Können Unternehmen intelligent sein, oder nur dessen Beschäftigte? Normalerweise wird Intelligenz Personen zugeschrieben - in seinem Buch 'Gemeinsam sind wir blöd!?' versucht Fritz B. Simon zu zeigen, dass auf die Spielregeln von Organisationen und sogar auf die wichtigsten Ressourcenquellen zurückzuführen ist, wie intelligent oder 'blöd' sich die Beteiligten verhalten. Mit einfachen Gedankenexperimenten beschreibt er, wie sich Muster der Kommunikation bilden, die schnell Knotenpunkte im Kommunikationsnetz, aber auch Außenseiter definieren. Ohne diese verborgenen Regeln zu erkennen, so die These von Simon, fällt es den Beteiligten schwer, aus diesem Muster auszusteigen.
'Intelligent' oder erfolgreich sind diese Kommunikationsmuster, wenn die durch sie erreichte Kommunikation zu den wichtigen Märkten des Unternehmens 'passt'. Bei wiederholten Problemen lohnt es nach Simon daher, die internen Spielregeln zu durchleuchten und einzelne 'Schuldige' zu finden.
Der Autor, Professor für Führung und Organisation, entwickelt aus einfachen Annahmen ein systemisches Modell, das die personenorientierten Konzepte nach dem Kybernetiker Gregory Bateson mit den kommunikationsorientierten des Soziologen Niklas Luhmann verbindet. Mit diesem lassen sich sowohl Familien und alteingesessene Teams mit einer sehr festen Kopplung der Akteure, als auch Unternehmen mit hoher Mitarbeiterfluktuation beschreiben und verstehen.
Als Beispiel für kreative Prozesse in Unternehmen stellt Simon ein seit 150 Jahren erfolgreiches Familienunternehmen vor. Mit dessen teilweise sehr turbulenter Entwicklung will er zeigen, dass kreative Prozesse sich organisch entwickeln und nicht strategisch linear geplant werden können. Die Entwicklung erfolgreicher Organisationen ähnelt mehr der Entstehung der (Tier-)Arten und entsteht weniger aus einer gesteuerten Portfolio-Optimierung heraus.
Die systemisch interessante Frage, wieweit einzelne Personen Systeme verändern können, beleuchtet der Autor am Beispiel von General Motors und dessen umstrittenen Vorsitzenden Jack Welch: Welch verwandelte einen hoch bürokratischen Industrieriesen in 20 Jahren in ein dynamisches Unternehmen mit steil wachsenden Umsätzen und Börsenkursen. Sein Erfolgsrezept war dem von Familienbetrieben sehr ähnlich: Kreativität, Risikobereitschaft, persönliche Kommunikation und direkte Rückmeldung zur Leistung im Unternehmen einführen und durchsetzen. Aus systemischer Perspektive wird so deutlich, wie mit strukturellen und symbolischen Maßnahmen, z.B. Personalauswahl, Art der Besprechungen, gemeinsame Feiern und Seminare mit den Führungskräften, eine zähe Unternehmenskultur revolutioniert werden kann. Allerdings hat die radikale Orientierung an Shareholder-Value und Kostensenkung ihren Preis: eine deutlich gesunkene Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen sowie ausbleibende Innovationen.
Fazit: Das zurzeit interessanteste systemtheoretische Buch, das gerade für Training und Beratung praxisrelevante und leicht verständliche Anregungen geben kann.
Von Fritz B. Simon, 333 S., geb., Carl Auer Verlag, Heidelberg 2004, ISBN 3-89670-436-2, 34,90 Euro.