Fast 20 Qualitätsmodelle buhlen um die Gunst der Weiterbildungseinrichtungen - da ist es schwer, den Überblick zu behalten. Warum ein Ende der Siegel-Vielfalt nicht in Sicht ist, erklärt Barbara Veltjens, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE), Bonn.
Frau Veltjens, Weiterbildungseinrichtungen in Deutschland können unter einer Vielzahl von Qualitätsmanagementmodellen wählen. Welche Folgen hat das für die Einrichtungen?
Barbara Veltjens: Für Einrichtungen, die sich einer Qualitätsprüfung unterziehen möchten, ist es unter Umständen schwer, die Vor- und Nachteile des jeweiligen Modells herauszufiltern und sich dann für eines zu entscheiden. Gleichzeitig ist die Vergleichbarkeit der Qualitätssiegel für die Kunden immer weniger gegeben.
Wie ist es zu dieser großen Anzahl von Qualitätsmodellen gekommen?
Veltjens: In Deutschland haben wir keine einheitliche Bildungspolitik und damit auch keine einheitliche Qualitätspolitik. Jedes Bundesland geht mit dem Thema Bildung und Weiterbildung anders um und fördert unter Umständen auch andere Modelle.
Welche Auswirkungen hat die Vielfalt der Modelle auf die Branche?
Veltjens: Derzeit ist die Branche wahnsinnig verzettelt. Es wird viel Kraft in die Förderung einzelner Modelle gesteckt. Wenn es nur zwei oder drei Modelle geben würde, könnten wir die Ressourcen viel besser bündeln. Damit das möglich wird, brauchen wir aber auch einheitliche Strukturen. Die föderale Bildungspolitik schadet aus meiner Sicht eher, als das sie Positives bewegt.
Wo sollte die Bundesregierung Ihrer Meinung nach aktiv werden?
Veltjins: Lebenslanges Lernen und Weiterbildung müssen als tragende Säule unseres Bildungssystems viel besser etabliert werden. Damit verbunden wäre dann die Standardisierung zum Beispiel auch von Qualitätsansprüchen und -prüfungen.
Darüber hinaus sollten mehr öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit öffentliche Träger mehr Dozenten fest anstellen können. Das hätte direkte Auswirkungen auf die Qualität der Lehre.
Wie meinen Sie das?
Veltjens: Derzeit funktioniert es so, dass die meisten Anbieter mit einem Heer von Honorarkräften zusammenarbeiten müssen. Diese wiederum arbeiten für mehrere Weiterbildungsinstitute gleichzeitig und können es sich nicht leisten, nur für einen Anbieter 'da zu sein'. Wie soll eine Einrichtung unter diesen Rahmenbedingungen z.B. die Qualität einzelner Lehrstunden überprüfen und verbessern? Von Personalentwicklung kann man unter diesen Umständen gar nicht mehr sprechen.
Hat sich die Haltung der Anbieter gegenüber Qualitätsprüfungen geändert?
Veltjens: Ja, das Interesse der Anbieter an einer Qualitätstestierung ist deutlich gewachsen, und das Wissen um das Qualitätsmanagement hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Darüber hinaus hat sich die Diskussion um die verschiedenen angebotenen Modelle versachlicht. Noch vor fünf Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Entscheidung eines Anbieters für ein Modell einem Glaubensbekenntnis gleichkam. Heute orientieren sich die Weiterbildungseinrichtungen bei der Auswahl an ihrem eigenen Bedarf.