Die Preisträger des ersten Weiterbildungs-Innovations-Preises (WIP) sind ermittelt - und mehr noch als das Internet prägt die Serviceorientierung den Wandel in der Berufswelt.
Kein 1. Preis, aber zwei 2. und zwei 4. Preise - somit konnten sich sechs Bildungsanbieter mit dem Weiterbildungs-Innovations-Preis schmücken, den der Generalsekretär des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Prof. Dr. Helmut Pütz, am 24. Mai 2000 in Bonn überreichte. Das 30-jährige Bestehen des BIBB, die Anwesenheit von Bildungsministerin Edelgard Bulmahn und das Haus der Geschichte als Veranstaltungsort sorgten für den feierlichen Rahmen. Rund 200 Weiterbildungsanbieter hatten sich mit ihren Konzepten an dem Wettbewerb beteiligt, der vom BIBB gemeinsam mit dem Weiterbildungsmagazin managerSeminare erstmals ausgelobt wurde (siehe auch Heft März/April 2000). Mit der 'Gleichwertigkeit der eingereichten Beiträge' begründete Pütz das Votum der Jury, auf die Vergabe des ersten Preises zu verzichten. Das klang in den Zwischentönen wie ein Appell an den Weiterbildungsmarkt, sich seiner Vorreiterrolle als Innovationsträger noch stärker zu stellen - und war wohl auch so gemeint. Mit der Auswahl der Preisträger bewies die Jury, dass sich innovative Konzepte für die Qualifizierung von Fachkräften nicht nur auf die boomenden Bereiche Internet und E-Commerce beschränken. Die prämierten Maßnahmen sind vielmehr ein Spiegelbild für die Heterogenität des Weiterbildungsmarktes wie der notwendigen Qualifikationsanforderungen (siehe Kasten). Das Rollstuhltraining - von Sabine Hübner in Eigenregie entwickelt - setzt in äußerst eindrücklicher Weise auf das Lernen durch Erfahrung. Mit der Vergabe des zweiten Preises brach das BIBB zugleich eine Lanze für die in Sachen Weiterbildung meist sträflich vernachlässigten Pflegeberufe. Die Qualifizierung zum Dentalberater zeigt beispielhaft, wie durch das Training von Schlüsselqualifikationen neue Berufschancen und neue Berufsbilder entstehen. Alle ausgezeichneten Maßnahmen verfolgen zudem das gemeinsame Ziel, ein ausgeprägtes Dienstleistungs- und Servicebewusstsein zu vermitteln. 'Weiterbildungsangebote, die heute noch die Ausnahme sind, können Aufschluss darüber geben, was morgen in der beruflichen Weiterbildung die Regel sein wird', fasste Pütz Sinn und Zweck des Weiterbildungs-Innovations-Preises zusammen. Mittelfristig erhofft sich das BIBB, rechtzeitig Marktinformationen über zukünftige Qualifikationsanforderungen zu erhalten, bevor aufwendiges 'Hinterherqualifizieren' nötig wird. Die aktuelle Green-Card-Diskussion zeigt indes, wie schwierig langfristige Prognosen bis dato sind - und wie notwendig. Trotzdem zeigte sich Pütz optimistisch: 'Qualifikationsanforderungen fallen schließlich nicht vom Himmel.'
Die Preisträger im Urteil der Jury
2. Preis: 'Rollstuhltraining'
Der Ansatz des Rollstuhltrainings von Sabine Hübner aus Ratzeburg: Personen, die Rollstuhlfahrer auf ein Leben im Rollstuhl vorbereiten müssen, sollen im eigentlichen Sinne 'erfahren', welche Anforderungen der Alltag im Rollstuhl stellt und welche Probleme Rollstuhlfahrer tagtäglich zu bewältigen haben. Die Maßnahme versteht sich als Zusatzqualifizierung von Therapeuten, Herstellern von Rollstühlen, Krankengymnasten, Pflegepersonal und persönlichem Betreuer von Behinderten. Das breite Spektrum der bisherigen Teilnehmer dieser Weiterbildungsmaßnahme belegt, dass ein beträchtlicher Fortbildungsbedarf in dieser Hinsicht besteht, zumal die Zahl der Behinderten in der Bundesrepublik Deutschland stetig steigt. Das Urteil der Jury: 'Auch unter berufspädagogischen Aspekten eine zukunftsweisende Neuerung, weil mit dem Ansatz des Lernens durch (Selbst-)Erfahrung wichtige Transfermöglichkeiten für die Berufsbildung in Dienstleistungsberufen geschaffen werden.' A Kontakt: Sabine Hübner, Henri-Dunant-Str. 14, D-23909 Ratzeburg, Tel.: 04541-87 07 80.
2. Preis: 'WEBMaster'
Das Fernlehrangebot 'Web-Master SGD' wendet sich an fachfremde, überwiegend junge Personen ohne einschlägiges Hochschulstudium, die sich in den expandierenden Beschäftigungsfeldern Internet und E-Commerce qualifizieren wollen. Aufgabe des Web-Masters ist es, unternehmerische Internet-Auftritte vorzubereiten und so zu betreuen, dass sich das Unternehmen potenziellen Kunden mit einem professionell gestalteten Angebot präsentiert. Die Jury lobte an der Maßnahme der Studiengemeinschaft Darmstadt insbesondere das richtungsweisende Lehrmethodenmix aus virtuellem Lernarrangement verbunden mit multimedialem Lernen und integriertem Lernen mittels Print-Materialien sowie einer intensiven persönlichen Betreuung. Dabei könne gezielt auf die individuellen Belange der Teilnehmer wie Lerntempo und Lernerfolg eingegangen werden. A Kontakt: Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD), Harald Stürmer, Postfach 10 01 64, D-64201 Darmstadt, Tel: 06157-8 06 35.
3. Preis: 'Dentalberater'
Die Qualifizierung in den 'soft skills' steht im Mittelpunkt der Weiterbildung zum Dentalberater. Dessen Aufgabe ist es, im Gespräch mit den Patienten den zahnärztlichen Therapievorschlag zu erläutern, die Bedürfnisse der Patienten zu ermitteln und ihnen bedarfsgerechte Lösungsmögiichkeiten zu unterbreiten. Ziel ist die weitgehende Entlastung des Zahnarztes. Voraussetzung für die Weiterbildung ist eine abgeschlossene Ausbildung als Zahnarzthelfer, Zahntechniker oder in kaufmännischen bzw. administrativen Berufen in Zahnarztpraxen. Die Jury urteile: 'Durch die Maßnahme wird gleichzeitig die Attraktivität der gesundheitlichen Berufe verbessert, die die Branche dringend benötigt. Auch wenn der Kern der Maßnahme nicht ganz neu ist, so überzeugt die Form des Intervalltrainings. Mit der Maßnahme wird dem Abbau von Arbeitsplätzen in der Branche entgegengewirkt und gleichzeitig ein neues Beschäftigungsfeld eröffnet, das kunden- und dienstleistungsorientiert ist.' A Kontakt: INtem Trainer-Gruppe Sessler & Partner GmbH, Helmut Seßler, Mallaustr. 69-73, D-68219Mannheim, Tel: 0621-44 80 48.
4. Preis: 'Technischer Betriebswirt Gebäudemanagement'
Der Bildungsweg mit Zusatzqualifikation 'Technischer Betriebswirt Gebäudemanagement' verbindet eine handwerkliche Erstausbildung in der Gebäudereinigung mit einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung und Qualifizierung im Gebäudemanagement. Zielgruppe dieser vierjährigen Sonderausbildung sind Abiturienten, denen mit der Kombination aus fachlicher, betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Qualifizierung eine attraktive Berufsperspektive im expansiven Bereich des Handwerks angeboten werden soll. Der Qualifikationsmix ist nach Auffassung der Jury beispielhaft auch für andere Branchen des Mittelstandes. A Kontakt: Akademie der Handwerkskammer Hamburg, Dr. Marianne Ludewig, Holstenwall 12, D-20355 Hamburg, Tel.: 040-35 90 53 42.
4. Preis: 'Geprüfter Kfz-Servicetechniker'
Mit dem bereits seit 1998 in Kraft getretenen anerkannten Abschluss 'Geprüfte/r Kfz-Servicetechniker/-in' wurde im Kraftfahrzeug-Gewerbe eine Karrierestufe etabliert, die den traditionellen Handwerks-Dreiklang 'Lehrling-Geselle-Meister' in einen 'Vierklang' verwandelt. Jungen Mitarbeitern wird eine zusätzliche Aufstiegsmöglichkeit zwischen Geselle und Meister eröffnet. Die Qualifizierung, die bisher von über 10.000 Kfz-Fachkräften erfolgreich absolviert wurde, kann direkt und ohne Wartezeiten an die Gesellenprüfung angeschlossen werden und konzentriert sich auf den Bereich Diagnose und Instandsetzung von elektronischen Fahrzeugsystemen. Die Jury sieht in der Weiterbildungsmaßnahme in besonderer Weise den Innovationsbedarf und die gewandelten Anforderungen der Branche berücksichtigt, womit gleichzeitig die Attraktivität der beruflichen Bildung im Kfz-Gewerbe erhöht werde. A Kontakt: Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes, Ingo Meyer, Postfach 150162, D-53040 Bonn, Tel.: 0228/9127284
5. Preis: 'Certified Electronic-Commerce Supporter einschl. Certified Internet Administrator-Basissupport'
Mit dem modularen Qualifizierungssystem 'Certified Electronic-Commerce Supporter einschl. Certified Internet Administrator-Basissupport' werden Fachkräfte ausgebildet, die in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) die Administration von Internet-Technologien übernehmen und den Aufbau von virtuellen Handelsplattformen (E-Commerce) im Internet unterstützen sollen. Das Angebot richtet sich an Personen, die über grundlegende EDV-Erfahrungen verfügen und an ihrem Arbeitsplatz zunehmend mit dem Aufbau elektronischer Geschäftsbeziehungen konfrontiert werden. Als 'positive Antwort auf die gegenwärtige Greencard-Diskussion' bewertet die Jury die Maßnahme und sieht in der gelungenen Verbindung von kaufmännischen mit technischen Qualifikationen günstige Beschäftigungsmöglichkeiten gerade auch in kleinen und mittleren Unternehmen.