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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Nico Rose aus managerSeminare 298, Januar 2023
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An einem Nachmittag im Dezember 2012 saß ich in meinem Büro im Headquarter von Bertelsmann und heulte wie ein Schlosshund, zum ersten Mal in diesem Job – aber dafür sicherlich eine Viertelstunde lang. Sicherheitshalber hatte ich meine Tür abgeschlossen. Ich wollte meine Trauer niemandem zeigen – wollte mich in diesem „Nicht-Management-tauglichen“ -Zustand niemandem auf meinem Flur zumuten. Heute würde ich das möglicherweise anders handhaben. Vielleicht würde ich die Tür offen lassen, andere an meinem Kummer teilhaben lassen und darüber Trost erfahren. Damals war ich noch nicht so weit. Doch was war überhaupt passiert?
Eine Mitarbeiterin und enge Vertraute hatte mir einige Tage zuvor mitgeteilt, dass sie eine neue Herausforderung in München annehmen wolle. An besagtem Nachmittag kam ich nach mehreren Dienstreisen erstmals wieder zur Ruhe. Ich begann, über das neue Jahr nachzudenken und wie es werden würde, ohne diesen Menschen an meiner (beruflichen) Seite. Und dann weinte ich. Etwas später, nachdem ihre berufliche Veränderung offiziell geworden war, setzte ich auf dem Facebook-Kanal von Bertelsmann Careers einen Post ab: ein schwarz-weißes Bild von der Kollegin und mir, in Form entzweiter Puzzlestücke – mit den besten Wünschen für die Zukunft. Vielleicht etwas schwülstig, aber von Herzen kommend. Damals hat es mir geholfen, meiner Trauer Ausdruck zu verleihen.
Abends sprach ich mit meiner Frau über diese Erfahrung. Sie hörte mir eine Weile zu und sagte schließlich: „Na, ist doch klar. Sie war deine Büro-Ehefrau.“ Ich hatte diesen Begriff bis dahin noch nicht gehört, doch er ergab unmittelbar Sinn: Wenn eine verdiente Mitarbeiterin das Team verlässt, ist das mitnichten ein Grund zum Jubilieren – aber eine „Scheidung“ nach einigen Jahren Office-Ehe hat noch mal eine völlig andere emotionale Tragweite.
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