Philosophie in praktische Leitorientierungen umzusetzen und in die Management-Toolbox zu integrieren, ist generell nicht einfach. Im Besonderen gilt es aber für die Philosophie von Jacques Derrida. Als in Algerien geborener, französischer Jude hatte Derrida einiges an schwer zu vereinbarendem Kulturgut in sich zu versöhnen. Diese Erfahrungen sind die Wurzel eines Denkens, das in keine Schublade passt, das nichts als gegeben hinnimmt, das auch das, was noch keiner hinterfragte, hinterfragt. Schlüssel zu Derridas Philosophie ist der von ihm kreierte Begriff 'Dekonstruktion', der mit seiner eigentümlichen Verknüpfung von Destruktion und Konstruktion, von Zerlegen und Zusammensetzen, unter Philosophen, Kultur- und Sozialwissenschaftlern weltweit für Furore gesorgt hat.
Derridas Bedeutung für die ökonomische Wissenschaft und Praxis ist hingegen noch kaum erschlossen. Und doch hat dieser maßgebliche Denker der Postmoderne Managern einiges zu bieten: Indem er die blinden Stellen unseres Denkens aufdeckt, eröffnet er eine neue Sicht auf die Wirtschaft und liefert gleichzeitig eine Denkvorlage für Innovation.
Derrida wendet sich der Ökonomie in einer von vornherein ungewöhnlichen Weise zu. Er fragt nicht danach, wie die Ökonomie funktioniert, wer profitiert oder wie das zu bewerten ist. Er fragt vielmehr: 'Was ist die Ökonomie?' Auf den ersten Blick ist das eine akademische Frage, von der kaum alltagsrelevante Antworten zu erwarten sind. Aber es gibt einen ganz praktischen Grund, sie zu stellen: Denn allzu leicht kann man in einem bestimmten System arbeiten und bestens Bescheid wissen, wie alles funktioniert, und dennoch völlig darüber im Unklaren bleiben, was das eigentlich für ein System ist. Und das kann sich schnell zu einer Betriebsblindheit verfestigen, die zu verhängnisvollen Fehlern führt und Innovation behindert.
Extra:- Jacques Derrida im Kurzporträt – Leben und Lehre