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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Horst Lempart aus Training aktuell 08/24, August 2024
Hühner sitzen es aus: ihr Dasein als Legehenne, ihr Schicksal als Masthuhn, den krakeelenden Gatten – sogar ihren Nachwuchs. Dieses Herumsitzen auf Eiern ist jedoch mehr als Nichtstun, Hühner brüten. Auch wir Menschen brüten Dinge aus: eine Krankheit oder eine Überraschung zum Beispiel. Brüten braucht Zeit. Wer ein Ei aufschlägt oder die Temperatur erhöht, um das Brüten abzukürzen, könnte auch die Uhr anhalten, um Zeit zu sparen. Das Ergebnis wäre in beiden Fällen dasselbe: nämlich äußerst ernüchternd. Zeit ist eben häufig ein wesentlicher Wirkfaktor – und zwar auch in Training, Beratung und Coaching. Welcher Weiterbildungsprofi kennt sie z.B. nicht: die gekonnt platzierte Pause nach einer wichtigen Textstelle – oder den wortlosen Blick, der zum Nachdenken Zeit lässt und die Energie im Raum spürbar macht?
In einer auf Effizienz und Schnelligkeit getrimmten Zeit hat das Ausbrüten allerdings schlechte Karten. Der Zeitforscher Karlheinz Geißler nannte den modernen Menschen daher den „Uhrzeitmenschen“, der im Takt der Sekunden sein Leben ordnet. Grundsätzlich gilt: Zeit zu sparen, ist gesellschaftsfähiger als sich Zeit zu nehmen: Geflügelte Worte wie „Stiehl mir nicht die Zeit“ oder „Da haben wir jetzt 15 Minuten Zeit gutgemacht“ sind Belege dafür – ebenso wie die Tatsache, dass sich das „Zeitmanagement“ großer Beliebtheit erfreut.
Im Kern ist das jedoch nichts anderes als Priorisierung und Werteklärung: Was will ich in welcher Reihenfolge? Will ich ein Küken? Oder will ich ein Spiegelei? Oder will ich ein Grillhähnchen? Wenn ich das Ei jetzt in die Pfanne schlage, kann ich Küken und Huhn abhaken. Wenn ich das brütende Huhn schlachte, sind Küken und weitere eierlegende Hühner Geschichte. Ein bisschen erinnert das an ein Rezept: Da macht es auch einen Unterschied, in welcher Reihenfolge ich die Zutaten in den Topf gebe und wie viel Zeit ich dem Garen schenke. Schnellkochtöpfe sind eine Erfindung von Menschen, die sich für das Kochen (und wahrscheinlich auch das Essen) wenig Zeit nehmen.
Coachingsitzungen sind für Klientinnen und Klienten manchmal eine besondere Form des selten gewordenen Zeit-Nehmens. Sie nehmen sich Zeit für sich, klären ihre Werte und Bedürfnisse, entscheiden sich für eine Reihenfolge und brüten aus, was als Anlage bereits da ist. Dabei wird auch deutlich, ob es fremde Eier im Nest gibt und wie der Umgang damit sein kann. Aussortieren und aufschlagen wäre eine Variante. Aber ist die Schale erst mal geknackt, kommt das Ei nicht mehr zurück in seine Schutzhülle.
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