Dass eine Weiterbildungsmaßnahme kontraindiziert ist und das vorhandene Problem eher verschärft als behebt, merken Trainer oft erst, wenn es zu spät ist. Doch es gibt Warnzeichen. Wer sie früh erkennt, kann eine Weiterbildungsmaßnahme trotz Gegenanzeigen zum Erfolg machen.
Am besten lässt sich das an einem Beispiel erklären: Die Führungsmannschaft eines großen mittelständischen Unternehmens wünscht sich ein Update in Führungspsychologie und möchte diesen Anlass dazu nutzen, über das eigene Führungsverständnis und seine Weiterentwicklung zu reflektieren. Hintergrund ist eine vorausgegangene Umorganisation, bei der es zu einem massiven 'Downsizing' gekommen ist. Zu Beginn des Seminars läuft alles prächtig, die Teilnehmer sind höflich und interessiert. Doch schon bei der Erwartungsabfrage beschleicht den Trainer ein Unbehagen: Die Teilnehmer nennen durch die Bank keine konkreten Erwartungen. Sie seien 'für alles ganz offen, was da kommen mag' und 'wollten sich mal überraschen lassen'.
Überraschen lassen? Eine Gruppe von elf – nach eigenen Angaben stark überlasteten – Bereichsleitern investiert zwei Tage, um sich überraschen zu lassen? Bei so einer breiigen Stimmungslage sollten bei jedem Trainer die Alarmsirenen heulen, dass etwas mit der Gruppe oder dem angesetzten Training nicht stimmt. Erst recht, als der Geschäftsführer in die Bresche springt und stellvertretend für seine Führungskräfte deren unausgesprochenen Erwartungen formuliert: Vor allem sollten Möglichkeiten reflektiert werden, wie Führungskräfte Eigeninitiative und Selbstverantwortung bei ihren Mitarbeitern fördern könnten. Ein Ziel, das im scharfen Kontrast zum paternalistischen Verhalten des Geschäftsführers steht.