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Weiterbildungsbranche kämpft um Mindestlohn

Gewerkschaften und  Berufsverbände wollen einen Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche durchsetzen. Allerdings kämpfen sie nicht für alle Arbeitnehmer: Der vorgelegte Tarifvertrag hat einen eingeschränkten

Gewerkschaften und  Berufsverbände wollen einen Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche durchsetzen. Allerdings kämpfen sie nicht für alle Arbeitnehmer: Der vorgelegte Tarifvertrag hat einen eingeschränkten Geltungsbereich.

1.200 Euro brutto für eine Vollzeitstelle – das kommt in der Erwachsenenbildung vor. Darf es aber nicht, meinen Gewerkschaften und Berufsverbände und haben bis zum gesetzlich vereinbarten Stichtag, dem 31. März 2008, bei Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) die Aufnahme ins Entsendegesetz beantragt. Damit wollen sie einen Mindestlohn durchsetzen.

Für den Mindestlohn kämpft eine Zweckgemeinschaft von Mitgliedsunternehmen, die sich im Bundesverband der Träger der beruflichen Bildung (BBB) gebildet hat. Gemeinsam mit Ver.di und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben sie einen Tarifvertrag vereinbart, in dem Lohnuntergrenzen festgehalten werden.
Demnach sollen pädagogische Mitarbeiter pro Stunde mindestens 12,28 Euro (West) bzw. 10,93 Euro (Ost) verdienen. Für die Mitarbeiter in der Verwaltung sind mindestens 10,71 Euro (West) beziehungsweise 9,53 Euro (Ost) vorgesehen.

Allerdings soll der Mindestlohn nicht für die gesamte Weiterbildungsbranche gelten. Der Tarifvertrag will nur eine Gruppe unter ihren Schutz stellen: die 'Träger der beruflichen Bildung, die überwiegend für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen im Bereich der außerbetrieblichen Qualifizierung oder der sozialen und beruflichen Integration tätig sind', wie es im vorgelegten Tarifvertrag heißt. Das bedeutet im Klartext: Der Mindestlohn wird nur für diejenigen Träger gelten, deren Kunde die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist. 'Betroffen sind ca. 23.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte', erklärt Renate Singvogel von Ver.di.

Warum der Geltungsbereich auf diese Zielgruppe beschränkt wurde? 'Weil der Preisdruck in diesem Segment besonders hoch ist', so die Gewerkschafterin. Seit der Einführung der Hartz-IV-Gesetze schreibt die BA Weiterbildungsmaßnahmen, die sie beauftragt, aus. Und entscheidet sich oft für den günstigsten Anbieter. Die Folge ist ein 'ruinöser Wettbewerb', wie es Edgar Schramm, Sprecher der Zweckgemeinschaft, formuliert. 'Und dieser Wettbewerb vollzieht sich seit längerem auf dem Rücken der Beschäftigten', moniert er. Nicht selten würden Arbeitnehmer in der Weiterbildung mit einem Stundenlohn von sieben Euro abgespeist. 'Das liegt sogar unter dem gesetzlich geforderten Mindestlohn von 7,50 – und der ist für den Niedriglohnsektor angesetzt', verdeutlicht Singvogel.

Die Auswirkungen auf die Branche werden unterschiedlich beurteilt

Von einem Mindestlohn würden nicht nur die Beschäftigten profitieren – auch der Branche würde er nutzen, meinen die Befürworter. Denn die derzeitige Vergabepraxis der BA, die sich vor allem am Preis der Anbieter orientiert, hat den Markt aus dem Lot gebracht, meint Ver.di-Vertreterin Singvogel: 'Es sind unseriöse Anbieter aufgetaucht, die ihre Angebote schnell zusammenschustern und ihre Mitarbeiter kurzfristig anheuern', berichtet sie. 'An nachhaltigem Know-how und hoher Qualität haben diese Anbieter kein Interesse.'

Ganz anderer Meinung sind die Gegner des Mindestlohns: Sie finden, dass die Lohnuntergrenze die Branche beschädigt. 'Eine Vereinheitlichung der durch hohe Kundenorientierung und unternehmensnahe Dienstleistungen geprägten Branche ist kontraproduktiv für die Marktnähe und letztlich auch für die Qualität in der Weiterbildung', warnt Carsten R. Löwe vom Wuppertaler Kreis.

Vor Jahresende ist der Mindestlohn nicht in Sicht

Im weiteren Prozess steht jedoch nicht die inhaltliche Debatte, sondern ein formales Kriterium im Vordergrund: Die Koalition muss jetzt prüfen, ob mindestens 50 Prozent der betroffenen Unternehmen tarifgebunden sind. Nur wenn das der Fall ist, können Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden. Während der Wuppertaler Kreis bezweifelt, dass der Zweckverband die erforderliche Quote erfüllt, ist Renate Singvogel optimistisch: 'Unseres Erachtens erfüllen wir die Kriterien.'

Wenn die Koalition der gleichen Meinung ist, wird das Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt. 'Das dauert seine Zeit', meint Renate Singvogel. 'Den Mindestlohn wird es nicht vor Ende des Jahres 2008 geben', schätzt sie.

Autor(en): (Corinna Moser)
Quelle: Training aktuell 05/08, Mai 2008
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