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Übersicht AnsprechpartnerAnja Förster, Bestsellerautorin und Arbeitswelt-Vordenkerin, hat eine persönliche Krise überstanden – und dadurch „Sieben Superkräfte“ in sich entdeckt. Bei der Premiere ihres neuen, gleichnamigen Buches in Aachen wagt sie den Brückenschlag zwischen privater und organisationaler Krisenbewältigung.
Foto: Sylvia Jumpertz
„Es gibt drei Arten von Veränderungen: The Good, the Bad and the Ugly“, sagt Anja Förster, Sachbuchautorin und Ideengeberin der modernen Arbeitswelt, in Anlehnung an einen alten Italo-Western. Gute Veränderungen mögen wir natürlich. Mit schlechten sind wir schon weniger glücklich. Aber die, die „ugly“ sind, reißen uns den Boden unter den Füßen weg: Wenn ein naher Mensch stirbt, wir unseren Job verlieren oder eine Trennung erleben müssen. Letzteres ist Anja Förster vor zweieinhalb Jahren selbst passiert, als die Ehe mit ihrem Mann Peter Kreuz endete, mit dem sie auch beruflich eng verbandelt war. Und dieses ziemlich private disruptive Erlebnis ist auch der Grund dafür, dass sie heute hier auf der Bühne sitzt und ihr neues, bei Econ erschienenes Buch „Sieben Superkräfte – Gestalten, Leben und Sein in einer chaotischen Welt“ im Livetalk mit Moderator Daniel Kus vorstellt.
Es ist der Abend des 6. Februar 2024 und wir befinden uns im Vortragssaal des Forum M, im Dachgeschoss der Mayerschen Buchhandlung in Aachen. Der Saal ist bestens gefüllt. Wie eine kurze Publikumsbefragung ergibt, sind einige sogar von weither angereist, um dem Ereignis beizuwohnen, obwohl der Talk auch per Live-Stream im Netz übertragen wird.
Das große Interesse liegt vielleicht nicht nur im Thema begründet, sondern auch darin, dass Förster das hat, was man eine solide Fanbase nennt: Die 57-Jährige schafft es mit Büchern wie „Alles außer gewöhnlich“, „Hört auf zu arbeiten“ und „Nein“ seit Jahren immer wieder auf die Bestsellerlisten. Und sie ist ein Promi in den Social Media, vereint etwa auf Linkedin über 30.000 Follower hinter sich. Da wundert es nicht, dass die Neugierde auf ein neues Förster-Buch groß ist.
Im Bühnentalk mit Kus gibt die Autorin erste Einblicke in ihr Werk, mit dem sie einen Brückenschlag zwischen privater wie auch organisationaler Krisenbewältigung versucht. Denn Förster ist, wie sie im Gespräch erläutert, überzeugt, dass uns persönliche Krisen und Krisen in organisationalen Kontexten, ganz ähnliche Stärken abverlangen – eben jene „Sieben Superkräfte“, die im Zentrum ihres Buches stehen. Sie spricht somit ein breit gefasstes Publikum an – und scheint damit auf Resonanz zu stoßen. Denn als Daniel Kus im Saal per Handzeichen abfragt, wer eher aus privaten und wer aus beruflichen Gründen bei der Veranstaltung aufgeschlagen ist, gehen nicht wenige Hände zweimal hintereinander hoch.
Mit ihrem Buch hat Förster in Zeiten sogenannter Stapelkrisen auf jeden Fall ein gutes Gespür für den richtigen Zeitpunkt für ein Thema bewiesen. Zwar dürften vielen die im Buch behandelten – und zum Teil auch im Talk angesprochenen – „Superkräfte“ in ähnlicher Form bekannt sein. Und manche Erkenntnis wie „Weiterentwicklung entsteht nicht in der Komfortzone“ könnte man gar als Binsenweisheit abtun. Dass indes gerade solche Sätze bei Gästen der Veranstaltung hängen bleiben und in Social Media zitiert werden, zeigt allerdings, dass Förster mit ihrem persönlichen Ansatz bei vielen Krisengebeutelten einen Nerv trifft.
Foto: Anja Förster
Es kommt gut an, dass sie sich verletzlich zeigt, „den Mantel aufknöpft“, wie sie es selbst ausdrückt, sich nahbar macht, immer mal wieder von der Bühne hinab und in den Dialog mit den Menschen einsteigt und ihren eigenen, anfangs keineswegs leichten Entwicklungs- und Erkenntnisweg nachzeichnet. Etwa, wie sie nach der Trennung zu einer Psychologin ging und von dieser verlangte, sie, möglichst pronto, „wieder fix zu machen“. Wie sie sich ausgerechnet durch die Stärken, die sie im Beruf erfolgreich gemacht haben – analytisch-strategisches Denken und Umsetzungsgeschwindigkeit – in der Krisensituation zunächst selbst im Weg stand. Wie sie einfach nur weglaufen wollte und sich wünschte, dass alles wieder so wird, wie es war. Bis irgendwann die Erkenntnis kam: Das wird nicht passieren. Und: „Es wird niemand kommen, der mich rettet.“
Was das nun alles mit der Unternehmenswelt zu tun hat? Im Talk mit Kus gibt Förster Beispiele. Sie erklärt etwa, dass radikale Akzeptanz auch in der Wirtschaft eine viel zu selten geübte Tugend ist: „Wir sind ja Weltmeister im Geschichtenerzählen.“ Doch sich als Unternehmen in einer bedrohlichen Situation damit herauszureden, dass „die Marktlage nun mal so schlecht“ sei, bringe rein gar nichts. Sich dagegen unverstellt anzuschauen, „wie die Situation ist“, dagegen viel.
Auch das Zugeständnis der persönlichen Eigenmacht – sich also klarzumachen, dass man selbst für die Lösung einer Krisensituation verantwortlich ist und diese Verantwortung auch tragen kann, wenn man denn zur Entwicklung bereit ist – ist für Förster ein ebenso persönliches wie auch organisationales Thema.
Oder die Superkraft Experimente – ebenfalls im Selbstversuch erprobt: Förster erzählt davon, welch ungemein befreiende Wirkung es für sie hatte, ihren Umzug nach Hamburg kurzerhand zum Experiment zu erklären, statt Pros und Contras dieser Entscheidung endlos zu wälzen. Und sie rät auch Unternehmen zu diesem Move: „Wenn Planungssicherheit nicht mehr gegeben ist, müssen wir bereit sein, mehrere mögliche Zukünfte entstehen zu lassen.“ Und wie man das macht? „Du machst ein Experiment draus!“ Das nimmt Druck aus der Sache, weil ein mögliches Scheitern quasi mit einkalkuliert wird. Dafür müssten Unternehmen lernen, eine klare Unterscheidung zu treffen, sagt Förster: die zwischen „lehrreichen Fehlschlägen“ bei innovativen Projekten und tatsächlich „dummen Fehlern“ im Routinegeschäft.
Spätestens an dem Punkt zeigt sich freilich auch: Krisenbewältigung in Organisationen, das ist ein Thema, dessen Dimensionen sich hier höchstens erahnen lassen. Aber Förster will mit ihrem persönlichen Ansatz auch kein Krisenmanagement-Programm liefern. Sie will Menschen inspirieren, ihren Blick dafür zu weiten, dass Veränderungen, auch wenn sie „ugly“ sind, nicht das Ende der Welt bedeuten. Dass wir damit umgehen können. Dass wir Möglichkeiten haben. Ob als Mensch oder als Mensch in einer Organisation.
Für alle, die tiefer in die „Sieben Superkräfte“ einsteigen wollen: In der Ausgabe 313 von managerSeminare veröffentlichen wir einen Beitrag von Anja Förster zum Thema.