Schlauer lernen
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Multitasken Sie, was Sie können!

Henning Beck erklärt, warum Multitasking Quatsch ist, aber dennoch motivieren kann.

Nun gut, gleich zu Beginn muss ich einschränken und Ihnen eine weitverbreitete Illusion nehmen: Multitasking ist Quatsch. Niemand kann wirklich multitasken. Multitasking ist so sinnvoll wie zwei Fernsehsendungen parallel zu schauen: Wenn Sie umschalten, ist der TV-Bildschirm kurz schwarz – und wenn Sie umgeschaltet haben, brauchen Sie ein paar Sekunden, bis Sie sich im neuen Programm zurechtgefunden haben. Dasselbe passiert auch beim Multitasking: Menschen springen schnell zwischen zwei Aufgaben hin und her, zwischendrin ist auch das Gehirn kurz „schwarz“, also irritiert und arbeitslos, danach braucht es Zeit, um die neue Aufgabe zu kapieren – Zeit, in der wir überdurchschnittlich viele Fehler machen. Es kommt sogar noch schlimmer: Menschen, die behaupten, besonders gut und viel multitasken zu können, sind besonders schlecht darin. Selbst wenn sie nicht multitasken, können sie sich schlechter konzentrieren, das Wichtige priorisieren oder fehlerfrei und fokussiert arbeiten.

„Vergesst das Multitasking!“, könnte man meinen. Doch das stimmt nicht ganz. Denn Multitasking hat eine unterschätzte Kraft: Menschen wissen nämlich, dass Multitasking kein Selbstläufer ist, und strengen sich mehr an, wenn es von ihnen erwartet wird. Genau das kam heraus, als man untersuchte, was Menschen bei Arbeits- und Lernaufgaben besonders motivierte. Während eine Gruppe klassische Konzentrationsaufgaben abarbeiten musste, wurde einer anderen Testgruppe vorher gesagt, dass es eine Multitaskingaufgabe wäre. Dabei wurde überhaupt nicht gemultitaskt – doch allein der Glaube daran versetzte Berge. Sobald die Testpersonen davon ausgingen, dass von ihnen ein besonders schweres Multitasking erwartet wurde, schnitten sie in denselben Aufgaben deutlich besser ab als diejenigen, die sich „einfach“ bloß konzentrieren sollten.

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Der Grund liegt in der Art und Weise, wie wir Aufgaben im Gehirn verarbeiten und priorisieren. Wir nehmen nämlich nicht einfach passiv eine Aufgabe an, sondern wir antizipieren den Schweregrad schon von vorneherein. So ähnlich wie beim Autofahren: Wenn Sie beschleunigen wollen, schalten Sie, „Kick-down“, einen Gang zurück. Ähnliches auch beim Wasserkistenheben: Sie spannen den gesamten Körper an, bevor Sie die 14 Kilogramm hochwuchten.

Beim Gehirn gibt es ein ähnliches geistiges Wuchten, das mental vorbereitet wird. So kann man Menschen besonders motivieren, wenn die Tätigkeiten eigentlich gar nicht so schwer sind, aber auch nicht zu leicht, sodass man vorschnell die Konzentration verliert: Man vermittelt die Aufgaben als etwas schwieriger, als sie eigentlich sind. Entweder man behauptet, dass es Multitaskingaufgaben wären, oder man stellt sie als besonders knifflig und anspruchsvoll hin. Wenn man dann beim Abarbeiten merkt, dass es doch nicht ganz so schwierig ist, fühlt man sich gleich besser und glaubt, dass man besonders viel auf dem Kasten hat. Etwas Ähnliches kennen Sie vielleicht von Internetportalen, die mit Clickbait-Rätseln locken: „Nur 5 Prozent der Menschen können dieses Rätsel lösen. Schaffen Sie es?“ Um dann festzustellen, dass das Rätsel doch nicht so schwer war. Kurzum: Motivation entsteht, wenn schwere Aufgaben plötzlich leichter werden als gedacht. Um das zu erreichen, kann man mental ein bisschen nachhelfen. Und was das Multitasking betrifft: Vergessen Sie es trotzdem! Machen Sie eins nach dem anderen. Ihr Gehirn wird es Ihnen danken.

Der Autor: Henning Beck ist Neurowissenschaftler, und zwar einer der verständlichen. In Vorträgen und Seminaren vermittelt er die spannenden Themen des Gehirns. Sein aktuelles Buch heißt „Das neue Lernen heißt Verstehen“. Kontakt: ­www.henning-beck.com

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