1. TrainCamp

Kleine Ideen und große Fragen

Ein Barcamp speziell für Trainer, Berater, Coachs – kann das gut gehen? Es kann, wie das TrainCamp Anfang Dezember zeigte. 100 Weiterbildner kamen nach Bonn, um das Format kennenzulernen und voneinander zu lernen. Dabei zeigte sich aber auch: Die klassische Mitnahme von Wissen schlägt aktuell noch das ergebnisoffene Mitmachen.

Beitrag von Svenja Gloger, Sylvia Lipkowski, Nicole Bußmann

„Ich bin in diesem Workshop auf völlig neue Ideen gekommen und hatte Gedanken, die mir in meiner ganzen Trainerlaufbahn noch nie gekommen waren“, meint der Trainer. Er ist beseelt von der Diskussion, die er gerade mit sechs Kollegen im kleinsten Break-out-Raum des Bonner Uniclubs geführt hat. Gesucht haben sie gemeinsam eine Antwort auf die Frage, was Trainer tun können, um den Praxistransfer von Teilnehmern zu unterstützen. Konkret formuliert: „Wie können wir ansetzen, wenn nach zwei bis drei Wochen der aus dem Seminar mitgenommene Elan zum Erliegen kommt?“

Klassische Transfertipps werden in den Raum geworfen: „Fotoprotokolle verschicken“, meint beispielsweise einer, „eine Plattform für den virtuellen Teilnehmer-Austausch einrichten“, eine andere. Klar. Dann kommt die Gegenfrage aus der kleinen Gruppe: „Warum möchtest Du das überhaupt, warum willst Du, dass Deine Teilnehmer einen Praxistransfer leisten?“ Die Frage ist provokant und löst zunächst Abwehrreflexe bei Session-Geberin Ruth Urban aus. Doch die Frage ist auch gut, denn statt dem befürchteten Befindlichkeitscoaching entsteht aus ihr ein Gedankenteilen mit Tiefgang: Wodurch fühlen sich Menschen überhaupt motiviert – zum Lernen und generell im Leben? Und: Wo endet die Verantwortung des Trainers? Im Zentrum stehen plötzlich nicht mehr Transfertools, sondern das Ausleuchten von Fragen, die ins Eingemachte gehen – und zu neuen Erkenntnissen führen.

Damit ist die Session nahe dran an dem, was das TrainCamp – als erstes Barcamp für die Weiterbildungsbranche – sein und bieten will: eine offene Tagung, deren Inhalte und Ablauf von den Teilnehmern selbst entwickelt und im weiteren Verlauf gestaltet werden. Mit Workshops also, bei denen es keine Referenten gibt, sondern nur Gleichgesinnte als Idee-, Session- oder Teilgeber, von denen keiner allein dafür verantwortlich ist, die Anwesenden mit Inhalten zu vorsorgen, sondern nur dafür, den Raum fürs Mitmachen und Mitdenken zu öffnen, um die gemeinschaftliche Kreativität anzuschieben.

Größerer Beliebtheit allerdings erfreuen sich an dem Freitag in Bonn doch die anderen Sessions. Das zeigt sich schon bei der Einstiegsrunde, in der alle von den Teilnehmern mitgebrachten Themenvorschläge mit freundlichen Klebepunkten bewertet werden. Am meisten Smileys, aber auch reale Teilnehmer bekommen die Sessions, in denen erfahrene Trainer ihr erprobtes Wissen, präferierte Tools oder praktische Erkenntnisse anbieten.

Das mag daran liegen, dass ein Großteil der rund 100 Teilnehmer hier in Bonn nicht barcamp-erfahren ist. Auf Nachfrage der Veranstaltungsmoderatorin heben gerade einmal zehn bis 15 Teilnehmer die Hand. Es mag aber auch daran liegen, dass längst nicht alle Teilnehmer ein Thema eingeben, gerade mal ein Viertel traut sich auf die Bühne, um ein eigenes Anliegen zu formulieren. Zu einem knallharten Pitch kommt es daher gar nicht auf dem ersten TrainCamp, vielmehr können nahezu alle Themen, die vorgestellt werden, auch bearbeitet werden. Und dabei haben offensichtlich die die Nase vorn, die inhaltlichen Input und handfeste Tipps versprechen.

„Das mit der Hand ist so eine simple Idee – dass ich darauf noch nicht selbst gekommen bin“, meldet etwa ein Trainer begeistert an Christoph Bedürftig zurück. Der agile Coach hat in seiner Session – neben verschiedenen systemischen Tools – auch einen Trick geteilt, mit dem er, beispielsweise nach einer Phase der Partner- oder Gruppenarbeit, wieder für Ruhe im Raum sorgt: Er hebt die Hand, sobald es leiser werden soll. Und jeder, der seine erhobene Hand sieht, soll ebenfalls die Hand heben – bis alle merken, dass er als Moderator weitermachen will. Bedürftig liefert Handwerkszeug, professionell aufbereitet: ein gut visualisiertes Flipchart, schön gestaltete Überschriften an der Pinwand, sogar ein Werbe-Roll-up fürs eigene Buch hat er dabei.

Die Performances sind also unterschiedlich – von professionellen Bühnenauftritten, die genauso gut auf einer herkömmlichen Konferenz stattfinden könnten, bis hin zu Fragestellungen, die ohne Hilfsmittel in kleiner Runde diskutiert werden. Zu den Fragen gehört neben der Transfersicherung zum Beispiel die, ob jeder alles lernen kann oder ob es nicht doch Grenzen für die persönliche Weiterentwicklung gibt, oder die, wie sehr die Anwesenheit eines hierarchisch mächtigen Kollegen den Kreativprozess in einer Gruppe hemmt. Inhaltlich spannt das TrainCamp den Bogen mindestens ebenso weit wie bei den Performances. Die Themen reichen von Tipps zum besseren Verkaufen der eigenen Leistung über Einführungen in konkrete Methoden wie das systemische Konsensieren, dem Probespielen von Planspielen und Kartensets bis hin zu Anregungen zum virtuellen Trainieren und Übungen fürs reale Entspannen.

Die Heterogeniät der Performances und Inhalte tut der Stimmung beim TrainCamp keinen Abbruch. Die Atmosphäre ist ruhig und gelassen, niemals aufgeregt oder geladen, stets wertschätzend und insgesamt eher wenig kompetitiv. Ganz nebenbei lernen die Teilnehmer das Format BarCamp kennen, ein mehrfach genannter Grund, warum einige in Bonn dabei sind. Die Feedbackrunde zeigt: Sie schätzen das Format. Vielleicht so sehr, dass bei einer Wiederholung alle den Mut haben, ihre Fragen zu benennen und Anliegen zu schildern und dabei Lust entwickeln aufs ergebnisoffene Mitmachen.

Foto 1: Die Sessionplanung: Erprobtes Wissen ist etwas gefragter als der Erfahrungsaustausch. Foto 2: Das 1. TrainCamp fand in den Räumen des Uniclubs Bonn statt.

11.12.2017
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