Vielleicht kennen Sie diesen ganz speziellen Horror, wenn nach der Erwartungsabfrage klar wird: ein Seminarraum voller Linkshirner! Dabei geht es heute um emotionale Intelligenz in schwierigen Führungssituationen. Das setzt den Zugang zu eigenen Gefühlen und die Fähigkeit zur empathischen Kommunikation voraus. Mit den von den Teilnehmern geforderten 'Werkzeugen' und 'Leitfäden' wird das Seminarziel nur bedingt erreichbar sein. Ob sich die Teilnehmer wohl auf die Übungen zur Körperwahrnehmung und auf die aus der Gestalttherapie entlehnten Wahrnehmungspositionen einlassen? Wohl kaum, denn Linkshirner sind ja bekanntlich eher emotionsfern.
Das zumindest behaupten die Anhänger der These, dass sich die Welt in Linkshirner und Rechtsdenker teilt. Die typischen Informatiker, Ingenieure oder Controller werden demnach bei gefühlsbezogenen Übungen eher weniger spüren. Sie sind durch ihre linkshemisphärische Dominanz quasi hardwaremäßig auf Zahlen, Daten und Fakten, auf Logik und Analytik fixiert, während die rechte Gehirnhälfte eher emotional, ganzheitlich, intuitiv und kreativ arbeitet. Die Lösung wäre, die Gehirnhälften durch 'Integrationsübungen' besser zu verknüpfen. Die Sache hat nur einen Haken: Das Gerede von den Hirnhälften ist nur ein Neuromythos, ein Missverständnis, das sich hartnäckig in den Köpfen vieler Trainer hält.
Natürlich hat der Mythos einen wahren Kern: So gibt es in der linken und in der rechten Großhirnhemisphäre funktionelle Spezialisierungen. Beispielsweise ist die linke Gehirnhälfte bei 95% der Rechtshänder und 70% der Linkshänder sprachdominant.