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Übersicht AnsprechpartnerHass, Häme, Missgunst: Christian Wulff weiß, wie es sich anfühlt, wenn einem all das entgegenschlägt. Auf der Convention der German Speakers Association Mitte September sprach der ehemalige Bundespräsident über seine Demontage durch die Medien, über das Scheitern – und über die Learnings aus seinen Erfahrungen. managerSeminare.tv traf ihn am Rande der Veranstaltung zum Exklusiv-Interview.
Kamera: Philipp Senger
Der wohl spannendste Beitrag der Convention der German Speakers Association, die Mitte September 2015 in München stattfand, kam von einem Mann, dessen Auftritt im Vorfeld kontrovers diskutiert worden war, gar Absagen von Teilnehmern soll es seinetwegen gegeben haben: Christian Wulff. Der Ex-Bundespräsident passte perfekt zum Motto der Jahrestagung der Redner: Perspektivenwechsel. Er gab Einblick in sein Erleben der Causa Wulff und verknüpfte seine Erinnerungen an die Zeit mit dem Appell, nicht vorschnell zu urteilen und sich nicht unbedacht den durch Social Media immer schneller hochpeitschenden Empörungswellen anzuschließen.
Sein Auftritt auf der großen Bühne, der nach dem Interview mit managerSeminare stattfand, ließ erahnen, wie schwer die Zeit bis zum Freispruch vom Vorwurf der Vorteilsnahme für Wulff und seine Familie gewesen sein muss. Doch Wulff betonte, sich weder als Opfer noch als Märtyrer gerieren zu wollen. Stattdessen mahnte er: „Wenn es in der Küche zu heiß ist, wird niemand mehr Koch.“ Mit dem Bild drückte er seine Sorge aus, dass immer weniger Menschen bereit seien, in die Politik zu gehen und Verantwortung zu übernehmen, wenn der öffentliche Druck Ämter „heiß“ macht und das „Jagdfieber von Journalisten“ zum „konstitutiven Merkmal der Demokratie“ wird. Er plädierte für eine „Klimaanlage“ und mahnte die Redner an – als Meinungsmacher und damit Machthaber, für unsere Gesellschaft einzustehen.
Wulff beeindruckte die Rednergilde wie kaum ein anderer Sprecher auf der Convention. Nicht nur, dass seine Offenheit im Umgang mit der eigenen Krise überraschend war, sondern er wusste auch zu bewegen. Anders als manche Rede von ihm zu Zeiten seiner Amtszeit wirkte diese keineswegs hölzern, sondern authentisch und überzeugend. Viele Verweise auf Redebeiträge, die am Vortag oder Vorabend erfolgt waren, drückten seinen Respekt vor der Veranstaltung und den Teilnehmern aus. Er war nicht nur gekommen, um zu reden, sondern auch um zuzuhören. Ein positiver Nebeneffekt seines Scheiterns, wie er augenzwinkernd schmeichelte: „Früher hätte ich nicht die Zeit gehabt, hier zwei Tage lang zuzuhören.“