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Deutschlands Personalberater: Ende der Talfahrt in Sicht

Deutschlands Personalberater bekommen die Wirtschaftsmisere weiterhin zu spüren: Unternehmen halten sich mit Neueinstellungen zurück, Führungskräfte sind wenig wechselwillig. Doch der Wendepunkt scheint nah: Laut der aktuellen Marktstudie des BDU ist der Umsatzeinbruch in 2003 nur halb so hoch wie in den beiden Jahren zuvor.

Im Jahr vier der Umsatzeinbrüche tut sich für Deutschlands Personalberater ein Lichtstreif am Horizont auf. Nachdem zweistellige Verluste die bis zum Jahr 2000 noch erfolgsverwöhnte Zunft erschüttert hatten (2001: minus 19,4 gegenüber dem Vorjahr, 2002: minus 18,5 Prozent), setzte sich die Talfahrt anno 2003 zwar fort, aber immerhin mit angezogenen Bremsen. Dies belegt die aktuelle Marktstudie des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) unter 1.200 Branchenvertretern, die der Verband auf seinem Personalberatertag am 26. Mai 2004 vorlegte. Der Umfrage zufolge schrumpfte der Markt im vergangenen Jahr abermals, doch das Minus betrug 'nur' noch 9,5 Prozent.

Damit hat der Lichtstreif am Personalberater-Horizont momentan zwar die schwache Leuchtkraft eines Kienspans, aber immerhin: Nach den Einbrüchen der Vorjahre gibt schon die Aussicht auf bestenfalls stagnierende Umsätze Anlass zur Hoffnung. So erklärte BDU-Vizepräsident Dr. Joachim Staude beim Branchentreffen auf dem Petersberg bei Bonn: 'Wir rechnen damit, uns in diesem Jahr wieder der Null-Linie anzunähern. Der Wendepunkt scheint nicht mehr allzu weit entfernt zu sein, wenn auch das erste Halbjahr 2004 noch keinen Anlass zum Jubel gibt.'

Führungskräfte sind weniger mobil

Die Stimmung unter den Personalberatern ist gleichwohl immer noch von der bis heute angespannten Arbeitsmarktsituation geprägt. 'Die Unternehmen halten sich mit Neueinstellungen weiter zurück und damit auch mit ihren Suchaufträgen', sagt Staude. Die Arbeitsmarktmisere wirkt sich aber auch noch in anderer Hinsicht erschwerend auf den Joballtag von Personalberatern aus: Die Lust auf einen Jobwechsel hat unter den Fach- und Führungskräften deutlich nachgelassen. Sie sind weniger flexibel als in den Jahren wirtschaftlicher Blüte, denn die Sicherheit des aktuellen Arbeitsplatzes fällt heute stärker ins Gewicht als der Karrieresprung, der durch einen Stellenwechsel möglich wird.

Nicht zuletzt an diesem Sicherheitsdenken liegt es wohl auch, dass sich die Personalberater zurzeit immer häufiger mit einem bisher eher seltenen Problem konfrontiert sehen: dass nämlich Kandidaten, die bereits einen Vertrag unterschrieben haben, die neue Stelle doch nicht antreten. 'Da geht dann schon einmal der Vorwurf an uns, wir hätten nicht ausreichend abgecheckt, ob der Betreffende wirklich wechselwillig ist', berichtet Dr. Wolfgang Lichius, Vorsitzender des BDU-Fachverbandes Personalberatung. Um peinliche Rückzieher zu vermeiden, gehen die Personalberater zunehmend ungewöhnliche Wege: Da häufig das Einverständnis der Familie eine Rolle bei einem Stellen- und damit Ortswechsel spielt, hilft, so Lichius, zuweilen ein Undercover-Anruf beim Lebenspartner des Kandidaten, um sich einen Eindruck von der tatsächlichen Wechselbereitschaft zu verschaffen.

Newcomer kämpfen mit Dumping-Preisen ums Überleben

Die angespannte Arbeitsmarktlage sorgte nicht nur dafür, dass die Suchaufträge an die Personalberater zurückgingen und die Vermittlung schwieriger wurde. Sie hatte ironischerweise auch ihren Anteil daran, dass sich die Zahl der Personalberatungsunternehmen im vorigen Jahr wieder leicht erhöht hat - auf 1.840 gegenüber 1.800 im Vorjahr. Die Zahl der angestellten Berater ging unterdessen von 5.060 auf 5.000 zurück. Der Grund: Derzeit versuchen zahlreiche freigesetzte Führungskräfte, sich als Personalberater im Ein-Mann-Betrieb eine neue Existenz aufzubauen. Ein schwieriges Unterfangen, denn laut BDU-Studie müssen derzeit vor allem jene um ihren Fortbestand bangen, die nicht auf das Geschäft mit alten Kunden bauen können. Der Existenzkampf der Kleinstunternehmen spiegelt sich auch in der Honorarentwicklung wider: 'Wer um sein Überleben kämpft, macht sich über die Konsequenzen seiner Preispolitik keine Gedanken', kommentiert Lichius die vom BDU mit Unbehagen wahrgenommenen Dumping-Preise mancher Newcomer.

Mit der Diagnose des nicht allzu erbaulichen Ist-Zustandes begnügte sich der BDU auf seinem Beratertag indes nicht. Den rund 130 angereisten Berufsvertretern wurde in Vorträgen und Expertenrunden auch ein Eindruck davon vermittelt, wie sich die Branche fit machen kann für die Zukunft. Mit der Ausrichtung auf neue Standbeine wie Interim-Management-Providing und Outplacement-Beratung, mit denen so mancher Experte im vergangenen Jahr noch liebäugelte, allerdings offensichtlich nicht: Im Jahr 2003 entfielen fast 80 Prozent des Umsatzes auf das Kerngeschäft der Personalberater - die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften. Outplacement-Beratung und Interim-Manager-Vermittlung fielen dagegen mit zwei bzw. 0,9 Prozent so gut wie gar nicht ins Gewicht. Einen größeren Anteil an den zusätzlichen Beratungsfeldern der Personalberater nahmen die persönliche Beratung von Führungskräften und die Eignungsdiagnostik ein. Management-Audits können z.B. auch ein gutes Entrée für Rekrutierungsaufträge sein, hieß es in der Expertenrunde zum Thema.

Orientierung an neuen Zielgruppen nötig

Um in Zukunft am Markt bestehen zu können, gewinnen Kooperationen - auch über Ländergrenzen hinweg - für die Personalberater zunehmend an Bedeutung. Angesichts des demographischen Wandels stehen diese zudem vor der Herausforderung, auch bisher unbeachtete Zielgruppen zu erschließen - etwa Frauen nach der Mutterpause und Ältere. 'Die Suche nach den Silberhaaren wird unsere Tätigkeit zukünftig beeinflussen,' zeigt sich BDU-Vize-Präsident Staude überzeugt. Was indes ein wenig verwundert ist, dass selbst heute - in
einer Zeit, in der es eine Flut arbeitsloser Fach- und Führungskräfte gibt und der Wille zum Stellenwechsel bei vielen in Anstellung nicht allzu groß ist - die Arbeitslosen noch immer keine lohnende Zielgruppe für die Personalberater darstellen. Aus Sicht der Unternehmen sind Arbeitslose laut Lichius selbst heute noch leicht stigmatisiert.

Die BDU-Marktstudie 'Personalberatung in Deutschland 2003' steht zum kostenlosen Download bereit.
Autor(en): (Sylvia Jumpertz)
Quelle: Training aktuell 07/04, Juli 2004
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