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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Stefan Kaduk und Dirk Osmetz aus managerSeminare 303, Juni 2023
Rasender Stillstand: Entfremdung durch soziale Beschleunigung
Unverfügbarkeit? Undenkbar in Organisationen
Verfügbarkeitsreflex: Managing Resonance
Krass verlernt: Kulturpraktik des persönlichen Gesprächs
Resonanz forte: Schule trifft Orchester
Weak Ties: Verbundenheit durch starke Schwäche
Menschen brauchen Resonanz. Nur dann erleben sie sich in ihrer Selbstwirksamkeit, nur dann kann Neues, Gemeinsames oder Verbindendes enstehen. Resonanzmomente entstehen immer dann, wenn sich ein Subjekt von einem Impuls berühren und erreichen lässt, diesen Impuls aufnimmt und ihm etwas entgegenzusetzen weiß. In diesem Sinne stellt ein Echo kein Resonanzmoment dar. Und es würde zu kurz greifen, Resonanz als modernes Synonym etwa für Anerkennung, Lob oder Wertschätzung zu verwenden. Es bedarf einer Antwortbeziehung, und diese setzt voraus, dass beide Seiten gewissermaßen mit ihrer eigenen Stimme sprechen. Der Jenaer Soziologe Hartmut Rosa, der mit seinen Werken „Resonanz – Eine Soziologie der Weltbeziehung“ und „Unverfügbarkeit“ die Grundlage für eine umfassende Theorie der Resonanz legte, betont: „Resonanz ist kein emotionaler Zustand, sondern ein Beziehungsmodus.“
Es geht also um eine Austauschbeziehung besonderer Qualität, aus der die beteiligten Subjekte verändert – und nicht notwendigerweise in Harmonie – hervorgehen. Daher ist Resonanz auch kein individuelles Wohlfühl-Thema, sondern wesentliche Voraussetzung dafür, dass Organisationen mit Ungewissheit umgehen können. Wenn es gelingt, dass eigenwillige, neugierige Stimmen im dauerhaften Austausch produktive Reibung erzeugen, können – vielleicht auch unkonventionelle – Antworten auf Überraschungen gefunden werden. Wenn man es etwas pathetisch formulieren wollte: Resonanz nährt den Überlebensmodus in Zeiten, in denen die Abwesenheit von Krisen eine Überraschung wäre, nicht deren Dauerpräsenz.
Der von Rosa vorgeschlagene Gegenbegriff zur Resonanz lautet: Entfremdung. Sie ist Ergebnis eines Prozesses übermäßiger sozialer Beschleunigung, und zwar in technischer Hinsicht sowie bezogen auf die sozialen Beziehungsmuster und das allgemeine Lebenstempo. Diese Diagnose ist nicht neu, zumal sie der Alltagsrealität der allermeisten Menschen entspricht und auch mit bekannten Befunden (etwa der Zunahme psychischer Erkrankungen) in Verbindung gebracht wird. Wichtig ist die Einsicht, dass diese Art der Beschleunigung eine besondere ist, weil sie zu nichts führt. Vielmehr dient sie dazu, nicht an Boden zu verlieren und im Wettbewerb nicht zurückzufallen. Das mühsame Hinaufsteigen einer herabfahrenden Rolltreppe führt eben bestenfalls dazu, die alte Position zu bewahren.
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