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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Stefan Kaduk, Dirk Osmetz aus managerSeminare 324, März 2025
Nötige begriffliche Pedanterie: Was ist riskant, was ungewiss?
Vogel-Strauß-Politik: Warum wir Extremistan ignorieren
Der scheingenaue Zukunftsblick: Wie viel wert ist die Planzahl?
Anders kalkuliert: Was kostet eigentlich Scheinpräzision?
Stress yourself: Training für die Ungewissheit
Irgendwo am Rand der Autobahn zwischen Hamburg und Lissabon steckt eine zwei Zentimeter breite und zwei Meter hohe Holzlatte am Straßenrand. Sie haben keine Ahnung, wo sie sein könnte. Und doch sollen Sie sie treffen – mit einer Pistole, während Sie nachts die Strecke mit dem Auto abfahren. Zu einem frei wählbaren Zeitpunkt kurbeln Sie die Fensterscheibe herunter und schießen in Richtung Straßenrand. Ein einziges Mal. Wenn Sie die Latte treffen, haben Sie gewonnen.
Mit diesem Beispiel illustriert der Mathematiker und Wissenschaftsjournalist Christoph Drösser die Wahrscheinlichkeit eines Lotto-Sechsers mit Superzahl. Sie liegt bei 1 zu 140 Millionen. Ob sich die rund 28 Millionen regelmäßigen und gelegentlichen Lottospieler in dieser Deutlichkeit über die Gewinnchancen im Klaren sind? Jedenfalls ist das Glücksspiel eine der wenigen Domänen, in denen sich die Akteure der Risiken ihres Einsatzes, zum Beispiel ihrer eingesetzten Zeit oder ihres eingesetzten Geldes, vollständig bewusst sein könnten (sofern sie sich darüber informieren würden). Es geht ausschließlich um die reine Logik, da es hieb- und stichfeste Wahrscheinlichkeiten gibt. Man ist noch nicht einmal auf das Erfahrungswissen von Experten und deren Prognosen angewiesen. Das ist Risiko in Reinform – berechenbar und bewertbar. In der Statistik ist dann von bekannten Eintrittswahrscheinlichkeiten und Erwartungswerten die Rede.
Die Welt ist allerdings nicht so berechenbar wie das legale Glücksspiel. Das wussten schon die großen Mathematiker vergangener Jahrhunderte. So hat Jakob Bernoulli den Begriff der „Stochastik“ geprägt. Dieses Teilgebiet der Mathematik, das sich mit Wahrscheinlichkeitstheorie und mathematischer Statistik befasst, bedeutet aus dem Griechischen übersetzt: „Die Kunst des Vermutens“. Und Pierre-Simon de Laplace hatte bereits erkannt, dass die wichtigsten Fragen im Leben nur Probleme der Abschätzung von möglichen Ereignissen sind, zumindest größtenteils, und keine Berechnungen. Das Glücksspiel ist riskant, aber noch lange nicht ungewiss. Risiko, Unsicherheit, Ungewissheit – das klingt zwar alles irgendwie gleich, nach dem Gegenteil von „sicher“ und „prognostizierbar“. Doch es handelt sich um drei fundamental verschiedene Kategorien, die im Organisationskontext pedantisch unterschieden gehören.
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