Konferenz „Future of Work 2019“

Spotlights auf die Führungsrolle von morgen

Der Name der Konferenz „Future of Work 2019“ war Programm – zumindest fast. Denn mehr noch als die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten, stand die nach der Rolle der Führungskraft in der Arbeitswelt von morgen Mitte November in Frankfurt im Mittelpunkt. Auf diese Rolle wurden mehrere Spotlights geworfen, die zusammengenommen ein logisches Bild ergaben: Führungskräfte werden sich in Zukunft vor allem auf jene Aufgaben konzentrieren müssen, vor denen Algorithmen (noch lange) kapitulieren werden.

Ein Beitrag von Andree Martens

Frauen in Blusen und Männer mit Hemden, die Arme erhoben, trommeln mit ihren Fingern auf ihre eignen Köpfe und wiederholen mantraartig: „Wach auf mein Hirn.“ Alle lächeln, einige lachen, zwischendurch prustet einer richtig los. Das soll so sein. Schließlich heißt der Programmpunkt „Lach-Yoga“. Bei diesem sollen die Teilnehmer der Konferenz „Future of Work 2019“ Energie für die nächsten Vorträge und Diskussionen sammeln, eben ihr Hirn noch einmal richtig aufwecken – jenes menschliche Organ, dem, um eine Quintessenz der Konferenz vorwegzunehmen, in einer immer digitaleren Arbeitswelt eine immer größere Bedeutung zukommt.

Der Name der Konferenz ist Programm – zumindest fast. Denn mehr noch als die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten, steht die nach der Rolle der Führungskraft in der Arbeitswelt von Morgen im Vordergrund der Veranstaltung, die der Frankfurt School Verlag ausrichtet. Eine Frage, die die rund 150 Teilnehmenden naturgemäß stark interessieren dürfte: Die meisten von ihnen sind selbst Führungskräfte, die anderen unterstützen Führungskräfte als Personalentwickler oder Berater.

Dass der Hausherr der Veranstaltungslocation, die Frankfurt School of Finance & Management, zum Thema einiges zu sagen hat, liegt auf der Hand. Schließlich werden an der Privatuni Manager und Managerinnen von Morgen ausgebildet. In persona von Uni-Präsident Nils Stieglitz, Professor für Strategie, hält er dann auch die Eröffnungs-Keynote, in der er gleich mehrere Spotlights auf die Führungsrolle in der Zukunft wirft.

Stieglitz‘ zentrale These: Manager werden sich in Zukunft immer weniger mit Management beschäftigen. „Klassische Management-Fragen werden künftig von Algorithmen auf der Grundlage großer Datenmengen beantwortet“. In welchen Markt es sich lohnt, zu investieren. Wo es ratsam ist, Kapital rauszuziehen. Wie die Prozesseffizienz gesteigert werden kann. All das werde künftig von Maschinen errechnet. Ganz heraushalten werden sich Führungskräfte bei diesen Fragen jedoch nicht können. „An ihnen wird es sein, zu entscheiden, welchen datenbasierten Empfehlungen das Unternehmen folgt und welchen nicht.“ Was alle Führungskräfte dafür laut Stieglitz unbedingt benötigen: ein Verständnis dafür, was Algorithmen leisten können und – besonders wichtig – was nicht.

Eine Sache, die sie nicht bzw. nicht gut leisten können: mit Unsicherheit umgehen. „In Kontexten hoher Ambiguität sind Algorithmen bzw. Computer weit schlechtere Entscheider als Menschen“, so Stieglitz. Daher sind etwa für alle Entscheidungen, die die Zukunft betreffen und den Weg dahin – schließlich ist die Zukunft per se mehrdeutig – Menschen besser geeignet als Computer. Dem Wissenschaftler schwebt eine funktionale Arbeitsteilung vor: Während Algorithmen das Daily Management Business erledigen, kümmern sich die Manager um die Zukunftssicherheit und die dafür notwendige Transformation des Unternehmens. Die wichtigste Voraussetzung für diesen Job sei ein breites Allgemeinwissen. Das sei die beste Basis, um neu- und andersartige Lösungen entwickeln zu können.

Zur Zukunftssicherung gehört auch die Entwicklung neuer, innovativer Geschäftsmodelle. Auch an dieser Aufgabe werden sich Algorithmen noch sehr lange die Zähne ausbeißen. Sagt einer, der es wissen muss, arbeitet er doch für einen der oder vielleicht sogar den digitalen Weltmarktführer schlechthin: Google. Stefan Hentschel ist bei Google Deutschland unter anderem für die Zusammenarbeit mit hiesigen Industrieunternehmen zuständig. In seinem mit viel Verve auf die Bühne gebrachten Vortrag liefert er aber auch Beispiele aus anderen Ländern, wie digitale Geschäftsmodellentwicklung und -weiterentwicklung funktioniert. „Haben Sie schon einmal in den USA Spaghetti bei McDonald‘s gegessen?“ fragt er ins Publikum, wirft eine Folie an die Wand mit einem McSpaghetti-Karton – und erntet Stille und fragende Gesichter.

Tatsächlich hatte McDonald’s nie Spaghetti im Angebot, aber in einigen Filialen eine zeitlang auf der Karte stehen. Immer wenn ein Kunde die orderte, machte der Verkäufer einen Strich und erklärte, dass die Spaghetti leider aus seien. Da die Strichlisten letztlich ziemlich dürftig ausfielen, wurden die Spaghetti nie ins Angebot aufgenommen. Doch darum geht es laut Hentschel auch gar nicht, sondern ums Prinzip, dem hier gefolgt wurde und das einen sehr guten Weg beschreibe, um sich in die Zukunft voranzutasten: Pretotyping: „Prototypen werden getestet, bevor sie entwickelt werden“, erklärt es der Google-Manager.

Wenn das Management Pretotyping vorlebt und damit Mut zum Neuen und zum Ausprobieren beweist, schürt es damit auch den Innovations- und Unternehmergeist der Mitarbeitenden, erklärt Hentschel. So werde eine innovative Unternehmenskultur gefördert, die in einer immer digitaleren Welt immer wichtiger werde: „Produkte, Prozesse – kopieren lässt sich mittlerweile alles. Was sich nicht kopieren lässt und auch in Zukunft nicht kopiert werden kann, ist die Unternehmenskultur.“

Zur Rolle der Manager als Zukunftssicherer gehört es jedoch nicht nur, mutig voranzuschreiten, sondern auch, die Mitarbeitenden zum Mitkommen auf dem Weg in die Zukunft zu motivieren. Darauf weist Ana-Christina Grohnert, die bis März dieses Jahres Personalvorständin der Allianz war, in ihrem Vortag hin. Die Topmanagerin, die in ihrer aktuellen Funktion als Leiterin der Initiative Charta der Vielfalt (Link) derzeit in regem Austausch mit vielen Unternehmen steht, hält in diesem Zusammenhang unter anderem zwei Aufgaben für zentral. Die erste: Die Purpose-Diskussion im Unternehmen anheizen und am Leben halten, „dadurch kann das Unternehmen mit erheblicher Energie versorgt werden“. Die zweite: Eine glaubhafte Zukunftsvision des Unternehmens aufstellen und vermitteln, damit die Menschen im Unternehmen wissen, wo die Reise hingeht und ein Gefühl der Sicherheit entsteht, dass die Reise überhaupt weitergeht.

Dafür müssen sie etwas können, was einfach klingt, vielen Managern jedoch schwerfällt, und in der Zukunft nach Meinung von Strategie-Professor Stieglitz die wohl wichtigste Management-Aufgabe sein wird: „Visionen und Ideen systematisch kommunizieren. Das ist etwas, wobei Computer noch über viele Jahre große Probleme haben werden.“

Foto 1: Lachyoga mit Fang Martin – das eigene Hirn aktivieren. Foto 2: Prof. Dr. Nils Stieglitz von der Frankfurt School of Management & Finance – Zukunftssicherung als wichtigste Managementdisziplin. Foto 3: Stefan Hentschel von Google Deutschland – Hemdsärmelige Innovation via Pretotyping.

Fotoquelle: Frankfurt School Verlag

15.11.2019
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