Zum achten Mal veranstaltete das Consulting-Unternehmen Kienbaum eine Fachtagung für seine Kunden aus dem HR-Management. Diese waren der Einladung in großer Zahl gefolgt, um sich mit Wissen über Strategien für die Krise einzudecken.
'Geschüttelt, nicht gerührt' bestellt James Bond stets seine Wodka-Martinis. Ein bisschen was von der Contenance, die die Kinolegende in Krisensituationen an den Tag legt, scheint sich die Managementberatung Kienbaum auch von Deutschlands Personalern zu erhoffen. Jedenfalls betitelte sie ihre Jahrestagung am 14. Mai 2009 in Ehreshoven bei Overath mit dem Bond-Zitat – und konnte damit rund 400 HR-Profis bewegen, die aus allen Ecken der Republik zu der kostenlosen Veranstaltung anreisten.
Gemeint waren mit 'Geschüttelt, nicht gerührt' freilich keine Martinis, sondern 'Märkte in ungebremster Dynamik'. Dass diese nach HR-Profis verlangen, die mindestens ebenso flexibel auf Krisen reagieren können, wie Geheimagent 007 auf üble Schurken – das war das implizite Credo auf der Tagung. Kienbaum-Geschäftsführungsmitglied Dr. Walter Jochmann hisste gleich zum Auftakt die Segel in die entsprechende Richtung: Der Unternehmensberater warnte davor, der Krise nur mit den üblichen kurzfristigen HR-Notfall-Reaktionsmechanismen zu begegnen. Sofern das Unternehmen nicht ums pure Überleben kämpfen müsse, seien Abstriche bei den Personalkosten, die Reduktion der Personalkapazitäten und die Kürzung von Qualifikations- und Förderbudgets als alleinige HR-Anti-Krisen-Hebel zu wenig, mahnte Jochmann.
Der Consultant verwies auf andere Hebel, die derzeit noch zu selten genutzt würden – so etwa die krisengerechte Umgestaltung bestehender HR-Instrumente. 'Im Vergütungssystem könnten Bonuszahlungen z.B. an ein bestimmtes Gesamtunternehmensergebnis geknüpft werden', so ein Exempel des Beraters. Jochmann riet dem HR-Management zudem, positive Perspektiven für das Unternehmen zu entwickeln und diese zu kommunizieren, sprich: die Faktoren Mitarbeitermotivation und -Commitment nicht aus den Augen zu verlieren. Als Partner der Geschäftsleitung und Katalysator für Change-Prozesse müsse das Personalmanagement den Personalkörper nicht nur in Sachen Kapazitäten, Besetzungen und Qualifikationen in Anlehnung an die Unternehmensstrategie gestalten, sondern auch Sorge dafür tragen, dass mit einem entsprechenden Projektdesign Ängste und Ungewissheiten aufgefangen werden.
Antizyklisch rekrutieren als Strategie in der Krise
Als weiteren, bislang vernachlässigten Hebel nannte Jochmann die umsichtige Besetzung von Top- und Schlüsselpositionen. Das heißt: Unternehmen sollten sich von Schwachleistern trennen und sich – zumindest sofern ihnen das Wasser nicht bis zum Hals steht – gezielt auf die Suche nach Talenten begeben. 'Wer jetzt antizyklisch handelt, hat die Chance, Talente zu finden, die sonst gar nicht verfügbar oder bezahlbar wären', so Jochmanns These.
'No talent – no business' – Ein Unternehmen, das sich den Leitsatz längst zu Herzen genommen hat, ist der internationale Pflanzenschutzmittel- und Saatgut-Konzern Syngenta, dessen Talent-Management-Strategie Chef-Recruiterin Petra Fässler auf der Tagung vorstellte. 'Wir rekrutieren nicht für konkrete Jobs, sondern für Karriepfade – ausgehend von der strategischen Frage, welche Kompetenzen in Zukunft gebraucht werden', überraschte Fässler ihre Zuhörer. Konsequent verfolgt das Unternehmen auch die Bindung der Talente, die gezielt für Leitungspositionen aufgebaut werden: Ein transparenter interner Jobmarkt, stete Rückmeldungen über die persönliche Entwicklung und in Sachen Leadership Behaviour geschulte Vorgesetzte sollen dafür sorgen, dass Talente dem Unternehmen nicht den Rücken kehren. 'Meist liegt es an mangelnder Wertschätzung seitens des Vorgesetzten, wenn Potenzialträger gehen', sagte Fässler.
Auf Wertschätzung fokussierte auch Bundesminister a.D. Heiner Geißler als Abschluss-Redner der Tagung. Seine These: Nur eine soziale Marktwirtschaft, die das Menschliche nicht dem Monetären unterordnet, kann die Talente hervorbringen, die wir heute brauchen: kreative Köpfe mit Innovationspotenzial. Was das wiederum für die Ausgestaltung von HR-Instrumenten wie Vergütungssystemen und Anforderungsprofilen bedeutet – darüber konnte jeder Teilnehmer auf dem Heimweg nachsinnen ...