Boom der Personalberatung

Headhunter profitieren von der Digitalisierung

Das Geschäft der Headhunter in Deutschland boomt – trotz der Konkurrenz durch Job-Plattformen und Online-Networking. Die Branche erzielte 2015 die größte Umsatzsteigerung seit fünf Jahren. Auf ihrer Jahrestagung am 11. Mai 2016, bei der traditionell die Markdaten verkündet werden, war die Stimmung daher wie das Wetter: ausnehmend sonnig.

Gastbeitrag von Nina Carbonetti

1,8 Milliarden Euro erwirtschafteten die rund 2.000 in Deutschland ansässigen Personalberatungen 2015. Das entspricht einem Plus von 6,8 Prozent. Entsprechend souverän gaben sich die Vertreter des Fachverbands Personalberatung, der dem Bundesverband der Unternehmensberater (BDU) angehört, bei der Präsentation der Zahlen auf dem Petersberg bei Königswinter. Ihr Kerngeschäft, die Auswahl von Fach- und Führungskräften, sehen die Suchexperten durch die zunehmende Digitalisierung, die im Kongressprogramm thematisiert wurde, keineswegs gefährdet. Im Gegenteil: Zukünftig werde das Know-how von Personalberatern sogar noch stärker gefragt sein als bisher. Nämlich dann, wenn es um die Besetzung von Schlüsselpositionen für die digitale Transformation geht: „Unternehmen suchen zunehmend nach Mitarbeitern anderen Typs: schnell, risikobewusst, innovativ. Um diese überfachlichen Kompetenzen zu erkennen, brauchen sie Personalberater“, sagte BDU-Vize-Präsidentin Regine Ruppert.

Die Zahlen aus 2015, die der BDU in seiner jährlichen Studie ermittelte, bestätigen diese Einschätzung. Demnach wurden die Personalberater verstärkt für die Suche nach Technikspezialisten oder Manager mit Digitalkompetenz engagiert. Auffällig dabei: Firmen schaffen eigene Posten für die Umsetzung der digitalen Transformation – beispielsweise den Chief Digital Officer (CDO). Besonders gefragt waren zudem Fachkräfte aus den Bereichen Marketing und Vertrieb sowie für die Funktion Unternehmensleitung. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 57.400 Positionen in Wirtschaft und Verwaltung durch Headhunter besetzt (2014: 53.550). Gestiegen ist auch die Zahl der aktiven Headhunter. Und zwar um 375 Köpfe in den vergangenen zwei Jahren (2013: 5.800). Jeder Personalberater hat 2015 somit im Schnitt neun Suchaufträge erfüllt.

Beauftragt werden die Suchspezialisten vor allem dann, wenn es um die Besetzung von Top-Positionen geht: 76 Prozent der Mandate entfielen auf Kandidaten der Einkommensklasse zwischen 75.000 und 250.000 Euro (44.000 Positionen). Unterstützung bei Vakanzen, deren Jahreseinkommen unter 75.000 Euro liegt, war in nur 16 Prozent der Fälle gefragt (9.450 Positionen). Stärkste Nachfrager der Such-Dienstleistung waren die Konsumgüterindustrie (13,2 Prozent), dicht gefolgt vom Maschinenbau (13,1 Prozent), Telekommunikationsbranche mit 10,5 Prozent mit 13,1 Prozent und der Chemie- und Pharmabranche mit neun Prozent. Bei der Fahnung nach Executives setzen die Personalberater überwiegend auf eine Mischung mehrerer Methoden. So wurde jede zweite Position durch die kombinierte Suche über Anzeigen, in Datenbanken, in sozialen Medien und der Direktansprache besetzt.

Ungeachtet aller Lippenbekenntnisse zum Thema Diversity: Der ideale Kandidat der Unternehmen ist nach wie vor deutsch, männlich und um die 40. Laut den BDU-Daten betrug der Anteil der platzierten weiblichen Kandidaten nur 23 Prozent, der Anteil der Manager mit Migrationshintergrund lediglich 7 Prozent. Nach Einschätzung der Personalberater wird das Interesse der Unternehmen an „diversen“ Kandidaten mittelfristig auch nicht zunehmen.

Neben den reinen Marktdaten fragt der BDU in seiner alljährlichen Studie, an der sich dieses Mal rund 300 Personalberatungsunternehmen beteiligten, auch Trend-Einschätzungen ab. Besondere Zustimmung fand in diesem Jahr die These, dass eine umfassende Betreuung der Stellen-Aspiranten wichtiger wird. „Die Erwartungshaltung hat sich verändert. Die Kandidaten sind anspruchsvoller, wollen mehr Informationen und schnelleres Feedback“, sagte Ruppert. Um ein Matching herzustellen, seien Personalberater stärker als früher als Vermittler zwischen Unternehmen und den oft hohen Erwartungen der Kandidaten gefordert. Die Begleitung der vermittelten Führungskräfte gehe daher auch über deren Start im neuen Job hinaus.

Der Ausblick der Branche auf 2016 fällt ebenfalls optimistisch aus: Aufgrund der guten Konjunkturaussichten erwarten die Personalberater für das laufende Jahr weitere Umsatzsteigerungen (8,4 Prozent). Trotz aller positiven Prognosen: Auch das Headhunting-Geschäft ist kein Selbstläufer, denn die Konkurrenz durch neue digitale Möglichkeiten wächst. „Wir gehen davon aus, dass Unternehmen künftig öfter selbst im Internet nach geeigneten Mitarbeitern fahnden – zumindest bei der Besetzung von Positionen auf der unteren Führungsebene“, sagte Fachverbands-Vorsitzender Tröger. Als Bedrohung betrachte er neue Software und Datenbanken jedoch nicht. Denn die menschliche Intuition, so Fachverbands-Vorsitzender Wolfram Tröger, könne bisher kein Programm ersetzen: „Was ich über einen Kandidaten in einem einstündigen Gespräch erfahre, kann kein auch noch so ausgeklügelter Algorithmus leisten.“ *********

Fotos: BDU, Bonn.

13.05.2016
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