Andreas Buhr in Speakers Corner
Andreas Buhr in Speakers Corner

„Tue Gutes und rede nicht darüber“

Einfach mal zu machen, eine Handlungsheldin, ein Handlungsheld zu sein, ist immer besser, als zu den Ankündigungsweltmeistern zu gehören, die ständig in der Schuld stehen.

Einfach mal zu machen, eine Handlungsheldin, ein Handlungsheld zu sein, ist immer besser, als zu den Ankündigungsweltmeistern zu gehören, die ständig in der Schuld stehen. Daher: Mein Impuls sollte nur aus diesen sechs Wörtern bestehen: Tue Gutes und rede NICHT darüber. Diese sechs Wörter reichen schon aus. Punkt und fertig!

Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt. Die Belohnung jeder (guten) Tat liegt in ihr selbst. Wenn sie sinnvoll ist. Weil sie Sinn verleiht, Beweis von Selbstwirksamkeit ist, Freude bringt, Feedback ist, Kraft gibt, meinetwegen: auf das „gute Karma einwirkt“. Oder – wie meine Großmutter noch sagte –, weil „der liebe Gott alle guten Taten sieht“. Handlungsorientierung ist und bleibt die Königsdisziplin. Wer Taten aber nicht immer und zwingend sehen muss: Instagram- oder Clubhouse-Follower. Facebook-Fans. Die Presse und eine meist uninteressierte Teilöffentlichkeit, die mit lauten, nur scheinbar demütigen Blogbeiträgen und Pressemitteilungen zwangsbeglückt werden („Wie schön, dass wir helfen durften!“).

Die Pressemitteilungen werden – wen wundert es? – von der Presse häufig nicht einmal veröffentlicht. Warum ich trotzdem weiterschreibe? Weil in den meisten Unternehmen immer noch die Losung gilt: „Tue Gutes und rede darüber.“ Doch oft wird mehr gut gesprochen als gut gemacht. Es wird schlicht übertrieben. Langweilig. Ob Expertin, Unternehmerin oder Influencer: Alle fluten täglich die Kommunikationskanäle, die Presse und die Social Media mit dem, was sie anderen Menschen, der Umwelt, der Wirtschaft, NGOs und der sozialen Gemeinschaft Gutes tun. Da werden Schulen unterstützt, Hilfstransporter gesponsert, Firmenlogos in Regenbogenfarben eingefärbt, Patenschaften übernommen – Hauptsache, die Welt erfährt davon.

Sicher: In vielen Fällen sind diese Aktionen gut gemeint, zielen auf etwas Gutes und bewirken es sogar. Manchmal aber ist fragwürdig, ob der positive Effekt auch im Verhältnis zum PR-Getöse steht, zum Glanzfaktor der intendierten Imagepolitur, zum erhofften Halo-Effekt, der das ganze Unternehmen und dessen Produkte im milden Licht der Wohltätigkeit erstrahlen lassen soll. Wie ernsthaft und umfassend das Bemühen um ethische Werte, um positive Entwicklungen, um „das Gute“, wirklich ist, das aber spüren die Menschen. Ob es die Kunden sind, die Menschen im eigenen Unternehmen, die Fachpresse, die Fach- oder breite Öffentlichkeit: Sie alle recherchieren, hinterfragen und bewerten. Fühlen sich im schlimmsten Fall getäuscht oder haben den Eindruck, dass sie mittels hehrer, wohlformulierter Corporate-Social-Responsibility-Marketingsätze oder Greenwashing „beruhigt“ werden sollen.

Menschen werden misstrauisch – und das zu Recht –, wenn die Wahrheit gedehnt wird, wenn nah an der Kante zum Unwahren entlanggelabert wird, nah an der Grenze zur Heuchelei. Wenn Modehersteller sich ein „grünes Mäntelchen“ verschaffen, weil sie wenige Stücke mit recyceltem Material (dessen Anteilshöhe oft verschwiegen wird) medienattraktiv ins Zentrum der Aufmerksamkeit schieben, obwohl der massive Rest ihrer Produktion im Bestfall unter ökologischen oder sozialen Mindeststandards erstellt wird. Wenn bekannte Marken behaupten, „Oceanplastic“ für ihre Kollektionen zu verarbeiten, was nahelegt, dass diese wohl aus Meeresplastikmüll bestehen – was in der suggerierten Form aber nicht stimmt. Wenn Firmenlogos und -slogans auf einmal grün erscheinen, ohne dass sich in der Ökobilanz wirklich etwas zum Positiven gewendet hat. Wenn ungeschützte – und damit undefinierte – Begriffe wie „nachhaltig“, „umweltschonend“, „biologisch“, „ökologisch“ genutzt werden, um grün-tönendes Blendwerk zu verbreiten. Oder wenn der Luftfahrtverband BDL in einem Werbevideo behauptet „Fliegen ist das neue Öko“. Klingt alles so schön, ganz nach: Je mehr wir vom Beworbenen konsumieren, umso größer wird der Anteil des Guten, umso besser wird die Welt. Ist nur leider nicht wahr – wer selber denkt, weiß um den Hohn.

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LJI-2
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Der LJI-2 misst das bevorzugte Führungsverhalten sowie Entscheidungsstrategien einer Führungsperson. Erfasst wird, wie gut diese erkennt, in welchem Ausmaß Mitarbeitende bei Entscheiden einbezogen werden sollen.

„Tue Gutes und rede darüber“ löst bei immer weniger Menschen das Gefühl erfolgreicher Selbsttäuschung aus. Die Welt ist transparent geworden, es gibt kein Geheimwissen mehr. Unangenehme, durch kognitive Dissonanzen erzeugte Gefühle („Ich will die Umwelt schonen, aber gleichzeitig konsumieren wie eh und je“), lassen sich damit nicht gut beschwichtigen. Im Gegenteil: Das Gerede löst bei vielen mittlerweile Ablehnung und Überdruss aus – selbst wenn es um wirklich lautere Dinge geht.

Und ja, ich bin ausdrücklich dafür, dass wir ganzheitlich und enkeltauglich agieren. Aber bitte nach dem Grundsatz „Mach´s einfach und gut ist“! Natürlich, das klingt einfach, ist es aber nicht immer. Für ein Unternehmen kann es heißen, Wege zu finden, um Gemeinwohl und Umweltbelange mit Gewinnorientierung – denn auch dies ist eine Verpflichtung für jede Firma – in Übereinstimmung zu bringen. Es mag heißen, eine Selbstverpflichtung zum Gemeinwohl einzugehen, wie es zum Beispiel in der Präambel der Hamburger Verfassung steht: „Jedermann hat die sittliche Pflicht, für das Wohl des Ganzen zu wirken.“ Es mag heißen, sich einem ethischen Zweck (soziale Arbeit, Gesundheit, Menschenrechte, Tierwohl, Umweltprojekte, Friedensarbeit) ideell und/oder finanziell zu verschreiben. Pro bono für ein Hilfswerk zu arbeiten. Oder als Unternehmen eine NGO tatkräftig zu unterstützen – aber eben nicht darüber in der Presse berichten zu lassen.

Relevanz im Handeln ist besser als Eleganz und Eloquenz im Verkünden. Wer sich dies auf die Fahne schreibt, ist nicht allein – und künftig vielleicht ein wichtiges Glied in einer Bewegung, die viel voranbringt. Möglich, dass es sehr anspruchsvoll ist, immer wieder zu entscheiden, was wichtig(er) zu tun und zu verbessern ist, wie es die neue Denkschule des „effektiven Altruismus“ diskutiert. Aber es macht auf die lange Bank auch erfolgreicher. Weil Kunden das Positive genauso erkennen wie unethisches Handeln. Weil sie kohärentes Handeln nach Moral, Ethos, Sitte, Redlichkeit und „Best Intention“ goutieren – mit Käufen, Treue und Empfehlungen. Und weil Mitarbeitende gern ihren Beitrag leisten, wenn sie damit etwas Positives bewirken können und wenn ihr Tun im Unternehmen einen sinnvollen Mehrwert schafft. Glück schlägt Geld. Sinn schlägt Status.

Studien zeigen eindeutig, dass Unternehmen mit starkem ethischen („moralischen“) Kompass dauerhaft erfolgreicher sind; ich sage: auch wenn sie eben nicht in der Öffentlichkeit PR-trächtig darüber reden. Roman Herzog hat anlässlich der Verleihung des Deutschen Rednerpreises das Bonmot geprägt, dass es besser sei, einen Preis für eine Rede zu bekommen, die jemand eben nicht gehalten habe. Im Publikum saßen professionelle Redner. Der Applaus war riesig. Dem stillen Helden zollte die Welt schon immer Respekt – wenn auch manchmal erst spät oder im Nachhinein, aber dann umso unvergesslicher.

Es geht schlicht um Werte. Um spürbare, gelebte, doch oft stille Unternehmenskultur. Ideen und Möglichkeiten gibt es viele. Zahlreiche Initiativen setzen sich für ethisches, ehrlich-ökologisches und ehrenhaft-nachhaltiges Wirtschaften ein. Wer sich ihnen anschließt, hat erkannt: Wir brauchen den Goodwill der „Anständigen“, eine Wiederbelebung der klassischen Werte wie Anstand, Redlichkeit, Bescheidenheit, Respekt und Demut.

Tun wir also, was wir tun, in bester Absicht und rein um der guten Sache willen. Tun wir es, um Resultate ohne Worte – und damit laut und deutlich für sich selbst – sprechen zu lassen. Tun wir es, um die Welt nach Kräften zu einem besseren Ort zu machen. Selbstverantwortung ist hier der Vorhof zur Freiheit. Ermächtigen wir uns selbst, unser gutes Handeln, unsere hehren Ziele von Nebenzweck, Propaganda und Hintersinn zu lösen. Werden wir zu Handlungshelden. Tun wir (mehr) Gutes und reden NICHT darüber.

<strong>Andreas Buhr ...</strong>

Andreas Buhr ...

... ist Unternehmer, Vortragsredner und Publizist. Als Gründer und CEO von „Buhr & Team für mehr Unternehmenserfolg“ in Düsseldorf begleitet er sowohl mittelständische Unternehmen als auch Konzerne auf ihrem Weg zum Erfolg. Kontakt: www.buhr-team.com

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