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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Friederike Müller-Friemauth aus managerSeminare 301, April 2023
Inzwischen können es sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten, Organisationen zu umgehen bzw. zu verlassen, die ihrem Bedürfnis nach gesunden, menschlich angemessenen Bindungen nicht entsprechen, die also in diesem Sinne „unökologisch“ sind. („Unökologisch“, weil Ökologie die Lehre der Beziehungen der Lebewesen untereinander sowie zu allen anderen Bestandteilen der Umwelt ist.) Gegensteuern können Firmen, indem sie ihre Führungsinstrumente auf Beziehungsmanagement erweitern; in der Regel ein Bereich voller Blind Spots. Dazu ein Beispiel: In einem Vorstandsgremium tobt über Wochen ein erbitterter Streit über die Budgetierung eines Großprojekts. Gutachten und Experten wechseln sich ab, die Marktanalysen nehmen kein Ende. Doch die Ursache liegt gar nicht im Thema. Treiber ist vielmehr ein Machtkampf zweier Ressorts: Ein Beziehungskonflikt, der in der notorischen Überblendung, die klassische Führung mit ihrem Fokus auf Strategie, Ziele, Mittel, Erfolgsmessung usw. nun einmal vornimmt, unsichtbar bleibt. Für klassische Führung ist das auch logisch, denn ökonomisch ist dieser ganze „menschelnde“ Bereich irrelevant (was er natürlich nicht ist, siehe Zeitfaktor). Eine Lösung findet sich erst, als die Machtverteilung auf Führungsebene geändert wird. Die Steuerung der Organisation erfolgt hier (nicht nur, aber ergänzt und häufig) über Führung als Gestaltung von Beziehungen. Die eigentliche Herausforderung liegt auf der Ebene der emotionalen Integration und genau dort wird das Problem auch gelöst, nicht über Fachlichkeit.
Interessante Führungsansätze findet sich zudem in den Arbeitsweisen des frühen Silicon Valley. Im frühen Apple-Universum etwa wurde systematisch extreme soziale Dichte erzeugt: Dissens darüber, wie es noch besser geht, was man außerdem versuchen könnte, wer eine coolere Idee hat. Solche strategisch von der Führung inszenierten „Straight Talks“ in Sachen Innovativität erzeugen jedoch – werden sie ausschließlich gewinnorientiert und nicht beziehungsbewusst getriggert – immense Kollateralschäden: von hohen Burn-out-Raten bis hin zu Ehe-Katastrophen. Das für uns Unglaubliche an dieser inhumanen Form innovationsexzessiver Führung: Gleichzeitig berichten Mitarbeiter, dass dies die intensivste und beste Zeit ihres Lebens gewesen sei, dass sie alles genauso wieder machen würden. Trotzdem gilt: Niemand muss so führen. Man könnte sich alternativ daranmachen, Organisationen zu bauen, die reibungsintensive Beziehungen in geistige Produktivität hineinführen, ohne die Beteiligten in Krankheit und privates Unglück zu stürzen. Die aktuell viel gepriesene „Working Experience“ könnte dazu beitragen, denn: Erst, wenn Beziehungen intakt und stark genug sind, rollenbezogenen „professionellen“ Dissens auch auszuhalten, kann man damit anfangen, über diesen Dissens Innovativität zu erzeugen. Solche feinen, aber zentralen Unterscheidungen trennen toxische Führung von Führungsökologie – und lehren überdies: Führungspathologien liegen auf bio-sozialer Ebene – nicht in fehlenden Kompetenzen oder „Skills"!
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