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Führungstraining mit Taktstock

Parallelen zwischen Managern und Dirigenten wurden schon häufig gezogen – wenn auch meist in der Theorie. Nun widmen sich gleich zwei neue Seminare mit ganz ähnlichem Ansatz dem Thema. Das Besondere an beiden: Die Führungskräfte stehen selbst mit Taktstock vor einem richtigen Sinfonie-Orchester.

Das Konzept entstand zunächst aus reiner Not, wie Christian Reichart unumwunden zugibt: 'Das RIAS-Jugendorchester Berlin bekommt seit Jahren keine öffentliche Förderung mehr und Kultur-Sponsoring funktioniert kaum noch', so der Geschäftsführer des RIAS-Jugendorchesters (RJO). Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen entstand schließlich die Idee, ins Trainingsgeschäft einzusteigen. In einem zweitägigen Workshop mit dem Musik-Professor Rainer Seegers können sich Führungskräfte nun seit Herbst 2008 nicht nur damit auseinandersetzen, wie sehr die Arbeit eines Dirigenten ihrer eigenen gleicht. Vielmehr sollen die Manager im Angesicht der Musiker selbst erleben, wie Führung mit nonverbalen Signalen funktioniert.

Mit dem gleichen Konzept – wenn auch ohne den finanziellen Anlass des RJO – startete im April 2009 auch das Seminar 'Dirigieren und Führen': Die beiden Verantwortlichen – Medienexperte Prof. Dr. Harnischfeger und Dirigent Prof. Gernot Schulz – setzen in ihrem Angebot mit der Jungen Sinfonie Berlin ebenfalls auf die Parallelen zwischen Dirigier- und Führungsarbeit.

Ein Orchester funktioniert wie ein Unternehmen

'Ein Orchester ist eine streng gegliederte, absolut hierarchisch aufgestellte Organisation', so Reichart. So gibt es Abteilungen –  etwa die Blechbläser, die Streicher – mit jeweils eigenen Hierchien. Und einen Chef, der die inviduellen Fähigkeiten der einzelnen Musiker so koordinieren soll, dass ein harmonisches Ganzes entsteht: 'Ein Dirigent muss immer jonglieren: zum einen muss er der Kreativität des Einzelnen Raum geben, zum andern aber auch durch klare Führung dafür sorgen, dass alle in dieselbe Richtung arbeiten', erklärt Reichart.

Trockenübungen und Konzertbesuch zur Vorbereitung

Musikalische Erfahrung oder Notenkenntnisse müssen die Teilnehmer bei keinem der Seminare mitbringen. Zur Vorbereitung erhalten sie eine CD mit den Stücken, die bearbeitet werden: Beide Anbieter haben bekannte Klassiker wie die Carmen-Ouvertüre, Brahms‘ Ungarische Tänze oder 'Die Unvollendete' von Schubert zusammengestellt. Auch der Ablauf der Workshops ist ähnlich: Am ersten Tag erlernen die Teilnehmer grundlegende Dirigierregeln und machen erste Fingerübungen. Statt eines Orchesters folgt nur ein Pianist ihren gestischen Ausführungen. Abends geht es dann gemeinsam ins Konzert, wo die Dirigierschüler dem Maestro auf die Finger schauen sollen. Erst am zweiten Tag wird mit dem Orchester gearbeitet: Dann dürfen die Manager nach einigen Vorübungen die jungen Musiker durch eines der ausgewählten Stücke führen.

Der Vorteil: Direktes Feedback  und eindrucksvolles Erleben

Auf professionelle Kommunikationstrainer verzichten beide Anbieter und setzen ganz auf die Macht der Musik. RJO-Chef Reichart ist ebenso wie Harnischfeger überzeugt, dass die Erfahrungen im ungewohnten Setting für sich sprechen. Denn die Führungskräfte erhalten ein permanentes und direktes Feedback auf ihre körpersprachlichen Signale: Zum einen von den Dozenten und den Musikern selbst, die sich zu Wort melden, wenn widersprüchliche Signale kommen. Vor allem aber hören die Hobby-Dirigenten das Ergebnis ihrer Führungsarbeit – beispielsweise, wenn die Carmen-Ouvertüre viel lustloser und lahmer gerät als beabsichtigt. 'Man muss nicht viel erklären', meint Harnischfeger. 'Es tickt und klickt von selber in den Köpfen.'

Die Teilnahme an einem Führungskräfte-Seminar mit dem RIAS Jugendorchester (RJO) Berlin kostet 2.100 Euro, der Workshop 'Dirigieren und Führen' mit der Jungen Sinfonie Berlin 1.850 Euro.

Autor(en): (Sylvia Lipkowski)
Quelle: Training aktuell 07/09, Juli 2009
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