Marte Meo heißt eine Beratungsmethode, die ursprünglich aus der Sozialpädagogik stammt und jetzt für den Führungskontext entdeckt wurde. Ihr Kernlement: Videos, die direkt am Arbeitsplatz gedreht werden. 'Marte Meo ist die Bezeichnung für eine videogestützte Beratungsmethode zur Verbesserung von Kommunikation und Interaktion.' Mit diesen Worten umschreibt Beatrix Wilmes ein Verfahren, das zwar schon länger existiert, nicht aber in dem Kontext, in dem sie es einsetzt. Das Arbeitswerkzeug wurde in den 80er-Jahren in den Niederlanden für den sozialpädagogischen Bereich entwickelt. Wilmes wendet es seit 2008 bei Führungskräften und deren Mitarbeitern an. Denn der Grundgedanke der Methodik greife auch in diesem Kontext, ist Wilmes überzeugt.
Marte-Meo-Grundgedanke: Aus eigener Kraft zum Ziel
Aus dem lateinischen 'mars martis' abgeleitet, bedeutet Marte Meo so viel wie 'etwas aus eigener Kraft erreichen'. 'Ziel der Methode ist es, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Fähigkeiten zu konstruktiven Interaktionen zu erkennen und zu aktivieren', informiert Wilmes. Dies vollzieht sich im Kern über die Analyse eines Video-Mitschnitts aus dem Berufsalltag.
Das Vorgehen: Filmen, schneiden, analysieren
Wilmes, die gelernte Dokumentarfilmerin ist, begleitet Führungskräfte mit der Kamera an den Arbeitsplatz und filmt diese in authentischen Gesprächssituationen – z.B. in einer Teamsitzung, einem Krisengespräch, einer Mitarbeitereinweisung.
Aus dem ca. zweistündigen Roh-Video schneidet sie nach vorgegebenem Auswertungsschema einen 20-minütigen Film zusammen, der besonders diejenigen Sequenzen fokussiert, in denen etwas gut geklappt hat. 'Geachtet wird auf die Potenziale. Die Führungskraft wird mit den Bildern nicht bloßgestellt.' Die ausgewählten Sequenzen analysiert Wilmes daher auch nur im Einzelgespräch mit der Führungskraft und nicht vor der Gruppe: Was war gut? Warum hat es funktioniert? 'Erst am Ende betrachten wir eventuell noch zwei, drei kritische Szenen.'
Das Auswertungsmuster: Fünf Elemente der Kommunikation
Beim Filmschnitt wie bei der gemeinsamen Analyse achtet die Beraterin u.a. auf die nach Marte Meo fünf wichtigsten Elemente der Kommunikation:
1. Konstruktive Dialogtechnik: Wie offen ist die Führungskraft? Wie beginnt sie ein Gespräch? Welche Körpersprache hat sie?
2. Angemessener Ton: Wie ist die Stimmlage? Wie die Wortwahl? Wie lang sind die Sätze?
3. Take Turns: Wechseln sich die Gesprächspartner beim Reden ab? Nimmt die Führungskraft wahr, was ihr Gegenüber erzählt hat?
4. Benennen: Sagt sie klar, worum es geht? Oder redet sie um den heißen Brei?
5. Leiten und lenken: Verhält und präsentiert sich die Führungskraft auch als solche? Oder lässt sie sich das Gespräch aus der Hand nehmen?
Einordnung und Bewertung
Das Besondere am Ansatz sieht Wilmes erstens darin, dass 'anders als bei Rollenspielen im Seminar die analysierten Situationen tatsächlich authentisch' sind. Und zweitens: 'Anders als bei klassischen Kommunikationstrainings arbeiten wir nicht an Argumentationstechniken, sondern an der Haltung.' Die Videoanalyse lässt sich laut Wilmes als Einzelmaßnahme durchführen oder in ein mehrtägiges Training einbauen. Voraussetzung für eine derartige Arbeit ist eine zweijährige Ausbildung zum 'Marte Meo Therapist'.