Als Blackberry im Februar sein neues Handy vorstellte, blieb manchem Medienvertreter der Mund offen stehen: Das Q20 besitzt, genau wie sein gefloptes Vorgängermodell, das Q10, eine physische Tastatur. Wohl kaum einer hatte damit gerechnet, dass sich das kanadische Unternehmen weiter dem unaufhaltsamen Touchscreen-Trend widersetzt. Während wohlwollende Kommentare den Kanadiern zumindest Hartnäckigkeit bescheinigten, wunderten sich andere offen über deren Sturheit.
Unter Psychologen lösen solche Fälle von Sturheit keine Verwunderung aus. Sie kennen das Phänomen unter dem Fachbegriff Belief Perseverance, der Neigung, von einmal gefassten Überzeugungen und Einstellungen nicht mehr abzuweichen, stellt sich die Realität auch noch so quer. 'Starrköpfigkeit ist keine Seltenheit, sondern die natürliche Geisteshaltung', erklärt der Sozialpsychologe Hans-Peter Erb von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Dahinter stecke vor allem das Bedürfnis nach Konsistenz. 'Jeder Einstellungswechsel erzeugt eine als unangenehm empfundene Inkonsistenz, weil die neue Einstellung im Widerspruch zur alten steht', erläutert Erb.
Die Sozialpsychologie hat nachgewiesen, dass das Bedürfnis nach Konsistenz bei Menschen umso größer ist, je stärker sie im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Und weil die Aufmerksamkeit naturgemäß der Macht folgt, steigt mit letzterer tendenziell auch die Sturheit. Erb: 'Das ist der Hauptgrund, warum insbesondere in den oberen Managementetagen so oft Fälle von Starrköpfigkeit zu beobachten sind.' Eben solche wie der von Blackberry-Chef John Chen, der offensichtlich nicht von seiner Überzeugung abzubringen ist, dass der physischen Tastatur die Zukunft gehört. Zugespitzt ausgedrückt: je höher der Rang, desto sturer der Boss.
Extras:- Fragebogen: Anregung zur Selbstreflexion – Wie stur bin ich?
- Organisationale Offenheit: Neben der Spur fragen
- Literaturtipps: Kurzrezensionen zweier Bücher und Hinweis auf einen Fachartikel über Achtsamkeit