'Menschen gewinnen' lautete das Motto des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP). Wie schwierig das an sich simpel klingende Motto umzusetzen ist, zeigten verschiedene Redebeiträge zwischen dem 9. und 10. Juni 2005 in Wiesbaden. Während die Rekrutierung von Auszubildenden schon an Elementarkenntnissen wie Lesen und Schreiben scheitern kann, kommt es bei Führungskräften nicht zuletzt auf die Werte an.
'In einer unserer Filialen haben wir 54 Bewerber zu einem Azubi-Einstellungstest eingeladen, 34 sind erschienen, davon haben 24 bestanden, 14 haben wir daraufhin zum Assessment-Center eingeladen, 7 sind gekommen, aber keiner hat es geschafft'. Oliver Maassen, zuständig für die Nachwuchssicherung bei der Hypovereinsbank, schüttelte ungläubig den Kopf: 'Null aus 54 - das muss man sich mal vorstellen', gab der Leiter des Talent Centers der HVB auf dem 13. DGFP-Kongress in Wiesbaden ein ebenso eindrucksvolles wie traurig stimmendes Beispiel für die fehlende Einstiegsqualifikation nachwachsender Generationen.
Maassen sprach im Track 'Personalmanagement und Gesellschaft2, einem Forum, dass die Deutsche Gesellschaft für Personalführung zum ersten Mal in ihr Kongressprogramm aufgenommen hatte. Vom 9. bis 10. Juni 2005 widmete man sich hier u.a. der Frage: 'Sollen Bildungsdefizite durch betriebliche Qualifizierung ausgeglichen werden?' Und die Antwort lag alsbald auf dem Tisch: Ob die Unternehmen wollen oder nicht, sie werden es müssen. 'Wir müssen uns einmischen, auch wenn es nicht unsere Aufgabe ist. Und zwar nicht nur als Reparaturbetrieb, sondern auch durch Diskussionen mit der Kultusministerkonferenz', ließ Olaf Stieper, Abteilungsleiter Personalentwicklung bei der Metro AG, Düsseldorf, keinen Zweifel an der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen. Denn das Dilemma, vor dem die Unternehmen stehen, ist groß. Stieper: 'Die Anforderungen an und in Jobs steigen, die Einstiegsqualifikationen indes sinken, sowohl in fachlicher Hinsicht als auch bei den Werten und dem Sozialverhalten.' Und damit war der Personalentwickler bei dem an sich so simpel klingenden Motto des mit 850 Teilnehmern erstaunlich gut besuchten Kongresses angelangt: Menschen gewinnen.
Zentrale Frage: Wie gewinnt man Menschen?
'Mit Menschen Werte schaffen ist das Ziel des Personalmanagements. Menschen gewinnen, ist der Weg', proklamierte denn auch Stiepers Chef - Zygmunt Mierdorf - im Plenum. Der Personalvorstand der Metro AG forderte ein Alignment, eine Verzahnung des Personalmanagements mit der Unternehmensstrategie. Bei der Metro ist die HR-Strategie die Antwort auf die Unternehmensstrategie: Wachstum durch Vielfalt, um der Internationalisierung Rechnung zu tragen; Employer Branding, um unverwechselbare Marken des Handels zu schaffen (Retail Branding) und eine High-Performance-Organisation zur steten Portfolio-Optimierung.
Nicht nur Menschen gewinnen, sondern die richtigen Menschen gewinnen - in diese Richtung zielte Klaus Zumwinkel. Der oberste Chef der Deutschen Post World Net betonte, dass es zwar wichtig sei, die international besten Führungskräfte zu bekommen, aber würden diese die Werte des Unternehmens nicht verkörpern, wären sie gefährlich für das Unternehmen. 'Wir wollen eine Wertegemeinschaft sein', betonte Zumwinkel und ergänzte: 'Allein durch Zahlen lassen sich Menschen nicht führen.' Ein denkwürdiger Satz aus dem Munde des Vorstandes, der kurz zuvor erklärte, dass er sehr viel Zeit damit verbringt, über Anreizsysteme nachzudenken und Boni festzulegen. Bei der Post arbeiten inzwischen selbst die Zusteller leistungsabhängig, wenngleich auch nur zu fünf Prozent.
Wie wird Personalmanagement professionell?
Zahlen indes waren ohnehin das zweite große Thema des Kongresses. Zumwinkel wusste in dieser Hinsicht seine Anforderungen an ein professionelles Personalmanagement zu formulieren. 'Personalarbeit muss transparent sein', sagte der Vorstandsvorsitzende. Er meinte damit vor allen Dingen 'kostentransparent'. Personaler müssen mit Zahlen umgehen können. Vor diesem Hintergrund war es nicht verwunderlich, dass sich ein Forum des Kongresses eben genau mit der Frage der Qualität und Messbarkeit des Personalmanagements beschäftigte. So präsentierten Prof. Heinz Fischer von der Universität Pforzheim und Prof. Christian Scholz von der Universität des Saarlandes die Saarbrücker Formel zur Bewertung des Humankapitals als Schritt zur Professionalisierung des Personalmanagements. Und so stellte auch die DGFP die zum zweiten Mal erhobenen Ergebnisse ihres PIX, einem Index zur Entwicklung der Professionalität im Personalmanagement, vor. PIX hatte im Vorfeld des Kongresses harte Kritik durch Prof. Walter Oechsler von der Universität Mannheim zum methodischen Vorgehen einstecken müssen. Doch die DGFP nahm es gelassen, insgesamt froh, überhaupt einen Vorstoß in Richtung Messung der Professionalität des Personalmanagements gemacht zu haben. Die vorläufigen PIX-Ergebnisse zeigen im Übrigen: Viel hat sich nicht getan im Vergleich zum Vorjahr, nur das Kulturmanagement wird weit weniger professionell betrieben. 'Möglicherweise eine Konsequenz des Spar- und Restrukturierungskurses vieler Unternehmen', mutmaßte Sascha Armutat von der DGFP.
Doch bei aller Kritik an dem Instrument, vielleicht auch berechtigter: Immerhin scheut sich die DGFP nicht länger, in die Professionalisierungdebatte einzugreifen. Sie definiert Standards für professionelles Personalmanagement - sei es durch ihr Qualifizierungsprogramm ProPer oder durch das Messinstrument PIX. Und der Erfolg der Gesellschaft scheint zu bestätigen, auf dem richtigen Weg zu sein. 'Vor zehn Jahren zählte die DGFP 1.400 Mitglieder, heute sind es 2.200', zog DGFP-Geschäftsführer Hans Böhm Bilanz. Und die Gesellschaft scheint auch in anderer Hinsicht ein attraktiver Magnet zu sein. Jedenfalls präsentierten in diesem Jahr 224 Unternehmen ihre Dienstleistungen auf der stets parallel zu dem Kongress stattfindenden Messe 'Personal & Weiterbildung'. Ein neuer Ausstellungsrekord.