Öffentlich finanzierte Weiterbildungsanbieter kooperieren immer öfter mit privatwirtschaftlichen. Was versprechen sie sich von der Partnerschaft? Training aktuell mit zwei aktuellen Beispielen.
Bisher gab es in der Bildungsbranche eine klare Trennlinie: Auf der einen Seite die öffentlich finanzierte Bildung, auf der anderen Seite die privatwirtschaftliche. Doch mittlerweile verschwimmt die Grenze. Immer öfter kooperieren Anbieter aus beiden Bereichen miteinander. Der Grund: Auch staatlich finanzierte Weiterbildungsträger stehen zunehmend unter Druck, wirtschaftlich zu arbeiten. Durch die Kooperationen wird ein größeres Angebot möglich. Wie die Zusammenarbeit aussehen kann, zeigt Training aktuell anhand von zwei Kooperationen, die in diesem Sommer bekannt gegeben wurden.
Das erste Beispiel für eine so genannte Public/Private-Partnership ist die Zusammenarbeit der baden-württembergischen Führungsakademie und der SRH Hochschule Heidelberg. Die staatliche Kaderschmiede aus Karlsruhe, die Beamte auf Führungspositionen vorbereiten soll, hat im Juni 2008 einen Kooperationsvertrag mit der Tochter der umsatzstarken SRH Holding geschlossen. Erstes gemeinschaftliches Projekt der süddeutschen Paarung ist eine gemeinsam angebotene Coaching-Ausbildung.
Eine Coaching-Ausbildung wird wissenschaftlich geadelt
Der Clou der Kooperation: Bei der modular aufgebauten Coaching-Ausbildung handelt es sich um einen Lehrgang, den die Führungsakademie schon seit Jahren erfolgreich anbietet. Was den Karlsruhern jedoch fehlte, waren die wissenschaftlichen Weihen für ihre Ausbildung – und die soll nun die staatlich anerkannte SRH Hochschule liefern. Der Weiterbildungsanbieter aus Heidelberg erhält im Gegenzug eine bewährte Ausbildung, die er als so genanntes Kontaktstudium in sein eigenes Angebot integriert.
Die Vereinbarung sieht folgendes vor: Alle Bestandteile der Coaching-Ausbildung wie etwa die Seminare oder das Lehrcoaching verantwortet weiterhin die Führungsakademie. Zum Abschluss der Ausbildung bekommen die Lehrgangsteilnehmer wie gehabt ein Zertifikat, das etwa vom Deutschen Bundesverband Coaching e.V. (DBVC) anerkannt ist. Von der SRH können die Lehrgangsteilnehmer jetzt aber zusätzlich ein Hochschulzertifikat bekommen. Allerdings müssen sie dafür eine Zwischen- und eine Abschlussprüfung in der Fachhochschule bestehen.
Zusammenarbeit soll ausgebaut werden
'Die Kooperation ist eine echte Win-Win-Situation', freut sich Thomas E. Berg, Generalsekretär der Führungsakademie Baden-Württemberg. 'Wir erweitern gegenseitig unsere Kundenprofile.' Mit einem Stellenabbau ist die Zusammenarbeit nicht verbunden: 'Im Gegenteil: Wir wollen für zusätzliche Nachfrage und damit mehr Stellen sorgen.'
Auch bei der SRH Holding ist man von einer gewinnbringenden Beziehung überzeugt und bedenkt bereits weitere Tätigkeitsfelder: 'Im Feld Gesundheitsförderung und Disability Management sind weitere Kooperationen geplant', erklärt Professor Dr. Gustav Rückemann, Prorektor der SRH Hochschule.
Beflügelt worden sein dürften die Ideen zu weiteren Kooperationsprojekten auch durch den jetzt schon ersichtlichen Erfolg des ersten Gemeinschaftsprojekts: Der erste gemeinsam angebotene Coaching-Lehrgang, der im Herbst beginnt, ist bereits ausgebucht. Nur für die parallel laufende Blended-Learning-Ausbildung im Coaching gibt es noch ein paar Plätze.
Eine VHS macht gemeinsame Sache mit einer SprachschuleWie eine Public-Private-Kooperation im kleinen Rahmen aussehen kann, zeigt das zweite Beispiel: die Volkshochschule Kaarst-Korschenbroich. Die VHS arbeitet seit Juli 2008 mit Dive in Languages zusammen und ist damit nach eigenen Angaben die erste Volkshochschule, die mit einer privaten Sprachschule kooperiert.
Was die beiden zusammengebracht hat? Die so genannte Immersion-Methode, nach der die Sprachschule unterrichtet. An dieses System glaubt auch Mary Bianchi, Sprachenleiterin der Volkshochschule, und wird es in ihr Programm integrieren.
Konkurrenz werden sich die beiden nordrhein-westfälischen Kursanbieter, die dann beide mit der gleichen Methode werben, nicht machen: Die Sprachschule unterrichtet nur unternehmensintern, die Volkshochschulkurse richten sich an Selbstzahler.
Das neue Angebot wird vorsichtig eingeführtWie die Zusammenarbeit abläuft? Die Honorarkräfte der VHS können sich im Immersion-Ansatz ausbilden lassen und danach in der neuen Methode unterrichten. Ihr Anreiz: Sie sollen bis zu 30 Prozent mehr verdienen als Kollegen, die am alten Unterrichtsstil festhalten. Bianchi rechtfertigt die höhere Entlohnung wie folgt: 'Die Dozenten leisten durch ihr Back-up zwischen den Kurs-Abenden definitiv mehr als die Kollegen in den Standardkursen.'
Neuer Auftraggeber für die VHS-Dozenten?Mit einem weiteren Argument wollen die Partner den VHS-Dozenten den Umstieg schmackhaft machen: Wenn sie das Zertifikat erworben hätten, könnten sie auch stundenweise bei Dive in Languages unterrichten, heißt es. Für diese Aussicht auf zusätzliches Einkommen müssen die VHS-Dozenten, die von jeher mit mageren Stundenlöhnen auskommen müssen, jedoch erst einmal in Vorleistung treten: Sie müssen sich nach der neuen Methode zertifizieren lassen. 'Die Erstausbildung mit acht Zeitstunden kostet unter 100 Euro und wird teilweise finanziell unterstützt', wirbt VHS-Verantwortliche Bianchi für das System. Wie teuer der gesamte Weg bis zum 'Dive in Languages Immersion Certificate' ist, lässt Bianchi jedoch offen.
Ein vorsichtiger EinstiegOb die VHS-Kunden und -Dozenten dieses Angebot annehmen werden, ist freilich noch nicht klar. Bianchi ist vorsichtig und bietet in diesem Wintersemester nur einen Kurs nach der Immersion-Methode an. Aber 'die Resonanz ist gut und das ermutigt mich, weitere Kurse im Frühjahr 2009 anzubieten'.