Schlauer lernen
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Gute Laune beim Problemlösen

Henning Beck erklärt, warum eine clevere Problemlösung aus kleinen Schritten besteht.

Manchmal stelle ich fest, wie deutsch ich denke. Immer, wenn ich in den USA bin, sind die dortigen Leute so optimistisch und zuversichtlich. Wer dort fehlerfrei mit Messer und Gabel essen kann, ist gleich „awesome“ und „great“. In Deutschland ist das größte Kompliment, dass es „nicht ganz so schlecht“ war. Schließlich hätte es „noch schlimmer kommen können“. Als ich kürzlich für eine Veranstaltung in den USA war, sollte ein Workshop über die „Vorteile des Pessimismus“ moderiert werden. Kein Wunder, dass ich das machen sollte. Schließlich kann ich als Deutscher praktisch jedem US-Amerikaner eine erquickende Lehrstunde in substanziellem Schwarzsehen erteilen.

Man unterscheidet in der Psychologie zwei Möglichkeiten, wie man Probleme anpackt: mit dem Vertrauen darauf, dass man es selbst in der Hand hat. Dann ist man meistens optimistisch, denn wer denkt, dass man es selbst sowieso nicht hinbekommt, der fängt auch gar nicht erst an. Oder man packt ein Problem unter der Annahme an, dass man auf eine günstige Fügung oder das Verhalten anderer angewiesen ist. Dann sind Menschen eher pessimistisch. Denn wer davon ausgeht, dass man es durch ungünstige Umstände nicht gebacken bekommt, der hält einen solchen Rückschlag besser aus. Aus diesem Grund beurteilen in Meinungsumfragen Menschen ihre persönliche Zukunft immer positiver als die Zukunft der Gesellschaft, des Landes oder gar der ganzen Welt.

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Die Ironie dabei: Gerade dadurch, dass wir Probleme selbst anpacken, können wir auf Lösungen kommen, die wir heute noch gar nicht kennen. Heute macht man hingegen oft das Gegenteil: Man analysiert nach rationalsten Standards die Probleme der Gegenwart, um festzustellen, dass sich die aktuell größten Probleme gar nicht lösen lassen. Sonst wären es keine großen Probleme. Anschließend schreibt man die Probleme der Gegenwart in die Zukunft fort – die Lösungsmöglichkeiten aber nicht. Aus dieser Asymmetrie folgern wir, dass wir den größten Problemen hilflos gegenüberstehen und können uns nicht vorstellen, dass wir heutige große Probleme morgen vielleicht lösen könnten. Nicht weil eine Wundertechnologie vom Himmel fällt, sondern weil wir im Hier und Jetzt mutig und gestalterisch nach der kleinen Verbesserung suchen. Die weitere Ironie: Je rationaler man die Gegenwart analysiert und seinen Pessimismus begründet, desto schlauer wirkt man. Dabei zeigte eine niederländisch-deutsche Studie (ja, eine deutsche Studie), dass zynische Menschen für intelligenter gehalten werden, in kognitiven Tests jedoch schlechter abschneiden.

Was folgt daraus? Eine clevere Problemlösung erfordert, dass man sich mutig mit einem Problem beschäftigt und sich eine kleine Verbesserung überlegt. So erfährt man, dass man es tatsächlich selbst in der Hand hat. Im Gehirn setzt anschließend eine Bestätigungsschleife ein: Der (marginale) Fortschritt im Jetzt wird als Anknüpfungspunkt genutzt, um sich Stück für Stück weiter zu verbessern. So entsteht im Laufe der Zeit eine „Verbesserungsgewohnheit“: Man arbeitet große Probleme in kleinen, aber regelmäßigen Schritten ab. Genau deswegen ist es sinnvoller, sich vorzunehmen, selten, aber regelmäßig Sport zu treiben, statt irgendwann einen Marathon zu bestreiten. Durch „Marginal Gains“, durch regelmäßige Mikroverbesserungen wird Fortschritt praktisch greifbar – und wir werden optimistischer. Denn noch nie wurde die Welt von denen verbessert, die dachten, alles würde den Bach runtergehen.

Der Autor: Henning Beck ist Neurowissenschaftler, und zwar einer der verständlichen. In Vorträgen und Seminaren vermittelt er die spannenden Themen des Gehirns. Sein aktuelles Buch heißt „12 Gesetze der Dummheit“. Kontakt: ­henning-beck.com

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