Training in der Bahnhofsmission: Manager sollen sich in sozialen Institutionen bewähren

Wenn ein Manager in der Bahnhofsmission landet, muss dies nicht unbedingt ein Missgeschick oder gar ein Alarmzeichen sein. Es kann sich auch um eine spezielle Art des Sozialkompetenz-Trainings handeln. Seit Mai 1999 bieten die Diplom-Psychologin Gabi Theßeling und die Trainerin Andrea Cleres eine Fortbildung an, bei der sich Führungskräfte im beruflichen Alltag einer Sozialinstitution bewähren sollen. Als Lernumgebung vorgesehen sind neben der Bahnhofsmission u.a. Einrichtungen für Behinderte, Blindenanstalten oder Hospize.
Die Idee des Konzepts mit dem bedeutungsschwangeren Namen 'Ein-Sichten' ist es, dass die Teilnehmer fünf Tage aus ihrem gewohnten Umfeld herauskommen und neue Arten der Kommunikation und Führung erproben und lernen können. Die Wahl der sozialen Einrichtung, die stets in der näheren Umgebung des Trainingsteilnehmers gesucht wird, hängt von den Zielen des Einzelnen ab. Bei Abgrenzungsschwierigkeiten kann laut Cleres zum Beispiel eine Drogeneinrichtung der richtige Ort sein, um das 'Nein-Sagen' zu lernen. Im Umgang mit geistig behinderten Menschen hingegen könnten Führungskräfte zum Beispiel neue Wege der Kommunikation erproben.
In Gesprächen mit den Teilnehmern und deren Vorgesetzten wollen Theßeling und Cleres die Ziele des Trainings ermitteln. Nach der Maßnahme wird mit der Führungskraft besprochen, wie sich das Gelernte in den Arbeitsalltag übertragen lässt. Zudem findet - zwecks Bildungscontrolling - ein Abschlussgespräch mit dem Vorgesetzten statt. Die gewonnen Einsichten sollen schließlich die berufliche Leistung des Teilnehmers verbessern. Dass die Führungskraft nach dem Einblick in die Sozialinstitution mit großer Wahrscheinlichkeit auch beginnen wird, sich Gedanken über ihre Wertvorstellungen zu machen, ist laut Cleres lediglich ein Nebeneffekt.
Das ungewöhnliche Sozialkompetenz-Training kostet ein Unternehmen pro Teilnehmer 4.600 Mark.