Marco Becker, Abteilungsleiter bei der Axa Versicherung in Köln, konnte kaum glauben, was er da erlebte. Eben hatte er eine seiner besten Mitarbeiterinnen in sein Büro gebeten. Und er freute sich schon auf ihr glückliches Gesicht. Denn Becker hatte eine gute Nachricht: Die Topleisterin sollte endlich die Gehaltserhöhung bekommen, die ihr schon lange zustand. Doch die Mitarbeiterin freute sich gar nicht. Im Gegenteil: Sie schaute irritiert, druckste herum und meinte, sie habe nichts getan, was die Erhöhung rechtfertigen würde. 'Sie hatte sogar jede Menge Gegenargumente auf Lager, weshalb sie auf keinen Fall mehr Geld verdient habe', wundert sich Becker.
Ein Einzelfall? Hört man sich unter Coachs um, kann davon keine Rede sein. Dass Klienten ihr Licht unter den Scheffel stellen, sich selbst nicht gut genug finden und notorisch tiefstapeln, ist eines der häufigsten im Coaching behandelten Probleme. „Allerdings kommen die Kunden selten deshalb ins Coaching“, sagt der Heidelberger Führungskräftetrainer und Coach Roland Kopp-Wichmann. Vielmehr suchen sie den Coach auf, weil sie an den Folgeerscheinungen leiden. Etwa weil sie sich vor jeder Präsentation fürchten, die sie halten müssen. Weil Kritik sie aus der Bahn wirft. Weil sie sich bei jeder Aufgabe mit destruktiven Gedanken lähmen. Weil sie sich nicht durchsetzen können. Oder ihrer eigenen Meinung nicht trauen.
Eine Amtsleiterin aus Kopp-Wichmanns Coaching ist so ein Fall. Ihr war in der Präsentation eines Kollegen ein Fehler aufgefallen. Aber sie wagte nicht, darauf hinzuweisen. Ihre Gedanken: 'Keiner meiner Kollegen hat etwas bemerkt, dann muss ich mich ja wohl täuschen.' Dabei hätte sie den Finger genau auf den Schwachpunkt legen können – und in ihrer Position auch legen müssen. Aber sie fürchtete eine Blamage.
Extras:- Ziele – Mutsätze – Achtsamkeit: 12 Lernschritte für mehr Selbstsicherheit
- Literaturtipps: Kurzrezensionen von drei Büchern und Hinweis auf einen Fachartikel zu den Themen Selbstsicherheit und Selbsterkenntnis