Thomas Sattelberger, Arbeitsdirektor und Personalvorstand der Deutschen Telekom AG, hat den Stein wieder ins Rollen gebracht. Er verkündete kürzlich, dass die Telekom eine unternehmensinterne Frauenquote einführt: 30 Prozent der mittleren und oberen Managementpositionen sollen bis 2015 von Frauen besetzt sein – also gut doppelt so viele wie heute. Das Ansinnen hat die alte Diskussion über den Sinn von Frauenquoten neu entfacht. managerSeminare mit einem Für und Wider.
Pro: 'Die Frauenquote vergrößert die Talentbasis'Mechthilde Maier, Leiterin Group Diversity Management, Deutsche Telekom AG, meint: 'Kaum ein Thema hat mehr mit dem Problem der Verwässerung zu kämpfen als das Thema 'Mehr Frauen im Management'. Seit Jahren debattieren wir auf Konferenzen und in Fachzeitschriften darüber. Zahlreiche, teils kostenintensive Maßnahmen haben in der Gesamtbetrachtung nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Im Ganzen blieb der durchschlagende Erfolg aus. Der Anteil von Frauen im mittleren und oberen Management sowie in Aufsichtsräten ist immer noch beschämend gering. Als Personaler definieren wir für sehr unterschiedliche HR-Themen Zielwerte: angefangen bei der Gesundheitsquote über die Anzahl an Weiterbildungstagen bis hin zu Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation. Warum sollte uns gerade beim Thema 'Frauen im Management' die Konsequenz fehlen, die wir bei anderen Themen an den Tag legen? Einer der meistgeäußerten Einwände gegen eine Frauenquote, wie wir sie einführen, ist, dass solch eine Quote Frauen den Stempel 'Quotenfrau' aufdrücken würde. Für diesen Einwand gibt es keine Berechtigung. Genauso wenig für das Argument, dass eine Frauenquote zu Mittelmaß bei Besetzungen führe.
Auch mit der Quote sind nach wie vor Leistung und Qualifikation die ausschlaggebenden Kriterien für Besetzungen und Beförderungen. Wir verbreitern lediglich die Talentbasis, aus der sich die Besten rekrutieren. Von Mittelmaß kann keine Rede sein. Eine Frauenquote ist zwar kein Allheilmittel. Ohne eine familienfreundliche und wertschätzende Unternehmenskultur sowie Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie können wir keine weitreichende Wirkung erzielen. Aber eine Quote trägt mit ihrem verpflichtenden und für alle bindenden Charakter maßgeblich dazu bei, den Worten der vergangenen Jahre endlich greifbare Veränderungen folgen zu lassen.'
Contra: 'Die Quote verhindert echte Kulturveränderung'Hans Jablonski, Diversity-Management-Experte & Berater, jbd Business-Diversity, meint: 'Der Mix von Frauen und Männern im Management der Unternehmen muss ausgeglichener werden. Darüber gibt es keine Diskussion. Die Frage ist aber, welche Instrumente zur Erreichung dieses Zieles geeignet sind und welche Nebeneffekte in Kauf genommen werden müssen. Die Frauenquote schreibt eine festgelegte Repräsentation von Frauen vor und nimmt den Unternehmen damit jeden gestalterischen Spielraum. In manchen Unternehmensbereichen, zum Beispiel technischen oder IT-Bereichen, wird die Erfüllung einer Quote (beispielsweise der kritischen Masse von 30 Prozent) überhaupt nicht möglich sein. Hier fehlen rein zahlenmäßig die Frauen als Nachwuchstalente, um die Quote erfüllen zu können. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass andere Auswahlfaktoren zugunsten der Quote in den Hintergrund treten.
Zudem besteht die Gefahr, dass eine Frauenquote männliche Führungskräfte dazu veranlassen könnte, das Thema 'Frauen im Management' als einen 'administrativen Prozess' zu verstehen. Durch die Erfüllung der Quote haben sie das Gefühl, ihren Job getan zu haben. Weiter passiert dann nichts mehr. Dabei wäre es viel wichtiger, dass die Männer, die ja immer noch die Mehrheit der Führungspositionen in Unternehmen besetzen, begreifen: Es bedarf einer Veränderung der Unternehmenskultur. Und dass sie die Bereitschaft zeigen, an dieser Veränderung mitzuarbeiten. Alternativ zur Frauenquote könnte ein nachhaltiger Prozess zur Kulturveränderung mehr Erfolg versprechen. Letztlich besteht das Ziel schließlich darin, dass sich Frauen wie auch Männer im Unternehmen motiviert fühlen, ihren Beitrag zu leisten.'
Vor allem in Konzernen sind Führungsfrauen unterrepräsentiertDer Status quo in aktuellen Zahlen: Seit 1995 steigt der Frauenanteil im Management (erste und zweite Führungsebene) kontinuierlich an. Von 8,17 Prozent kletterte er auf jetzt 19,56 Prozent. Soweit die gute Nachricht, die aus der aktuellen Hoppenstedt-Studie 'Frauen in Führungspositionen' hervorgeht. Die Untersuchung basiert auf der Firmendatenbank des Informationsdienstleisters Hoppenstedt, Darmstadt, die die Daten der 300.000 größten deutschen Unternehmen abbildet. Die Auswertung der Daten im Januar 2010 erbrachte allerdings nicht nur Good News. Denn: Laut Hoppenstedt-Analyse ist der Frauenanteil zwar allgemein – moderat – gestiegen. Bei einem genaueren Blick zeigt sich jedoch: Bei kleinen und mittleren Unternehmen ist der Anstieg ziemlich deutlich. Die Führungsetagen großer Firmen sind dagegen nach wie vor Männer-Territorium. Im Topmanagement von Großunternehmen mit mehr als 20 Millionen Euro Umsatz ist im Zeitraum von 1995 bis 2010 bloß ein Anstieg von 3,2 auf 5,9 Prozent zu vermerken. Zwischenzeitlich war er sogar rückläufig. In Unternehmen, die mehr als eine Milliarde Euro Umsatz verzeichnen, sind sogar derzeit nur 3,5 Prozent der Topmanagement-Posten mit Frauen besetzt, in Aktiengesellschaften mit Notierung in einem der DAX-Indices sind es lediglich 3,15 Prozent. Unter den DAX30-Unternehmen gab es am Stichtag bloß ein einziges mit einer Frau im Topmanagement: Barbara Kux, Vorstandsmitglied der Siemens AG. (jum)