Führung

Arbeitsweltlehren aus dem Kloster
Arbeitsweltlehren aus dem Kloster

Old New Work

„New Work“ gibt es auch dort, wo man es nicht erwartet. Klöster etwa sind eine uralte Organisationsform, in der teilweise erstaunlich modern anmutende Prinzipien von Führung und Zusammenarbeit gelebt werden. Ein Blick ins Regelwerk des Benediktinerordens – und Alltagsleben in der Abtei Münsterschwarzach – zeigt, wie eine Klostergemeinschaft mit Servant Leadership, Partizipation und Co. umgeht.

Preview

Purpose-Orientierung: Wie Klöster Zweck und Mittel in Einklang bringen

Servant Leadership: Was es heißt, Führung als Dienen in Demut zu begreifen

Discretio: Wie das Prinzip, immer das rechte Maß zu finden, auf die Führungsinteraktion wirkt

Partizipation: Wie Klöster Mitbestimmung gestalten


Cover managerSeminare 296 vom 21.10.2022Hier geht es zur gesamten Ausgabe managerSeminare 296

New Work scheint eine durch und durch moderne Erscheinung zu sein, abgeleitet aus den Herausforderungen unserer volatilen Welt: Unternehmen müssen agil und anpassungsfähig sein und brauchen daher mehr Entscheidungskompetenzen an der Basis, mehr Eigenverantwortung beim Einzelnen, und Führungsmodelle, bei denen es eher um Unterstützung als um Anweisung und Kontrolle geht.

Wer auf New-Work-Elemente dieser Art setzt, glaubt, sich damit auf völlig neues Terrain zu begeben beziehungsweise sich allenfalls auf den Spuren hipper Pionierfirmen aus dem Silicon Valley zu bewegen. Dabei haben diese Organisationselemente eine viel längere Historie: Es gab und gibt sie auch in einem organisationalen Kontext, der so gar nichts mit trendigen kalifornischen Softwarefirmen zu tun hat. Tatsächlich sind Klöster – unter denen sich die meisten von uns spontan wohl eher ein autoritär organisiertes Sozialgefüge vorstellen – in mancherlei Hinsicht erstaunlich nah dran an dem, was heute das Etikett New Work trägt.

Klöster, etwa die des Benediktinerordens, sind eine der erfolgreichsten Organisationsformen überhaupt. Gemessen daran, dass sie sich über Jahrhunderte hinweg an höchst unterschiedliche räumliche und zeitliche Kontexte angepasst haben, sind sie auch eine wahrhaft agile Organisation. Im Fall des Benediktinerordens hat die sogenannte Regula Benedicti in dieser Hinsicht eine entscheidende Rolle gespielt. Dabei handelt es sich um eine konkrete Handreichung zur Organisation eines Klosters, die Benedikt von Nursia um das Jahr 540 herum verfasst hat. Die Regel ist einerseits sehr konkret, andererseits aber auch offen für eine flexible Anwendung. Sie konnte deshalb ebenso zur Organisationsgrundlage für kleine Gemeinschaften im ländlichen Mittelitalien des 6. Jahrhunderts werden, wie sie es für prächtige Abteien am Rande einer südkoreanischen Millionenmetropole im 21. Jahrhundert ist. Spannend an dem Regelwerk ist allerdings nicht nur, dass es eine flexible Auslegung erlaubt, sondern auch, dass es sehr viel von dem enthält, was heute im Kontext von New Work als vorteilhafte Organisations- und Führungsweise diskutiert wird. Am wenigsten erstaunlich ist dabei wahrscheinlich, dass sich die Ordensgemeinschaft des heiligen Benedikt seit jeher von einem tieferen Sinn und Zweck leiten lässt, neudeutsch Purpose genannt. In der Regula Benedicti ist dieser Purpose im Satz „... damit in allem Gott verherrlicht werde“ auf den Punkt gebracht.

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