Testgelesen
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Neue Bücher zum Thema Diversity

Diverse Teams sind meist innovativer und effektiver – vorausgesetzt, die Unternehmenskultur stimmt. Was müssen Unternehmen beim Diversity Management beachten? Welche Rolle spielt der Bias von Führungskräften bei Gleichberechtigung und Inklusion? Und welche Maßnahmen und Methoden helfen konkret in der Praxis? Vier neue Bücher liefern Antworten.

​Kelly McDonald: Gemeinsam unterschiedlich​

Testgelesen von ​Fadja Ehlail​

Kaum ein Thema polarisiert derzeit so sehr in den Unternehmen wie Diversität. Die erfahrene Speakerin und Autorin Kelly McDonald legt in ihrem Buch einen umfassenden Leitfaden für Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Diversity, Gleichberechtigung und Inklusion am Arbeitsplatz vor. Im Fokus steht deren Bedeutung für die ökonomische Situation der Unternehmen. McDonald führt gleich zu Beginn wissenschaftlich fundiert an, warum wir alle voreingenommen sind und weshalb es gerade in einer weiß und männlich geprägten Führungswelt wichtig ist, diesen Bias anzuerkennen und sich damit auseinanderzusetzen. Anhand zahlreicher Beispiele, Studien und einem Business Case belegt die Autorin den Vorteil für diverse und inklusive Unternehmen in Bezug auf Produktivität, Effektivität, Outcome und Employer Branding. McDonald gibt klare Handreichungen zum Umgang mit Aussagen wie „Wir finden keine qualifizierten diversen Bewerber*innen“ oder „Wir haben schon einmal eine diverse Person eingestellt/befördert, und das ist gescheitert“. Sie beschreibt außerdem konkrete Schritte zum Erzielen von sichtbaren und nachhaltigen Fortschritten beim Etablieren einer Diversity-Kultur, einschließlich Chancengerechtigkeit und Inklusion.

Informationsdichte Zahlreiche Beispiele, Studien und ein Business Case verdeutlichen die Bedeutung des Themas für Wirtschaft und Gesellschaft. An einigen Stellen ähneln sich die Beispiele. Hier hätte eine größere Bandbreite die Bedeutung einer gelebten Chancengleichheit noch mehr herausheben können. Insgesamt ist die Informationsdichte aber angemessen.

Punkte: 4 von 4
Visuelle Gestaltung Das Cover weckt wenig Neugier. Eine an die englische Ausgabe angelehnte Aufmachung, die weniger an interkulturelle Folklore erinnert, würde dem Inhalt meines Erachtens gerechter werden. Der Inhalt selbst ist übersichtlich und klar abgegrenzt. Grafiken und Schaubilder könnten das Querlesen jedoch leichter machen und damit den Nutzen für die Zielgruppe erhöhen.

Punkte: 3 von 4
Gliederung Die Struktur ist übersichtlich und klar. Die Kapitel können unabhängig voneinander gelesen werden, wodurch Leserinnen und Leser die Möglichkeit haben, sich mit denjenigen Fragen zu beschäftigen, die sie für relevant halten. Die einzelnen Kapitel sind kurz und gut lesbar.

Punkte: 4 von 4
Verständlichkeit Das Buch ist sehr verständlich geschrieben. Die Beispiele sind lebensnah und nachvollziehbar. Die Autorin erklärt etwa, warum Aussagen wie „Wir stellen nach Qualität ein, nicht nach Hautfarbe“ und „Ich behandle alle Menschen gleich“ problematisch sind und was man stattdessen sagen kann. Solche konkreten Vorschläge tragen zu einer weniger rassistischen und diskriminierenden Sprache bei.

Punkte: 4 von 4
Eignung Das Buch eignet sich für Führungskräfte und HR-Mitarbeitende, die ein inklusiveres Umfeld in ihrem Unternehmen schaffen wollen. Auch Trainerinnen und Coachs können Erkenntnisse für sich selbst und ihre Arbeit gewinnen. Der Fokus auf eine US-amerikanische Leserschaft sorgt jedoch dafür, dass sich einige Beispiele nicht ohne Weiteres auf die deutsche Arbeitswelt übertragen lassen.
Relevanz Das Thema Rassismus durchzieht die gesamte Gesellschaft und betrifft folglich alle. Das Buch setzt sich vor dem Hintergrund mit relevanten Themen wie Bias, Blinde Flecken, Voreingenommenheit und Inklusion auseinander. Es wirkt an keiner Stelle moralisierend und gibt viele Beispiele und Handreichungen, die helfen, die Bedeutung von Diversity für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu belegen.

Punkte: 4 von 4

​Annette Bürger, Nina Schneider: Diversity Management

Testgelesen von Claudia Irsfeld

Das Buch liefert eine gute Einführung in die Themenbereiche Diversity und Führung in Organisationen. Die beiden Autorinnen erklären ausführlich, weshalb Frauen trotz besserer Qualifikation immer noch nicht in der erwünschten Zahl in den Führungsetagen angekommen sind, geben Ansatzpunkte zur Verbesserung und vergleichen die Fördermöglichkeiten weiblicher Führungskräfte im öffentlichen Dienst mit denen in der Privatwirtschaft. Die Basis ihrer Arbeit bilden Interviews mit Führungskräften der Stadt Bochum und einem international agierenden Unternehmen. Dieser doppelte Blickwinkel, aus dem heraus konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt werden, ist das Besondere an dem Buch. Zum Schluss stellen die beiden Autorinnen heraus, dass die Entwicklung von Maßnahmen eine genaue Bedarfsermittlung benötigt. Zudem müsse die Unternehmenskultur berücksichtigt und auf eine sogenannte lebensphasensensible Personalpolitik geachtet werden, die die Förderung von späteren Karrieren von Frauen begünstigt. Lesende erhalten einen breiten Fundus an Studienhinweisen, einen Überblick an Maßnahmen sowie Originalzitate aus Interviews, die als Argumentationshilfen für die weitere Arbeit eingesetzt werden können.

Informationsdichte Die beiden Autorinnen beschreiben ihr wissenschaftliches Vorgehen ausführlich. Es werden fast 100 Seiten Literaturverzeichnis mitgeliefert, was die intensive Recherche zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten erleichtert. Die Hälfte des Buches beinhaltet theoretische Informationen und die andere Hälfte die Darstellung und Interpretation der Ergebnisse.

Punkte: 4 von 4
Visuelle Gestaltung Die Schriftgröße ist angenehm groß im Vergleich zu vielen anderen wissenschaftlichen Texten. Wesentliche Aussagen werden im Text hervorgehoben. Das Buch enthält jedoch wenig Grafiken, Tabellen und Abbildungen und ist sehr textlastig. Weitere Visualisierungen wären hilfreich für die Verständlichkeit gewesen.

Punkte: 3 von 4
Gliederung Ein ausführliches Inhaltsverzeichnis gibt eine erste Orientierung. Das Buch ist in einen theoretischen, methodischen und einen empirischen Teil gegliedert. Dadurch lassen sich sehr gut einzelne Aspekte und Themen herausgreifen. Die vielen Unterkapitel sorgen jedoch an einigen Stellen dafür, dass man die übergeordneten Themen aus den Augen verliert.

Punkte: 3 von 4
Verständlichkeit Das Buch ist verständlich geschrieben, es werden so gut wie keine Fremdwörter benutzt, und das Vorgehen wird ausführlich erläutert. Ein umfassendes Literaturverzeichnis ermöglicht weitere Literaturrecherchen und ein tieferes Einsteigen in die Themen.

Punkte: 4 von 4
Eignung Es ist ein Fachbuch für Diversity-Verantwortliche, HRlerinnen und Führungskräfte, die die wissenschaftlichen Hintergründe zum Thema Führungskräfteentwicklung von Frauen verstehen wollen. Diese Zielgruppen können aus den unterschiedlichen Perspektiven zahlreiche Impulse für ihre Arbeit mitnehmen.
Relevanz Die Förderung von Frauenkarrieren ist ein hochaktuelles Thema, das hier ausführlich bearbeitet wird. Auch wenn es keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse liefert, gibt das Buch einen Überblick über mögliche Maßnahmen mit einer Einordnung der Wirksamkeit in unterschiedlichen Unternehmensformen und -kulturen.

Punkte: 4 von 4

​Petia Genkova et al. (Hrsg.): Diversity nutzen und annehmen

Testgelesen von ​Irene Lamberz

Wer sich ein Praxishandbuch oder eine systematische Einführung zum Thema „Diversity“ erhofft, sollte nicht zu diesem Buch greifen. Es informiert über den aktuellen Stand interdisziplinärer Forschung sowie über kleinere Hochschulprojekte und deren wissenschaftlichen Untersuchungsaufbau, mit Fokus auf den MINT-Bereich. Erst in den letzten zwei Kapiteln sind die Fragestellungen stärker auf (berufs-)praxisrelevante Erkenntnisse fokussiert. Im Wesentlichen konzentrieren sich die Beiträge dabei auf den Kontext Migration und daraus resultierende Implikationen für das Diversity Management in den Bereichen Bildung, Beruf und Führung. Meiner Meinung nach hätte der Verlag zumindest im Untertitel auf diesen Schwerpunkt hinweisen können. Alle Beiträge beschäftigen sich mit den Voraussetzungen für positive Einstellungen zu (kulturell) gemischten Teams. Entlang bestehender Forschungsdiskussionen wird überprüft, welche Faktoren sich eher hemmend und welche sich eher förderlich auf die Entstehung solcher „Diversity Beliefs“ auswirken. Die im Titel angekündigten Praxisimplikationen sind der wissenschaftlichen Publikation allerdings nur mit Anstrengung zu entnehmen – und werden auch nicht immer durch Erkenntnisgewinn belohnt.

Informationsdichte In dem Sammelband überwiegt die Forschungsperspektive. Die Kapitel sind nicht gut aufeinander abgestimmt, was zu einer Wiederholung von Inhalten und teilweise sogar zu Widersprüchen in der Argumentation führt. Da sich auch die Kapiteleinstiege wiederholen und sich einzelne Unterkapitel ausschließlich Forschungsdesigns widmen, ist das Buch in meinen Augen für die Praxis weniger geeignet.

Punkte: 2 von 4
Visuelle Gestaltung Das Cover und die Textgestaltung vermitteln einen seriösen Eindruck. Die Schrift ist gut zu lesen, allerdings weist das Buch kaum Gestaltungselemente auf. Es gibt vereinzelte Grafiken, darunter Tabellen, Diagramme und graue Kästen mit Übersichten. Diese Grafiken veranschaulichen aber nur wissenschaftliche Aspekte und helfen nicht beim Transfer in die Praxis.

Punkte: 2 von 4
Gliederung Dem Buch fehlt eine erkennbare Kohärenz – die Themenfelder (Studium, Beruf, Führung) sind nicht klar abgegrenzt. Ein Glossar, in dem wichtige Leitbegriffe erklärt werden, wäre hilfreich gewesen, um die Dopplung von Definitionen zu vermeiden und das Querlesen zu erleichtern.

Punkte: 2 von 4
Verständlichkeit Die wissenschaftliche Sprache erschwert das Verständnis – z.B. durch Formulierungen wie „Zusammenhangsvariablen und Prädiktoren für eine erfolgreiche Nutzung der Vielfalt“. Praxisbeispiele sind rar gesät: Trotz Überschriften wie „Best Practice – Wie sieht ein optimales Diversity Management nach Erkenntnissen der Forschung aus?“ bleibt das Buch oft allgemein.

Punkte: 2 von 4
Eignung Das Buch eignet sich für Leserinnen und Leser, die sich für sozialwissenschaftliche Untersuchungsansätze sowie für den aktuellen Forschungsstand in dem Bereich interessieren. Vorwissen sollte vorhanden sein. Der „Praxis-Leitfaden“ am Ende wird dieser Bezeichnung nicht gerecht, es handelt sich dabei meines Erachtens um eine lose Zusammenstellung von Empfehlungen ohne fachlichen Tiefgang.
Relevanz Der an sich erfreuliche Versuch, einen Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis herzustellen, ist nicht ganz gelungen. Verwertbare Erkenntnisse findet man kaum. Das liegt vor allem an dem eng gefassten Diversity-Verständnis und dem Fokus auf den MINT-Bereich. Letzterer ist vermutlich dem Hintergrund der Veröffentlichung geschuldet – das Buch basiert auf einem Förderprojekt.

Punkte: 2 von 4

​Sally Helgesen, Marshall Goldsmith: How Women Rise

Testgelesen von ​Ulrike Reiche

Das Autorenteam Sally Helgesen und Marshall Goldsmith geht davon aus, dass die gleichen Gewohnheiten, die Frauen am Anfang ihrer Karriere helfen, sie auf ihrem Weg nach oben behindern. Konkret fokussieren sie auf zwölf Verhaltensmuster, die für Frauen typisch seien, beispielsweise kein zielgerichtetes Beziehungsmanagement zu betreiben, in der Perfektionsfalle zu sitzen und süchtig nach Anerkennung zu sein. Sie nehmen konsequent die Erweiterung des Handlungsspielraums von ambitionierten Frauen in den Blick und unterfüttern ihre Beobachtungen mit Beispielen aus ihrer Coachingpraxis. Gut gelungen ist der Perspektivwechsel im zweiten Teil, in dem es darum geht, welche Gewohnheiten Frauen häufig haben und wie sie diese ablegen können. Ergänzt wird das im dritten Teil durch praxistaugliche Tipps. Leider gibt es jedoch keine Fußnoten oder Querverweise, die die Aussagen belegen. In Kapitel 18 werden etwa Ergebnisse einer Studie wiedergegeben, ohne auf deren Hintergründe einzugehen. Dem Anspruch, ein Praxisbuch für die zukünftige Generation von weiblichen Führungskräften zu sein, wird das Buch meines Erachtens nicht gerecht, weil es zu stark mit Stereotypen arbeitet. Es fordert Frauen dazu auf, sich an die von Männern definierten Normen anzupassen, was einem modernen Diversity-Verständnis widerspricht.

Informationsdichte Die zwölf hinderlichen Gewohnheiten, die für Frauen typisch seien, werden ausführlich beschrieben. Die Reflexionen über eine gelungene Verhaltensänderung zeigen den konkreten Nutzen für den Karriereweg auf. Das Autorenteam scheint aber die strukturellen Gegebenheiten, die Frauen am beruflichen Aufstieg hindern, hinzunehmen und versäumt es, sich zu einem geeigneten Umgang damit zu positionieren.

Punkte: 3 von 4
Visuelle Gestaltung Mit dem Papierflieger auf dem Cover verbinde ich nicht jene ambitionierten Frauen, um die es eigentlich gehen soll – eine kraftvollere Farbgebung und passendere Symbolik würde dem Thema eher gerecht werden. Der Inhalt ist außerdem textlastig, es gibt keine Visualisierungen, Übersichten oder Hervorhebungen, z.B. von Kernaussagen, oder Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel.

Punkte: 2 von 4
Gliederung Die Einführung in den geforderten Mindset-Wandel durch Perspektivwechsel und Reframing ist gelungen. Der inhaltliche rote Faden wird durchgängig aufrechterhalten. Die Inhalte sind systematisch aufgebaut. Das Autorenteam setzt die zwölf Gewohnheiten zueinander in Beziehung und begründet die gewählte Reihung. Der Inhalt erschließt sich auch beim Lesen einzelner Kapitel.

Punkte: 4 von 4
Verständlichkeit Die zwölf hinderlichen Gewohnheiten sind verständlich und umfassend definiert. Diese und weitere Inhalte werden praxisnah beschrieben. Die Übersetzung ist jedoch stellenweise nicht gut gelungen; zudem hat das Lektorat einige Rechtschreib- und Satzbaufehler übersehen. Gendergerechte Sprache wird nicht konsequent berücksichtigt.

Punkte: 3 von 4
Eignung Das Autorenteam wendet sich an zukünftige Generationen von weiblichen Führungskräften und diejenigen, die ihnen zum Erfolg verhelfen wollen, z.B. als Coach. Jungen Nachwuchskräften mag es hilfreiche Impulse geben, wenn sie Widerstände auf dem Berufsweg erfahren. Für erfahrene Coachs bietet das Buch hingegen wenig Mehrwert, auch weil es gängige Stereotype referiert, statt sie infrage zu stellen.
Relevanz Das Buch spiegelt Verhaltensweisen von Frauen vor denen von Männern und nützt mit seinen Hinweisen jenen, die bereit sind, eine Anpassung an die von Männern definierten Normen in der Arbeitswelt vorzunehmen bzw. als Coach zu unterstützen. Wer das nicht möchte, dürfte das Buch nicht relevant finden, da es strukturelle Hindernisse ausklammert und wenig Impulse für einen Kulturwandel liefert.

Punkte: 3 von 4
Die Testlesenden: Fadja Ehlail ist geschäftsführende Gesellschafterin der Com-Across GmbH. Ihr Unternehmen hat sich auf die Arbeit mit Führungskräften aus Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft zu den Themen Diversität, Leadership und agiles Lernen in Organisationen spezialisiert. Kontakt: com-across.de

Claudia Irsfeld ist Personalleiterin in einer Managementberatung, Coach und Trainerin sowie Speakerin und Autorin für Karriere- und Gehaltsverhandlungen – speziell für Frauen. Ihr Anliegen ist es, mehr Frauen in Führung zu bringen und Fair Pay zu etablieren. Kontakt: Kontakt: www.be-on-track.de

Dr. Irene Lamberz leitet seit 2012 am Kompetenzzentrum für Studium & Beruf (Universität Koblenz-Landau) ein Team, das Studierende bei ihrer Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung unterstützt. Nebenberuflich ist sie für die Personalberatung INOPERE tätig. Kontakt: Kontakt: www.inopere.com

Ulrike Reiche ist Rednerin, Coach, Yogalehrerin und Buchautorin. Seit 2004 begleitet sie Führungskräfte und Unternehmer bei ihrer Entwicklung. Ihre Kernthemen: flexible Arbeitskonzepte, Leadership und berufliches Gesundheitsmanagement. Kontakt: www.ulrikereiche.de
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