Für alle Fragen rund um unsere Webseite, unsere Medien und Abonnements finden Sie hier den passenden Ansprechpartner:
Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Martin Wehrle aus managerSeminare 291, Juni 2022
Stellen Sie sich vor, eine Mitarbeiterin legt Ihnen zum wiederholten Mal eine auffallend hohe Spesenabrechnung vor. Ihre Kolleginnen und Kollegen rechnen bei ähnlichen Reisen weniger ab. Nun wollen Sie das Thema mit der Mitarbeiterin klären. Wie genau werden Sie in dem Gespräch vorgehen? Eine schlechte Idee wäre es, die Mitarbeiterin sofort zu fragen: „Warum rechnen Sie eigentlich immer 50 Euro mehr als Ihre Kollegen ab?“ Das klingt nicht nach einer interessierten Frage, sondern nach einer Anklage.
Es gibt eine Struktur aus dem Coaching, die in solchen Gesprächen als Leitplanke dienen kann, die LIMO-Methode. L steht für „Loben“, I für „Interesse bekunden“, M für „Mängel ansprechen“ und O für „Offenheit vermitteln“. In diesem Fall könnte das „LIMO-Gespräch“ so laufen:
L(oben): „Ich finde es gut, dass du in den vergangenen Monaten so oft vor Ort bei den Kunden warst. Damit stellen wir eine persönliche Nähe her, von der unser Geschäft profitiert. Und ich weiß ja selbst, dass diese mehrtägigen Reisen sich nicht so einfach mit dem Privatleben vereinbaren lassen. Danke für deinen Einsatz.“
I(nteresse): „Erzähl mir etwas über deine Reisen und deine Strategie. Was machst du genauso wie deine Kollegen, was anders? Welche Veränderungen am Markt hast du beobachtet? Welche Wünsche der Kunden und Kundinnen hälst du für die wichtigsten?“
M(ängel): „Mir ist aufgefallen, dass deine Spesenabrechnungen höher als bei den Kollegen sind. Im Moment sind die Etats ziemlich knapp, deshalb ist hier Sparsamkeit nötig.“
O(ffenheit vermitteln): „Erzähl mir, wie es zu dem Mehrbedarf kommt? Inwiefern profitiert die Firma davon? Angenommen, du hättest den doppelten Reiseetat zur Verfügung – was würdest du dann tun? Und angenommen, der Etat würde um 50 Prozent gekürzt – wie müsstet du dann vorgehen, um noch klarzukommen?“
Gut möglich, dass sich die kritische Ausgangsfrage schon in der zweiten Phase (Interesse) klärt, etwa weil – um im Beispiel zu bleiben – die Mitarbeiterin tatsächlich etwas anders macht als die Kollegen. Vielleicht fährt sie zusätzliche Wege. Oder spricht mehr Einladungen aus. Oder hat gute Gründe, etwas teurer zu übernachten. Dann ist es eventuell gar nicht notwendig, die Ausgangsbeobachtung, die Anlass für das Gespräch war, zu benennen. Und falls doch, ist es wichtig, die Methode unbedingt zu Ende zu führen: Also nicht nach der Benennung „der Mängel“ das Zepter dem Gegenüber zuschieben, sondern Offenheit signalisieren, um die Beziehung zu stabilisieren und die Gesprächspartnerin nicht auf die Anklagebank zu drängen.
Die besondere Stärke dieser Methode besteht darin, dass sie einem selbst zur Offenheit verhilft. Und wenn das Lob am Beginn aufrichtig ist, dann öffnet sie auch das Gegenüber. Viele Führungskräfte haben mir schon gesagt, dass sie kritische Gespräche mit Mitarbeitenden lange vor sich hergeschoben haben. Aber seit sie mit dieser Methode arbeiten, fällt es ihnen viel leichter, kritische Punkte anzusprechen und gute Vereinbarungen zu finden. Die Mischung aus aufrichtigem Interesse und klaren Worten erleichtert natürliche Gespräche und führt zu nachhaltigen Ergebnissen.
Sie möchten regelmäßig Beiträge des Magazins lesen?
Für bereits 10 EUR können Sie die Mitgliedschaft von managerSeminare einen Monat lang ausführlich testen und von vielen weiteren Vorteilen profitieren.