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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Henning Beck aus managerSeminare 306, September 2023
In der 3. Klasse wurde mir klar, wie Belohnungen nicht funktionieren. Es stand die Zeugnisvergabe mit richtigen Noten an, und wir Jungs wollten uns alle im Notenschnitt unterbieten (ja, wir waren kleine Streber). Jeder wurde einzeln aufgerufen, um sich dann sein Zeugnis abzuholen – alle mehr oder weniger stolz. Bis Daniela unter überschwänglichem Lob des Lehrers das beste Zeugnis der Klasse bekam. Die Lobpreisung war sicherlich gut gemeint und das Zeugnis auch wohlverdient. Aber für uns war das ein Schock! Auch noch geschlagen von einem Mädchen – iiiieeeh.
An dieser Stelle möchte ich kein schulisches Trauma aufarbeiten, sondern den Aspekt auf den psychologischen Kern der Zeugnisvergabe legen. In dem Bestreben, eine Person zu belohnen (mit einem Extralob) erzeugt man eine Person, die gewinnt. Und 29 Verlierer in der Klasse. Statt alle zu motivieren, fördert man ein Konkurrenzdenken und demotiviert die Mehrheit. Man fördert Neid und verschlechtert oftmals die individuellen Ergebnisse, weil man sich nur noch darauf konzentriert, die Belohnung zu bekommen, nicht darauf, seine beste Leistung zu zeigen.
Nicht nur in der Schule, überall im Leben sind wir von solchen Demotivationsfallen umgeben. Wir belohnen Leute vor allen anderen für ihre Leistung – dabei zeigt die Forschung, dass das die Leistung der gesamten Gruppe nicht unbedingt fördert. Soll eine Gruppe beispielsweise eine Aufgabe kreativ lösen und belohnt man anschließend ein Gruppenmitglied für seinen „herausragenden Beitrag“ gesondert, dann verschlechtert sich diese Gruppe immer weiter. Denn plötzlich ist es nicht genug, sein Bestes zu geben, es muss schließlich auch noch besser sein als das aller anderen.
„Undermining-Effekt“ nennt sich dieses Phänomen, dass man bei falsch gesetzten Motivationsanreizen an Leistung einbüßt. Insbesondere ist das bei geistigen Tätigkeiten der Fall. Denn wer noch aktiv denken muss, obwohl er eigentlich nur diese doofe Belohnung im Kopf hat, der kann eben nicht sein gesamtes kognitives Potenzial abrufen. Außerdem ist im Gehirn messbar: Sobald die Belohnung verschwindet, hat man auch keine Lust mehr, seine Leistung zu bringen. Irgendwann wird die Belohnung somit zu einer notwendigen Selbstverständlichkeit, um so zu arbeiten, wie sich jemand ohne Belohnung ohnehin reingehängt hätte. Wie viele „Bonus-Zahlungen“ sind aus diesem Grund eigentlich fest einkalkuliert im eigenen Gehalt? Und was würde passieren, wenn dieser „Bonus“ plötzlich ausbliebe?
Wie es anders geht, zeigte eine Schweizer Energiesparkampagne vor einigen Jahren. Typischerweise motiviert man Leute zum Energiesparen, indem man sie belohnt: Für jede eingesparte Kilowattstunde gibt’s ein paar Bonuspunkte, die man dann in eine tolle Prämie umtauschen kann. Im konkreten Fall ging man jedoch anders vor: Man stellte einer Gemeinde ein Energiesparportal online zur Verfügung, in das man seinen Energieverbrauch eintragen konnte – offen sichtbar für alle Nachbarn. Anschließend wurde man aber nicht danach belohnt, wie viel man selbst eingespart hatte, sondern danach, was die Nachbarn an Energie gespart hatten. Statt Individualbelohnungen stand die Gruppe im Vordergrund.
Trittbrettfahrer? Keine. Einsparleistung? Doppelt so viel wie bei klassischen Energiesparkampagnen. Hier sieht man, wie gute Belohnung von Teams funktionieren kann: indem man das Team in den Vordergrund stellt. Nicht das Individuum.
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