'Beim Lernen gibt es keinen Transfer, im günstigsten Fall Resonanz.' Mit dieser These eröffnete Prof. Dr. Edmund Kösel den 1. Lernkongress des ETI European Telecoaching Institute e.V. am 10. Oktober 2003 im Freiburger Konzerthaus. Die Aufmerksamkeit der etwa 150 Zuhörer war dem Wissenschaftlichen Leiter des Zentrums für neue Lernkulturen und Systementwicklung sicher, schließlich rücken in Zeiten knapper Budgets der Nutzen und die Wirkung von Weiterbildungsmaßnahmen in den Mittelpunkt des Interesses.
Nach Ansicht von Kösel hat der Begriff Transfer im Kontext des Lernens nichts zu suchen: Er suggeriere eine 1:1-Abbildung von Wissen des Konstrukteurs zum Wissen des Lernenden. Für Letzteren werde die vermittelte Information aber erst zu Wissen, wenn er bzw. das Unternehmen die Information in das eigene Gefüge eingebaut, eingepasst oder strukturell gekoppelt habe.
Wie man mit Lernen Resonanz erzielt
An die Stelle des Transferbegriffs setzt Kösel den Begriff Resonanz. Das System 'Unternehmen' und dessen Teilsysteme nehmen nur das auf, was sie als nützlich für den Arbeitsalltag erkennen. D.h.: Erst wenn eine Information als arbeitsalltagstauglich erkannt wird, wird sie Resonanz haben. Resonanz zeigt sich z.B. darin, dass Mitarbeiter das Gelernte im Arbeitsalltag anwenden, dass sie miteinander darüber reden, was sie gelernt haben, dass sie spezielle Begriffe und Gedanken aus einem Training oder Lernprogramm benutzen.
Gerne hätten die Besucher der Lernlandschaften erfahren, wie Resonanz konkret erfasst werden kann, aber die angekündigten Praxisbeispiele fielen zur allgemeinen Enttäuschung aus, weil die Unternehmensvertreter kurzfristig abgesagt hatten. So blieb das erste von drei angekündigten 'Duetten von Theorie und Praxis' ein interessantes aber theoretisches Solo.
e-Learning war eindeutiger Schwerpunkt des Kongresses
Während Kösel sich mit dem Lernen im Allgemeinen beschäftigte, rankten die sich anschließenden Eröffnungsvorträge um das Thema e-Learning. U.a. beschrieb Prof. Dr. Heinz Mandl von der Münchner Ludwig-Maximilian Universität die Erfolgsfaktoren beim Einführen von e-Learning. Prof. Dr. Andrea Back vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen indes erklärte, was innovative Wissensnetzwerke auszeichnet.
So zeigte sich bereits bei den Plenumsvorträgen, dass e-Learning einen Schwerpunkt der Lernlandschaften ausmachte. Das gleiche Bild bot die begleitende Messe: Die meisten der 26 Aussteller kamen aus der e-Learning-Branche, nur einige wenige aus dem 'traditionellen' Weiterbildungsbereich.
Der thematische Schwerpunkt setzte sich bei den Lernshops fort: Rund zwei Drittel der insgesamt 21 Workshops widmeten sich ebenfalls e-Learning- bzw. Blended-Learning-Beispielen.
Lernshops trafen den Nerv der Teilnehmer
Bei der Auswahl der Themen und Referenten bewiesen die Organisationen ein glückliches Händchen. Das zeigte nicht zuletzt das rege Interesse der Teilnehmer, z.B. im Lernshop mit e-Trainerin Lore Reß von der Daten + Dokumentation GmbH, Friedberg. Ihre 'Survival-Tipps für das Virtuelle Klassenzimmer' stießen bei den Zuhörern auf große Resonanz. Immer wieder meldeten sich e-Trainer aus dem Publikum zu Wort und steuerten zu Reß‘ Ratschlägen eigene Erfahrungen und Lösungen für Probleme im virtuellen Klassenraum bei, z.B. Alternativen, e-Lerner zu aktivieren und notorische Zu-Spät-Kommer zu sanktionieren. Ähnlich austauschfreudig zeigten sich die Teilnehmer des Lernshops mit Jürgen Föllinger von der Abteilung Weiterbildung der BASF AG. Er sprach über bereits realisierte Blended-Learning-Lösungen bei BASF für unterschiedliche Zielgruppen, darunter Englischtrainings für Meister und ein Programm für die Förderung der Führungskompetenz.
Enttäuschend im Vergleich: Der Lernshop über ein Outdoortrainingsprogramm für High Potentials bei einem Pharmaunternehmen artete in eine Werbeveranstaltung für den Auftragnehmer aus. Der Lohn: Die Teilnehmer verließen den Lernshop zuhauf. Wenn es eine negative Resonanz beim Lernen gibt, dürfte sie sich wohl in dieser Form ausdrücken. Sie blieb bei den Lernlandschaften aber die Ausnahme.