Gut Sonnenhausen in Glonn bei München: Im schlichten Kapellsaal herrscht meditative Stille. Shi Yan Bao – orangefarbenes Gewand, kahlrasierter Kopf – schreitet langsam in die Mitte des Raumes. Wortlos legt er eine circa 60 cm lange Gusseisenstange und einen schwarzen Stoffgürtel vor sich auf den Boden. Er faltet die Hände vor der Brust, verneigt sich, schließt die Augen, lässt die Hände vor dem Körper auf und ab gleiten. Fließende Bewegungen, erst sanft, dann kraftvoll. Bao beugt sich nach vorne, bindet den schwarzen Gürtel um, verknotet ihn schnell. Ein Schrei, der wie Donner durch den Raum hallt. Bao greift nach der Eisenstange, zerschmettert sie an seinem Schädel. Er faltet die Hände vor der Brust, verbeugt sich, geht zurück an seinen Platz, meditiert.
Gegenüber von Shi Yan Bao sitzen zehn Führungskräfte im Alter zwischen 40 und 55 Jahren im Halbkreis. Sie sind Teilnehmer des Bewusstseintrainings, zu dem die ZfU Leadership Academy in ein altes, denkmalgeschütztes Hofgut geladen hat. Sie haben sich nach oben gekämpft, in der Wirtschaft, in der Gesellschaft. Sie spielen Golf, tragen teure Uhren. Spüren jedoch, dass noch etwas fehlt – innere Ruhe, Ausgeglichenheit, Selbsterkenntnis, die Antwort nach dem Sinn des Schaffens. All das soll das Seminar liefern, mithilfe von Shaolin-Techniken, die – so das Versprechen des Anbieters aus Zürich – ein wirksames Mittel sind, den wachsenden Anforderungen im Beruflichen wie Privaten zu begegnen.
Shi Yan Bao ist einer ihrer beiden Lehrmeister am heutigen Tag und kommt aus einer anderen Welt. Der 42-Jährige ist Shaolin-Mönch der 34. Generation des Shaolin-Klosters in China. 'Shi' steht für Meister. Als solcher beherrscht Bao Kung Fu, das viele aus Filmen und Shows kennen.
Extras:- Wissenshäppchen: Was ist Qigong?
- Literaturtipps: Kurzrezension eines Buchs über Shaolin-Philosophie und Hinweis auf einen Fachartikel über Mentaltraining