Mittwochmorgen im Seminarraum eines mittelständischen Unternehmens: Auf dem Programm steht das Thema Konfliktmanagement – ein eigentlich bekanntes Thema, dessen Behandlung von allen Beteiligten aber nochmals ausdrücklich gewünscht wurde, denn im Unternehmen rumort es an allen Ecken und Enden. Trotzdem lässt die Aufmerksamkeit der anwesenden Führungskräfte zu wünschen übrig. Als das Seminar um 10 Uhr bei der 'Gewaltfreien Kommunikation' ankommt, nimmt der fachfremde Einsatz von Smartphones merklich zu.
Aus neurobiologischer Perspektive lässt sich dieses – durchaus wahrscheinliche – Szenario so erklären: Trotz Hirnstromfrequenzen von über 6 Hz (= die Teilnehmer sind wach) sind die Botschaften des Trainers offenbar nur sehr bruchstückhaft im bewussten Arbeitsspeicher und im Gedächtnis der Teilnehmer angekommen. Grund dafür ist, dass die sogenannte Vigilanz, also die bewusste Aufmerksamkeit, auf andere Inhalte gerichtet ist: Die meisten der Führungskräfte haben vor dem Seminar bereits E-Mails beantwortet und sich um drängende Probleme gekümmert. Nötig, aber Gift fürs Seminar. Denn nur dort, wo die bewusste Aufmerksamkeit ist, kann bewusste Verarbeitung stattfinden. Trainingsinhalte müssen es also schaffen, diese bewusste Aufmerksamkeit zu wecken und zu halten. Aber wie?
Dazu sind zunächst eine Reihe von Hürden zu überwinden. Der Thalamus zum Beispiel. Als 'Tor zum Bewusstsein' wacht die 3 mal 1,5 mal 1,5 Zentimeter große Struktur im Zwischenhirn darüber, welche Inhalte lebenswichtig genug sind, um die knappen Ressourcen der Aufmerksamkeit belegen zu dürfen. Eine zweite Hürde ist der 'Arbeitsspeicher' im oberen Stirnhirn, der mit einem Datendurchsatz von etwa sechs Bytes pro Sekunde eine lausige Verarbeitungskapazität hat. Konkurrierende Inhalte wie die E-Mails vor dem Seminar lasten ihn schnell aus.
Extras:- Neuroplastizität: So lernt das Gehirn
- Infokasten: Training als Erlebnis