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Übersicht AnsprechpartnerCOPETRI, die neue Branchenveranstaltung, lud vom 31. Mai bis 1. Juni 2022 erstmals zum Netzwerken, Lernen und gemeinsamen Nachdenken ein. Und die Branche kam – und zwar nicht nur, um in Festival-Atmosphäre ein großes Wiedersehen zu feiern, sondern auch, weil sie mit viel Vorlauf selbst aktiv eingebunden wurde. Denn COPETRI will nach Aussagen ihrer Gründer nicht einfach eine neue Fachmesse sein, sondern Entwicklungen anschieben und Zukunft gestalten.
Foto: Nicole Bußmann
Palettenmöbel vor Backsteinmauern, Lounge-Sessel auf Rasen, Foodtrucks, Ausstellungspavillons und ganz viel blauer Himmel. Am Setting konnte man nichts auszusetzen haben: Das Gelände des Industrielofts Fredenhagen in Offenbach ist zwar ab vom Schuss, dafür aber cool. Für eine Veranstaltung wie die COPETRI, die am 31. Mai 2022 erstmals ihre Tore öffnete, genau richtig. Der Eintritt verzögerte sich, die Scanner funktionierten nicht, die Vorfreude auf die analoge Begegnung verzieh aber den Patzer. Endlich wieder Messe- und Kongressluft schnuppern.
Dabei will COPETRI so viel mehr sein. „Wir haben das Konzept ‚Event‘ neu gedacht“, erklärten COPETRI-Gründerin Nadine Jäger und Ralf Hocke bei der Eröffnung, beide übrigens in der Branche bekannt von der Messe Zukunft Personal. Mit ihrer Neugründung wollen sie eine Austauschplattform schaffen, die die Branche nicht nur wenige Tage im Jahr zusammenbringt wie übliche Veranstaltungen.
Ihr zweitägiges Event hat daher schon vor gut einem Jahr im Januar 2021 begonnen. Um das bei der Unternehmensgründung postulierte Ziel „mit COPETRI einen Raum zu schaffen, in dem die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen durchdacht und konkrete Lösungen entwickelt werden können,“ müssen aktuelle Herausforderungen von verschiedenen Perspektiven aus angegangen werden, sind Hocke und Jäger überzeugt: HR, Change oder die Digitalisierung nur einzeln für sich zu bearbeiten, werde keine tragfähigen Lösungen bringen. „People, Transformation und Innovation müssen zusammengedacht werden“, wünschte sich Hocke bei der Begrüßung, „bridging perspectives“ lautete sein Motto.
Entsprechend steht das „Co“ im Namen COPETRI auch nicht für Convention oder Conference, sondern für Community. Gemeint sind damit Professionals aus den drei namensgebenden Schlüsselbereichen – nach Veranstalterschätzung sind dies sieben Millionen Beschäftigte und Selbstständige. Zusammengebracht werden sollen sie zum einen über die Website www.copetri.com, die sich als Content-Hub versteht und sowohl kuratierte als auch werbliche Beiträge anbietet. Derzeit sind darunter vor allem Interviews mit Expertinnen, Partnern und Fachleuten, die die COPETRI-Convention mitgestalteten.
Entscheidender für das Community Building sind aber die Circles, für die Hocke und Jäger schon im Vorfeld zahlreiche Branchenbekannte und Influencer gewinnen konnten und die fast gleichzeitig mit dem Unternehmen selbst lanciert wurden. Seit Januar 2021 vertiefen sich in diesen Arbeitsgruppen – vom Veranstalter-Duo auch „Think-and-Do-Tanks“ genannt – engagierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter in Herausforderungen, die sie in einem selbstorganisierten Entscheidungsprozess als für relevant identifiziert haben. So sind aus den drei Überthemen People, Transformation und Innovation (die zusammen das Akronym COPETRI vervollständigen) schließlich Circles zu fünf konkreten Themen entstanden: Zukunftsszenarien, Nachhaltigkeit, Maturity, New Work und Skills.
„Aus der Community mit der Community für die Community Lösungen entwickeln“, erklärte Initiator Hocke. An den beiden Kongresstagen in Offenbach wurden die Lösungen der Circles erstmals öffentlich vorgestellt. Der Circle Skills wurde bei der Präsentation auf der sommerlichen Freiluftbühne in Fredenhagen beispielsweise durch die beiden New-Learning-Koryphäen Anja Schmitz und Jan Foelsing sowie Norbert Janzen, SVP Talent Management & HR Transformation der Metro AG, vertreten. Im Zentrum die Fragen: Welche Bedeutung kommt Fähigkeiten und Kompetenzen in der aktuellen Transformation zu? Welche Future Skills sind bald unverzichtbar und wie lassen sie sich entwickeln? Für den Maturity-Circle waren neben Bosch-Chefinnovator Dennis Boecker beispielsweise auch Working-Out-Loud-Pionierin Sabine Kluge, der Innovationsprofi Roger Cericius und Matthias Kübeler, Head of Technology & Innovation der Festool GmbH, vor Ort. Zusammen mit zahlreichen anderen Beratungs- und HR-Profis glichen sie existierende Reifegradmodelle ab, um ein ganzheitliches Maturity Assessment zu entwickeln, mit dem sich Veränderungshürden identifizieren und Verbesserungspotenziale erkennen lassen.
Die Ergebnisse sind dabei mal mehr, mal weniger fertig. Fast immer wurde in Fredenhagen betont, dass nur Zwischenstände vorgestellt werden, fast immer wurde auch die Einladung zur Diskussion ausgesprochen. Die gern angenommen wird. Beim Circle New Work etwa, für den am zweiten Tag HR-Influencer Stefan Scheller, Kommunikationsberaterin Renate Sommer und Consultant Philipp Wichert einen „wertfreien Reality-Check“ vorstellten. Der geht von der Annahme aus, dass Old Work und New Work nur zwei Extreme einer fließenden Skala sind.
Der Check umfasst 15 Dimensionen, in denen sich Unternehmen verorten können, um gezielter Organisationsentwicklung angehen zu können. So steht in der Dimension Führung etwa am „alten“ Ende der Skala etwa Command & Control, also transaktionale Führung, am „neuen“ Ende dagegen Coach & Collaborate oder auch ermächtigende Führung. In der Dimension Arbeitsorte wiederum reicht die Skala von festen Arbeitsplätzen mit Anwesenheitspflicht im Unternehmen über Desksharing-Konzepte bis zur selbstbestimmten, freien Ortswahl am New-Work-Ende. Wer sich weiter in Richtung New Work entwickeln will, weiß so genau, wo es sich lohnt, anzusetzen.
In Fredenhagen diskutiert wurden vor allem die Grundannahmen der Checkliste. New-Work-Experte Markus Väth etwa bezweifelte, ob die wertfreie Herangehensweise wirklich funktioniert: „Mit diesem Ansatz kann dann auch McKinsey bequem arbeiten – aber ist das dann noch New Work?“ Mit Frithjof Bergmanns Sozialutopie jedenfalls habe er nur noch wenig zu tun. Es gab aber auch begeisterte Stimmen, die sich für die Mitarbeit in Runde zwei der Circles meldeten und damit möglicherweise die Community-Idee weitertragen und am Leben halten. Denn ob sich die Zusammenarbeit der vielen gefragten Experten auf Dauer trägt, bleibt abzuwarten – das ehrenamtliche Engagement zerrte manchmal wohl sehr an den Kräften, weswegen einige bereits ankündigten, die Circle-Arbeit ruhen lassen bzw. aus dem Kreis ausscheiden zu wollen.
Foto: Nicole Bußmann
Für die COPETRI-Convention aber ist die Idee erst einmal aufgegangen: Der Austausch war rege, das Networking sowieso und Lerngelegenheiten gab es zahlreiche. Dafür sorgte nicht zuletzt das dichte Konferenzprogramm mit über 140 Sessions auf sechs Bühnen und in vier Workshopräumen. Dort wurde von Recruiting und Resilienz über Employer Branding und Empowerment bis hin zu Leadership und Liberating Structures viel geboten. So viel, dass die rund 75 ausstellenden Unternehmen bisweilen hart um die Aufmerksamkeit der rund 2.500 Teilnehmenden kämpfen mussten. Auch die Sonne spielte den Ausstellern nicht gerade in die Karten. Zur guten Laune trug das Wetter aber auf jeden Fall bei. Für eine Neuauflage muss Petrus wieder gutes Wetter schicken: Outdoorbühnen können Regen nicht gebrauchen.