Banken, Versicherungen und Automobilkonzerne zählen zu den zahlungskräftigen Großkunden der Weiterbildungsbranche. Deren Kampf ums wirtschaftliche Überleben trifft auch viele Trainingsanbieter ins Mark – jeder zweite verzeichnet Auftragsrückgänge, jeder vierte sieht sich genötigt, seine Honorarsätze zu senken.
'Verharren und erst mal nichts tun.' – Die Unsicherheit ihrer Auftraggeber zwingt auch die Weiterbildungsanbieter zur Untätigkeit. Und so ist es auch kein Wunder, dass die Wirtschaftskrise das beherrschende Thema unter den 720 Weiterbildungsanbietern und 96 Personalverantwortlichen ist, die sich im August 2009 an der jährlichen Trendanalyse des Verlags managerSeminare beteiligten. Es sind vor allem die großen Konzerne und darunter die an sich so weiterbildungsaffinen Branchen wie Banken, Versicherungen und Automobil, die ihre Weiterbildungsbudgets meist 'über Nacht' auf Null setzten. Gespart wird vor allem an den 'Brot- und Butterthemen', den offenen Seminarangeboten bzw. den Standardschulungen für die breite Mitarbeiterschaft. Jeder zweite Weiterbildungsanbieter muss aktuell einen Rückgang der Aufträge hinnehmen, lediglich ein gutes Viertel verzeichnet gegenüber dem Vorjahr eine bessere Auslastung. Dieser Einbruch erinnert damit frappierend an das Jahr 2001, als nach der New-Economy-Euphorie und den Terroranschlägen die Börsenkurse ebenfalls abstürzten und die Weltwirtschaft mit sich rissen. Diesmal geht es noch ein wenig steiler bergab.
Zwischen Panik und 'Jetzt erst recht!'
Einmal mehr zeigt sich allerdings auch, wie unterschiedlich die einzelnen Unternehmen mit der Situation umgehen. Die Statements der Anbieter zeigen eine große Bandbreite: 'Einige Kunden investieren wegen der Krise deutlich mehr, andere stellen Weiterbildung komplett ein', 'Budgets für Weiterbildung wurden häufig um 20 bis 30 Prozent pauschal gekürzt – ohne Differenzierung nach Effektivität von Veranstaltungen und Kundennutzen' oder 'Große Konzerne und Akademien sagen gebuchte Trainings ab, dafür buchen Mittelstand und Non-Profit-Unternehmen sehr stark'. Das zwischen Panik und 'Jetzt erst recht!' changierende Verhalten ihrer Auftraggeber ist dem Gros der Weiterbildungsanbieter durchaus vertraut. Ein befragter Trainer flüchtet sich dann auch in Sarkasmus: 'Es scheint alles wie bisher: Die Produktion in den Unternehmen läuft super, es gibt bisher keine Entlassungen, aber massive Einsparbemühungen bei Schulungs- und Trainingsmaßnahmen.'
Wieder Verhandlungssache: das HonorarDamit steht auch ein weiteres Thema für Trainer wieder auf der Tagesagenda, das in den vergangenen Jahren ein wenig an Brisanz verloren hatte: das Tauziehen um Honorare und Leistungen. 'Es wird gar nicht mehr über Honorare verhandelt, sondern es herrscht zum Teil absolutes Cost-Cutting', erlebt ein Trainer die aktuelle Situation. 'Entweder Sie sind damit einverstanden oder wir lassen es eben', beschreibt ein anderer das Verhandlungsgebaren des Kunden. Jeder vierte befragte Weiterbildungsanbieter sieht sich angesichts der aktuellen Situation gezwungen, seine Honorarsätze zu senken (Vorjahr: 6 Prozent), lediglich elf Prozent können gegenwärtig höhere Honorarforderungen bei ihren Auftraggebern durchsetzen (Vorjahr: 31 Prozent).
So ändert sich auch an den typischen Aufregern in der Zusammenarbeit nichts. Als besonders belastend erleben die Weiterbildungsanbieter die fehlende Planungssicherheit, das kurzfristige Ansetzen und Stornieren von Maßnahmen, häufig wechselnde Ansprechpartner verbunden mit intransparenten Entscheidungsstrukturen bei den Auftraggebern sowie das Nachverhandeln bei Aufträgen und Absprachen. 'Für die Termine müssen vier bis sechs Optionstage bestätigt werden und daraus ergibt sich dann ein zweitägiges Training', lautet das typische Statement eines befragten Trainers.
Gewünscht werden vor allem kurze und kompakte Trainingseinheiten statt langer Curricula. Im optimalen Fall ist das klassische Seminar dabei ein kleiner Baustein im Lernmethodenmix, der ergänzt wird durch E-Learning-Elemente, Coaching und weitere interne Entwicklungsmaßnahmen. Im weniger optimalen Fall setzen Unternehmen respektive Teilnehmer dem Anbieter schlichtweg ein Limit, weil sie nicht bereit sind, mehr Zeit zu investieren. Die Anforderung laute, 'immer mehr Themen in immer kürzeren Zeitfenstern' abzuhandeln, so ein befragter Trainer. Und auch hier beschleunigt die wirtschaftliche Krise den langjährigen Trend. Fast 40 Prozent der Seminaranbieter geben an, dass sich die Dauer von Seminaren und Workshops weiter verkürzt hat, im Vorjahr war dies lediglich ein gutes Viertel der Befragten. Rund 37 Prozent der von Trainern durchgeführten Seminare sind auf maximal einen Tag angesetzt. Lediglich jede vierte Maßnahme beansprucht noch drei oder mehr Tage.