Personalberater sehen mit Sorge in die Zukunft, die Geschäfte laufen weit weniger gut als früher: 'Die Branche steckt in einer Krise', urteilt Joachim Staude, Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU). Nach zehn Jahren Wachstum würden jetzt erstmals viele HR-Dienstleister schrumpfen, erklärt Staude auf dem Personalberatertag Ende Mai 2002 auf dem Petersberg bei Bonn. Weniger Aufträge, weniger Umsatz - das sei heute Alltag in der ehemals von Dauer-Aufschwung verwöhnten Branche.
Die Misere drückt auch auf die Rendite der einst gut verdienenden Berater: 'Die Ertragskraft ist noch stärker zurück gegangen als der Umsatz', beschreibt Staude, der Deutschlandchef von TMP Worldwide ist, die gängige Erfahrung. Auf absehbare Zeit ist keine Besserung in Sicht. 'Die Durststrecke dauert noch mindestens 12 Monate', prognostiziert Bjørn Johansson von Dr. Johansson Associates, Zürich, einer auf Direktsuche von Topmanagern spezialisierten Personalberatung. Die Branche kämpft mit Budgetkürzungen bei den Auftraggebern - und sie muss es hinnehmen, dass schon erteilte Aufträge um Monate verschoben oder kurzfristig wieder storniert werden.
Preiskampf: Personalberater unterbieten sich gegenseitig
Die Sparwelle in den Personalabteilungen hat Folgen: 'Es gibt einen Preiskampf in der Branche', sagt Johansson. Zwar würde offiziell nicht gerne über den Rückgang der erzielbaren Honorare geredet - aber es sei längst Praxis, dass sich Personalberater gegenseitig unterböten. Grund dafür ist der zunehmende Kampf um Auslastung: Um überhaupt noch positive Deckungsbeiträge zu erwirtschaften, bieten sich viele Dienstleister zu deutlich geringeren Tagessätzen an als während der Boomzeiten.
Zudem schauen die Kunden jetzt genauer auf die Leistung. Zum Beispiel beim Headhunting: In Zeiten des 'War for Talents' war es üblich, dass Kandidaten akzeptiert wurden, die nur ungefähr den Anforderungsprofilen entsprachen. Hauptsache war, dass der Headhunter in der angespannten Beschaffungs-Situation überhaupt jemanden präsentieren konnte. Diese Praxis gibt es heute nicht mehr: 'Die Unternehmen wollen genau passende Mitarbeiter haben', beschreibt Karl A. Hecken von A-Priori International, einer Personalberatung mit Sitz in Rolandseck bei Bonn, den Trend. Ohne Qualität geht kaum noch etwas am Markt.
Marktbereinigung: Die Besseren bleiben
Die Konsequenz sind Pleiten: 'Wer die geforderte Leistung nicht liefern kann, scheidet aus', sagt BDU-Vize Staude. Auf Dauer nicht erfolgreiche Personalberater werden wegen des zunehmenden Konkurrenzkampfes um die Aufträge vom Markt verschwinden. Der Verband begrüßt diese Entwicklung - denn in den vergangenen Jahren habe der Markt Existenzen angezogen, die mitunter Leistungen zweifelhafter Qualität angeboten hätten. 'Der Markt sortiert jetzt nach Qualität. Die Besseren werden übrig bleiben', so Staude beim Personalberatertag.
Beratungsunternehmen, die im härter werdenden Wettbewerb mithalten wollen, müssen sich neu aufstellen. 'Die Kunden wollen den Headhunter nicht mehr als reinen Stellenbesetzer', beschreibt Hecken die neue Praxis: Es werde mehr Kompetenz verlangt. Gefragt seien z.B. Unterstützung bei der Personalstrategie und Trainings, die die Leistungen der bestehenden Mannschaft verbessern.
Außerdem würden die Klienten monatelange Suchzeiten nicht mehr akzeptieren: 'Kunden auf Mitarbeitersuche wollen heute schnell bedient werden', sagt der A-Priori-Chef: Wenn ein Auftrag für eine Stellenbesetzung komme, müsse der Headhunter im Grunde schon wissen, wen aus seinem Kandidaten-Pool er ins Rennen schicken wolle. Die Suche nach Kandidaten auf dem Personalmarkt, das Research, werde dadurch vor den Auftrag verlagert: Der Headhunter müsse seine Marktkenntnis ständig pflegen und aktualisieren - und mit dem Research nicht erst dann beginnen, wenn der Auftrag erteilt sei.
Positive Entwicklung bei Outplacement und Top-Executive-Research
Bei allen Negativ-Tendenzen gibt es jedoch laut BDU auch positive Trends zu vermelden: So wächst zum Beispiel die Outplacement-Beratung. In Zeiten des Personalabbaus erhalten viele Führungskräfte ein Ausstiegs-Paket, das auch Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Position einschließt. Auch den Direktsuchern an der Spitze der Management-Hierarchie geht es nach wie vor gut: Kleinere Headhunter-Firmen, die sich auf die Besetzung von Vorstands-Positionen spezialisiert haben, spüren den Abschwung nicht. Da in schlechten Zeiten viele Vorstände ausgetauscht werden, haben die Top-Executive-Searcher auch in Zeiten der Rezession gut zu tun.