Immer mehr Führungskräfte vertrauen sich und ihre Mitarbeiter der mehr als 20 Jahre alten Methode der Neurolinguistischen Programmierung an. Sie verspricht fast Unglaubliches: die eigenen Ressourcen besser zu nutzen und Wunschziele sicherer oder besser zu erreichen. Möchte man ein Verhalten verändern, so die These der NLP´ler, muß man sich von eingefahrenen Mustern befreien, sich sozusagen umprogrammieren. Und zwar auf neuronaler Ebene, was der erste Teil des Begriffs NLP zu verdeutlichen versucht. 'Linguistisch' bezieht sich in diesem Zusammenhang darauf, daß sich Denk- und Verhaltensmuster mittels Sprache offenbaren und deswegen auch durch Sprache beeinflusst werden können.
Aus Wirtschaftskreisen wird die Kommunikationsmethode NLP besonders gerne nachgefragt. Die Trainings sollen Ängste wegputzen, Werte- und Sinnkrisen ausräumen, Sicherheit herstellen. Im positiven Fall werden die erwünschten Prozesse in Gang gesetzt. Im schlechtesten Fall werden Entwicklungen in eine ungewollte Richtung angestoßen, die irgendwann nicht mehr steuerbar sind. Zu Skepsis wird allerdings eher gegenüber Scharlatanen im Trainer-Gewand geraten als gegenüber der Methode. Wenn ein Anbieter die Illusion erwecke, 'mit NLP könne alles erreicht und alles gemacht werden', sollten die Warnlampen angehen, betont der evangelische Theologe Gerd Bauer aus Laufen, der an seiner Dissertation über die Neurolinguistische Programmierung arbeitet.
Die 'unschönen Seiten des NLP' sieht auch das Düsseldorfer DVNLP-Mitglied Alix von Uhde. Ihr mißfällt der 'Verkauf der Ausbildung im Schneeballsystem'. Die gesamten Programme enthielten die undurchsichtige Meta-Botschaft, jeder Seminarteilnehmer müsse sich auch gleich zum Trainer weiterbilden lassen. Michael Sandrock, der seine Bemühungen um einen Trainer-TÜV mittlerweile aufgegeben hat, schimpft über die gesamte Branche: 'Der Weiterbildungsmarkt ist chaotisch und amateurhaft. Richtige Qualitätskriterien gibt es auf dem Markt nicht.' Mund-zu-Mund-Propaganda sei leider nach wie vor das sicherste Medium und die beste Gewähr, durch die Auswahl des Trainers ungeschoren davonzukommen. Zudem können sich die Manager, die NLP-Trainings suchen, an den Verbänden orientieren. Sie haben Richtlinien erarbeitet, denen sich alle Mitglieder unterwerfen müssen.
Vorsicht ist geboten bei NLP-Offerten, die mit unrealistischen Versprechungen daherkommen. Achtung auch bei NLP-Seminaren, die über Stadtillustrierte oder Volkshochschulen angeboten werden. Oftmals sind dies Übungsplätze für Newcomer, eher selten dürften sie die Erwartungen von Unternehmen erfüllen.
Hat man einen Trainer in die engere Wahl gezogen, empfiehlt sich die Frage nach seinem beruflichen Hintergrund. Das kann ein Psychologie-Studium sein, genauso ein Pädagogik- oder Wirtschaftsstudium. Als Pluspunkt wird auch Praxiserfahrung gewertet. Letzte Gewißheit über das NLP-Angebot schafft allerdings erst ein Schnupperseminar bei dem ausgewählten Trainer. Denn wer gleich eine gesamte Ausbildung oder Seminarreihe bucht, der investiert eine hohe Summe und ist hinterher vielleicht enttäuscht über NLP und das, was es leisten kann.
Beitrag von Beate Henes-Karnahl, Petra Walther, Ronnie Amsler aus managerSeminare 38, September 1999