Wir freuen uns, daß Sie gemeinsam mit uns den Reorganisationsprozeß anpacken werden und wir zusammen den Weg an die Spitze wagen können. Sie werden in den nächsten Tagen darüber informiert werden, inwiefern sich ihr Arbeitsplatz verändern wird und welche Funktion Sie zukünftig übernehmen werden“, formuliert der Vorstandsvorsitzende eines deutschen Großkonzerns. Mit den Versprechungen für eine bessere Zukunft und mit der Aussicht auf einen interessanteren Arbeitsplatz hofft die Geschäftsleitung, die Mitarbeiter zu kreativen Leistungen aktivieren zu können. Dieses Vorhaben kann auch in manchen Fällen gelingen. Nämlich immer dann, wenn es eine solide Vertrauensbasis gibt und kein Mitarbeiter um seinen Arbeitsplatz fürchten muß.
Die häufigere psychische Reaktion auf Ankündigungen solcher Art ist Verunsicherung. Dieses Gefühl der Unsicherheit bringen alle Reorganisations- oder Restrukturierungsprozesse in die Reihen der Mitarbeiter. Die Angst um den eigenen Arbeitsplatz steht hierbei im Vordergrund, dicht gefolgt von der Befürchtung, daß die einmal geplanten Karriereschritte nicht mehr realisierbar sein werden. Anstatt die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken, werden die Mitarbeiter eher passiv und verhalten sich abwartend. Angst und Frustration beanspruchen die Kräfte, die zuvor der inhaltlichen Arbeit zugute kamen. Meist kocht die Gerüchteküche und informelle Strukturen erhalten ein Übergewicht.
Betrachten wir einmal einen konkreten Fall. Hubert Haller ist Führungskraft im mittleren Management eines Dienstleistungsunternehmens. Er betreut ein Team von Gruppenleitern und berichtet als Abteilungsleiter an seinen Hauptabteilungsleiter, der wiederum direkt dem Vorstand untersteht. Er ist 38 Jahre alt, hat drei Kinder und bereits zwei Schritte auf der Karriereleiter genommen. Seine Perspektive, in einigen Jahren die Hauptabteilung leiten zu können, wird durch die Neuorganisation zerschlagen. Mindestens die Hälfte aller Führungspositionen sollen abgebaut werden. Wahrscheinlich wird man auch ihm die Führungsverantwortung entziehen, befürchtet er…