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Neue Emotionsforschung
Neue Emotionsforschung

Umdenken beim Fühlen

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Gefühle spielen im Arbeitsleben eine große Rolle. Deswegen gilt vielen emotionale Kompetenz als Future Skill schlechthin, die empathische Führungskraft als neues Leadership-Ideal. Doch stimmt das, was wir über Emotionen zu wissen glauben, überhaupt? In ihrem gerade auf Deutsch erschienenen Buch „Wie Gefühle entstehen“ stellt die Hirnforscherin Lisa Feldman Barrett unsere Überzeugungen auf den Kopf.

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Cover managerSeminare 308 vom 20.10.2023Hier geht es zur gesamten Ausgabe managerSeminare 308

Ein TED Talk aus dem Jahr 2017, auf der Bühne eine Frau, blaues Stretchkleid, schwarze Lederjacke, freundlicher, wacher Blick. Schon in Minute eins ihres Vortrags schafft es die Rednerin, uns zu packen. Denn ihr Einstieg hat es in sich, sie erzählt von einem Ereignis aus dem Jahr 2013. Damals gab es in der Nähe ihres Forschungslabors in Boston einen Anschlag auf einen Marathon. Bomben explodierten, Menschen starben, der überlebende Attentäter, ein Mann aus Tschetschenien, landete vor Gericht. Soll er lebenslänglich ins Gefängnis oder die Todesstrafe erhalten? Vor dieser Frage standen die Geschworenen – und sie legten die in solchen Fällen übliche Messlatte an: Bereut der Täter oder nicht? Tatsächlich äußerte der Bombenleger Reue, doch rein verbal, man sah sie ihm nicht an, sein Gesicht war wie versteinert. Der Mann wurde zum Tode verurteilt. Natürlich sei er schuldig gewesen, sie stehe nicht auf der Bühne, um darüber zu debattieren, betont die Rednerin. Doch dann kommt eine Aussage, die es in sich hat: „Als Wissenschaftlerin muss ich Ihnen sagen, dass Geschworene weder Reue noch irgendeine andere Emotion jemals in jemandem lesen können. Und Sie und ich können das auch nicht!“

Die Frau auf der Bühne ist Lisa Feldman Barrett. Die Professorin für Psychologie an der Northeastern University forscht seit 25 Jahren als Kognitions- und kognitive Neurowissenschaftlerin über Gefühle. Dabei wollte die gebürtige Kanadierin eigentlich gar nicht in die Forschung gehen, sondern Therapeutin werden. Doch während ihres Studiums hatte sie eine Art Erweckungserlebnis: Sie untersuchte damals, wie Angststörungen und Depressionen entstehen. Die These hinter ihrer Forschungsarbeit war, dass Menschen depressiv werden, wenn sie ihren eigenen Idealen nicht gerecht werden, und dass sie ängstlich werden, wenn sie den Vorstellungen anderer nicht entsprechen. Ängstlichkeit sollte sich in Reaktionen wie Unruhe, Zittern und Besorgnis zeigen, Depressivität in gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit und Trägheit.

Folgenreicher Verdacht: Gibt es keine angeborenen Emotionsschaltkreise?

Feldman Barrett startete, indem sie die Vorarbeiten anderer Wissenschaftler zu replizieren versuchte. Doch dabei stieß sie auf ein Problem: Viele ihrer Probandinnen und Probanden waren offenbar nicht willens oder nicht in der Lage, zwischen Ängstlichkeit und Depressivität zu unterscheiden. Nach acht gescheiterten Versuchen dämmerte es der Jungforscherin schließlich: „Diese neuen Experimente offenbarten etwas, was bisher noch nirgendwo dokumentiert war: Jede der befragten Personen verwendete Begriffe wie wütend, traurig oder ängstlich, um ihre Emotionen auszudrücken, doch war damit nicht unbedingt dasselbe gemeint.“ Diesen Initial-Moment beschreibt Feldman Barrett in ihrem 2017 erstmals veröffentlichten populärwissenschaftlichen Buch „How Emotions are made – The Secret Life of the Brain“, das kürzlich auf Deutsch erschienen ist (siehe Kasten „Mehr zum Thema“).

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