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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Martin Wehrle aus managerSeminare 307, Oktober 2023
Menschen kämpfen oft mit Spannungen. Zum Beispiel sagt ein Teamleiter zu seiner Abteilungsleiterin: „Egal, was ich tue, irgendwem aus meinem Team trete ich auf die Füße.” Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass ein Teil der Gruppe offenbar mehr klare Ansagen fordert, während der andere sich schon jetzt bevormundet fühlt. „Wenn ich deutlich den Weg vorgebe, bringe ich die einen gegen mich auf. Und wenn ich es unterlasse, sind die anderen mit mir unzufrieden“, beschreibt der Teamleiter die Zwickmühle, die unlösbar scheint.
Im Coaching kommt in solchen Fällen manchmal die Methode „Panta Rhei“ zur Anwendung, die auf folgendem Gedankenspiel fußt: Jedes Problem gleicht einem Staudamm, der den natürlichen Fluss der menschlichen Energie behindert. Wer sich seit längerer Zeit in einem Problem befindet, verfügt also nicht über ein kleines, sondern über ein besonders hohes Maß an Energie – sofern es gelingt, die mentale Schleuse zu öffnen. Der Begriff „Panta Rhei“ bedeutet „Alles fließt“ und geht zurück auf den griechischen Philosophen Heraklit.
Die dazugehörige Kernfrage lautet: Wie gelingt es, die blockierte Energie ins Fließen zu bringen und somit im wahrsten Sinne einen Durchbruch herbeizuführen? Ein bewährter Weg: das Gegenüber dabei unterstützen, die scheinbar negative Situation in ein positives Licht zu rücken. Oft enthält eine verzwickte Situation nämlich heimliche Hinweise auf Ressourcen und Stärken. Fragen können diese ans Licht bringen.
In Panta-Rhei-Manier könnte die Atleilungsleiterin zum Beispiel fragen: „Inwieweit ist es ein Vorteil, dass du so unterschiedliche Charaktere in deinem Team hast?“ Oder: „Geh doch einmal davon aus, dass eine große Chance darin liegt, wenn einige Teammitglieder ihre Komfortzone verlassen und du sie mehr laufen lässt, obwohl sie es sich anders wünschen. Welche Chance zur persönlichen Weiterentwicklung könnte sich daraus ergeben? Und wie könnte sich das positiv auf die Effektivität des Teams auswirken?“ Oder: „Angenommen, du führst situativ und bist in der einen Situation konsequenter und gibst mehr Vorgaben, und in der anderen hältst du dich bewusst zurück – spiel doch mal in Gedanken durch, wie du dabei auf die Wünsche beider Seiten eingehen könntest.“ Je größer das Problem im Kopf des Gegenübers ist und je länger es dies mit sich herumträgt – je mehr Problemenergie sich also aufgestaut hat – desto schneller werden die Antworten sprudeln.
Ein weiterer Ansatzpunkt, um die blockierte Energie ins Fließen zu bringen: das Bedürfnis des Gegenübers, das sich im Problem widerspiegelt, durch eine positive Rückmeldung herausarbeiten. Im Beispiel könnte das etwa so klingen: „Offenbar ist es dir wichtig, jedem Mitglied deines Teams gerecht zu werden, statt mit der Gießkanne zu führen. Das spricht meiner Meinung nach für ein hohes Verantwortungsbewusstsein und erhöht die Chance, dass du intuitiv den richtigen Weg einschlagen wirst.“
Das Ziel eines solchen Panta-Rhei-Gesprächs liegt nicht darin, einen detaillierten Lösungsweg zu entwickeln. Es geht darum, die emotionale Blockade zu lösen. Sobald das Gegenüber sich auf die Chancen und Ressourcen konzentriert, bricht der Damm auf und die Energie fließt wieder – und zwar in Lösungsbahnen. Der Rest passiert oft wie von allein.
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