Zwei bequeme Sessel, Coach und Coachee sitzen sich gegenüber, reden – ein ganz normales Beratungsgespräch. Nur dass die Fingerspitzen der beiden Gesprächspartner immer wieder auf verschiedene Körperteile trommeln, mutet seltsam an: Mal tippen sich Coach und Coachee auf die eigene Handkante, mal auf die Augenbraue, das Kinn oder das Brustbein. Sie klopfen.
Ein gewöhnungsbedürftiges Setting, wie Dr. Michael Bohne einräumt: 'Eigenberührung ist schambesetzt, deshalb ist klar, dass Klopfen erstmal belächelt wird.' Allerdings meist nicht lange, meint der Facharzt für Psychiatrie, der eine eigene Klopftechnik entwickelt hat, die er im Mai 2011 auf einer Veranstaltung für Coachs vorstellt. Denn offenbar zeigt die Eigenberührung schnell Erfolge. Die als Klopfakupressur bezeichnete Technik der energetischen Psychologie findet in der Psychotherapie deshalb zunehmend Anwendung. Und auch im Coachingbereich wächst das Interesse.
So kommen nach Bohnes Beobachtung neben Therapeuten auch immer mehr Coachs in seine Ausbildungen für 'Prozess- und embodiment-fokussierte Psychologie (PEP)'. Sein Ansatz, den der Psychotherapeut aus Hannover seit 2007 lehrt, ist auf den flexiblen Einsatz in Therapie- und Beratungsgesprächen zugeschnitten. Bohne stellt einfache Interventionen zur Verfügung, die helfen sollen, belastende Emotionen wie Ängste oder Stress zu bearbeiten. Etwa die Selbstakzeptanzübung: Der Coachee reibt mit seinen Fingerspitzen einen Punkt links neben dem Brustbein und wiederholt dabei den Satz 'Auch wenn ich das Problem XY habe, liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich bin'. Diese und andere Übungen sollen helfen, Blockaden im Beratungsprozess zu lösen. Bohne erklärt: 'Das Klopfen der Akupunkturpunkte führt meist direkt zu einer Reduktion der emotionalen Erregung.'
Im Rahmen eines professionellen Beratungsprozesses lässt sich so die unbewusste, emotionale Ebene erreichen. Ein Zaubermittel ist die Technik allerdings nicht: 'Klopfen und PEP stellen nur Zusatztechniken dar', betont der PEP-Entwickler. So setzt erfolgreiches Klopfen seiner Ansicht nach eine funktionierende Klient-Berater-Beziehung im Sinne von Steve de Shazer und Insoo Kim Berg voraus. Zudem muss auch immer wieder mittels anderer Coachingtechniken die kognitive Ebene berücksichtigt werden. Beispielsweise bei der Bearbeitung der fünf Lösungsblockaden, die Bohne identifiziert hat (die 'Big 5'): Selbstvorwürfe, Vorwürfe anderen gegenüber, Erwartungshaltung an andere, Regression in ein jüngeres Alter, dysfunktionale Loyalitäten zu anderen Menschen, die sich in einschränkenden Glaubenssätzen äußern.
Extras:- Infokasten: Weitere Klopftechniken
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