung“. Das ist insofern praktisch, weil mit einer Methode, die auf die Stärkung eines der Resilienz-Faktoren zielt, andere Faktoren direkt mitgestärkt werden. Damit haben wir die Möglichkeit, zur Stärkung unserer Resilienz unseren eigenen, individuellen Weg zu wählen – uns unsere eigenen Resilienz-Selbstcoaching-Programme zu basteln.
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